
Nach vielen Jahren in der Fußball-Landesliga hat sich Patrick Helfrich schon mit Ende 20 in die Kreisklasse zurückgezogen. Was ihn daran gereizt hat, auch wenn er seitdem schmerzhaften Fouls ausgesetzt ist, erzählt der Defensivspieler aus Oberwerrn im Interview. Außerdem spricht der 29-Jährige darüber, wie sich ein Kreuzbandriss anfühlt, warum er als Arztsohn kein Sportverbot bekommt und welche tiefere Bedeutung Mannschaftsabende für ihn haben.
Patrick Helfrich: Mit Christoph Schmidt aus Hammelburg verbinden mich nicht nur die Jahre beim FC 05 Schweinfurt, SV Euerbach/Kützberg und FC Fuchsstadt, sondern auch die Zeit an der Berufsoberschule und im Studium. Wir haben alle Kurse und Projekte zusammen besucht und uns gemeinsam auf die Prüfungen vorbereitet. Nach dem Abschluss waren wir sogar Arbeitskollegen. Der enge Kontakt besteht bis heute. Auf Christophs Feier zum 30. Geburtstag gab es Ende Oktober ein großes Wiedersehen mit vielen früheren Mitspielern.
Helfrich: Angefangen hat es beim SV Oberwerrn und bei der FT Schweinfurt, wo ich als Jugendlicher in die erste Mannschaft aufgerückt bin. In der zweiten Mannschaft des FC 05 hatte ich die schönste Zeit meiner Karriere – nicht nur, weil wir als Meister in die Bayernliga aufgestiegen sind. Wir waren ein verschworener Haufen. Viele davon habe ich in Euerbach wiedergetroffen, nachdem ich einen Kreuzbandriss auskuriert hatte. Nach der plötzlichen Abmeldung der Mannschaft in der Winterpause bin ich ins fußball-verrückte Fuchsstadt gewechselt. Seit eineinhalb Jahren spiele ich wieder in der Heimat und bin beim FV Niederwerrn/Oberwerrn gleichzeitig Co-Trainer.
Helfrich: Natürlich hätte ich am liebsten so hoch wie möglich gespielt – gegen namhafte Gegner und in tollen Stadien. Aber ich habe nie verbissen darauf hingearbeitet. Mir fehlt rückblickend nichts in meiner persönlichen Statistik. Ich bin auch nicht zum FC 05 mit der Absicht gewechselt, über die U23 den Sprung ins Regionalliga-Team zu schaffen. Wir waren in der zweiten Mannschaft alle im gleichen Alter, hatten Lust auf Fußball und haben gleich getickt. Das war viel cooler.
Helfrich: Ich habe mir 15 Monate Zeit genommen, um die Verletzung ausheilen zu lassen und vollständig fit zu werden. Auf Empfehlung des renommierten Kniespezialisten Heinz-Jürgen Eichhorn bin ich nicht früher eingestiegen, damit das Kreuzband nicht erneut reißt, wie das bei anderen der Fall ist, die nach kürzerer Verletzungspause ihr Knie wieder belasten. Was mein Comeback anging, habe ich mir keinen Druck gemacht.

Helfrich: Ich habe mit anderen gesprochen, die meinten, es seien die Schmerzen ihres Lebens gewesen. Das war bei mir nicht so. Ich hatte wohl einen Schock, weil ich wusste, dass im Knie etwas kaputt ist. Ich bin nach dem Spiel zum Auto gehumpelt und konnte nach Hause fahren, weil meine Muskulatur noch angespannt war. Am nächsten Tag hat sich das Ausmaß gezeigt, als das Knie nach hinten weggeknickt ist. Mein Vater ist Chirurg und Orthopäde und hat alle Untersuchungen gemacht. Zwei Wochen später wurde ich operiert.
Helfrich: Nein, was sicher daran liegt, dass er selbst sein ganzes Leben Fußballer war und bis vor einigen Jahren bei den Senioren in Oberwerrn gekickt hat. Er tut sich jedoch vor allem seit meiner Verletzung schwer damit, mir bei den Spielen zuzuschauen. Als Arzt sieht er in seiner Praxis genug Sportverletzungen und weiß, was alles passieren kann, wenn ich gefoult werde.
Helfrich: Ich bekomme mehr auf die Füße als in der Landesliga. Schmerzhafte Fouls passieren häufiger, wenn man für die Gegenspieler zu schnell ist. Ich muss den Ball schneller abgeben und kann mich nicht in Alleingängen verstricken. Die Gegner entwickeln einen besonderen Ehrgeiz, mir als höherklassig erfahrenem Spieler ihre Verbissenheit in den Zweikämpfen zu zeigen. Die harte Gangart verstehe ich nicht. Fußball ist unser Hobby. Es geht um die Gesundheit. Deshalb bin ich nach 90 Minuten froh, wenn alles gutgegangen ist.
Helfrich: Das ist ein schwieriges Thema. Es gibt Schiedsrichter, die einen guten Job machen und ein wachsames Auge haben. Andere scheinen manches gegen Spieler wie mich bewusst laufen lassen. Es kam schon vor, dass ich bei jeder Aktion gefoult wurde, ohne dass es für den Gegner Konsequenzen hatte. Da kann ich nur den Kopf schütteln.
Helfrich: Es war eine Mischung aus allem. Nach einer beruflichen Veränderung im letzten Jahr wollte ich meinen Aufwand beim Fußball reduzieren. In der Landesliga hat man dreimal pro Woche Training und fährt am Wochenende zweieinhalb Stunden irgendwohin. Das hat sich bei mir mittlerweile abgenutzt, auch wenn ich den sportlichen Ehrgeiz noch hätte. Andererseits bin ich heimatverbunden und in Oberwerrn verwurzelt. Meine Rückkehr war eine Herzensangelegenheit und nur eine Frage der Zeit. Die Jungs haben Lust auf Fußball und wollen sich verbessern. Wir sind oft über 20 Leute beim Training und haben eine der schönsten Sportanlagen. Das war für mich ausschlaggebend und nicht die Ligazugehörigkeit.
Helfrich: Ich habe das unterschätzt. Ich hatte nicht gedacht, dass es so ein Aufwand ist, sich um eine Kreisklassen-Mannschaft zu kümmern. Was das Organisatorische angeht, nimmt mir zum Glück unser Cheftrainer Matthias Fiedler fast alles ab. Er schaut sich vor einem Spiel viele Statistiken an und kennt die gegnerischen Akteure. Bei der Trainingsvorbereitung besprechen wir uns im Vorfeld. Ich bin vor allem für die Motivationsreden zuständig und bahne durch meine Kontakte Testspiele an.
Helfrich: Ich habe von Beginn an gesagt, dass ich kein Spieler bin, der sich am eigenen Strafraum den Ball schnappt und vorne ein Tor schießt und so jedes Wochenende den Unterschied ausmacht. Der Verein hat jahrelang gegen den Abstieg gespielt. Wir haben einige gute Leute bekommen. Doch die Entwicklung braucht Zeit. Der Teamgeist wächst durch dreckige Siege und vier, fünf Mannschaftsabende pro Saison.
Helfrich: Ich bin als Wirtschaftsingenieur technischer Angestellter im Bereich Innovation und Entwicklung bei einer Schweinfurter Baufirma. In meinem Job geht es um mobile Photovoltaikanlagen für die Nachhaltigkeit auf Baustellen. Nebenbei bin ich selbstständig mit einem kleinen Unternehmen für E-Commerce und Online-Marketing, das ich während des Studiums mit meinen Mitspielern Nikos Bude und Kim Herder gegründet habe.
Helfrich: Ich gebe ab zu Benjamin Freund, der aus Oberwerrn kommt. Da unsere Familien befreundet sind, kennen wir uns seit Kindertagen und haben unzählige Urlaube miteinander verbracht. Benny ist ein Urgestein der FT Schweinfurt. Wir waren Teamkollegen und nach meinen Vereinswechseln Gegner. Nach seinen schweren Verletzungen ist er immer noch als Spielertrainer der zweiten Mannschaft am Ball. Das unterstreicht seinen vorbildlichen Ehrgeiz.
Das Interview-Format "Steilpass"
Weitere Steilpass-Interviews:
Christoph Schmidt: "Adam Jabiri würde mich auf dem Bierdeckel ausspielen"
Martin Halbig: Vom Halb-Profi zum Bratwurst-Tester: Martin Halbig genießt sein neues Leben als Fußball-Rentner
Dominik Schmitt: Bundesliga oder Bierkönig? Gerolzhofens Spielertrainer landete auf Malle statt im Profi-Fußball
Fabian Röder: Der Kapitän spricht Klartext: "Der große Knall war das Beste für den Verein"
Tobias Burger: Plötzlich wollte ein halbes Dutzend Vereine den Aidhäuser Torjäger haben
Marco Bulheller: Ein Organspender rettete dem Aidhäuser Fußballer das Leben
Björn Schönwiesner: Das sagt der Bad Kissinger zum Manipulationsvorwurf in der Regionalliga-Relegation
Christoph Schüller: Seine Tischtennistouren waren ein extremer Wochendtrip
Udo Braungart: "Ich war als Trainer der Felix Magath des Tischtennis"