Martin Halbig blickt auf fünf erfolgreiche Jahrzehnte im Fußball zurück. So lange war der Fuchsstädter ununterbrochen als Spieler und Trainer im Geschäft. Damit soll nun Schluss sein. Im Interview verrät der 59-Jährige, ob seine Entscheidung endgültig ist, welches Stadion den früheren Zweitliga-Stürmer des FC 05 Schweinfurt am meisten beeindruckt hat und woher seine panische Flugangst kommt.
Martin Halbig: Dominik Schmitt war ein technisch überragender Fußballer und hatte großes Talent, als er bei mir in der zweiten Mannschaft des FC 05 Schweinfurt gespielt hat. Nach einer Saison ist er weitergezogen und zum FC Sand gewechselt. Ich verfolge mit Interesse, was meine ehemaligen Schützlinge machen. Dominik ist beim FC Gerolzhofen Spielertrainer. Seit ich im Fußball-Ruhestand bin, fahre ich viel Rad. Dabei bin ich ihm an der Volkacher Mainschleife begegnet.
Halbig: Nach 50 Jahren als Spieler und Trainer ohne jede Pause habe ich diesen Sommer aufgehört. Mein Weg als Trainer ist dort zu Ende gegangen, wo er als Spieler angefangen hat – bei meinem Heimatverein FC Fuchsstadt. Die spannendste Zeit hatte ich als Halb-Profi in Schweinfurt, als wir in der Zweiten Bundesliga und drittklassigen Bayernliga waren. Ich war außerdem bei der DJK Waldberg, beim FC Bad Kissingen und FC Westheim und zwischenzeitlich wieder in Fuchsstadt, sei es als Spieler oder Spielertrainer. Bis zum Alter von 46 Jahren stand ich auf dem Platz, bevor ich bei der zweiten Mannschaft des FC 05 und zum Abschluss in Fuchsstadt nur noch an der Seitenlinie fungiert habe.
Halbig: Es ist Zeit für andere Dinge in meinem Leben, das seitdem wesentlich entspannter ist. Mir geht es gut. Ich genieße es, keinen Druck mehr zu haben. Mir fehlt der Fußball nicht. Ich warte nicht darauf, dass Vereine bei mir anrufen, ob ich eine Mannschaft trainieren möchte. Die 50 Jahre waren herrlich. Ich habe viele Leute in ganz Nordbayern kennengelernt und zahlreiche Freundschaften geschlossen. Es war bei allen meinen Stationen schön. Ich hatte überall Erfolg. Ich bin als Trainer mit jedem Verein mindestens einmal aufgestiegen und, was fast noch wichtiger war, kein einziges Mal abgestiegen und nie entlassen worden. Rückblickend bin ich vollkommen zufrieden. Was ich erreicht habe, schafft nicht jeder.
Halbig: Eigentlich schon. Momentan kann ich mir nichts anderes vorstellen, auch wenn ich meinen Trainerschein erneut um drei Jahre verlängert habe. Aber ich sage niemals, dass ich vielleicht nie wieder schwach werden könnte. Wer weiß, ob ich mich jemand aus alter Verbundenheit dazu bringen würde, meine Entscheidung zu ändern.
Halbig: Mit Sicherheit nicht. Ihr zuliebe habe ich meine Trainerkarriere beendet, damit wir mehr Zeit für Ausflüge und Reisen haben. Meine Frau konnte gar nicht glauben, dass ich aufhöre. Sie hat mich immer auf den Fußballplatz begleitet. Seit Jahren wäscht sie in Fuchsstadt die Trikots. Dabei war sie zu Beginn unserer gemeinsamen Zeit nicht so fußballbegeistert. Aber es gab nie größere Diskussionen. Den Fußball hat meine Frau mit viel Kulanz akzeptiert.
Halbig: Ich habe eigentlich nie gefehlt und bin immer außerhalb der Saison verreist. Heute ist das selten bei Spielern und teilweise sogar bei Trainern. Das wäre für mich undenkbar gewesen. Ich hätte stattdessen meinen Urlaub unterbrochen und wäre für ein, zwei Tage aus Italien zurückgekehrt, um bei meiner Mannschaft zu sein.
Halbig: Ich schaue mir jedes Wochenende Spiele an, von der Regionalliga bis zur Kreisklasse. Vor allem dort, wo ich meine ehemaligen Spieler treffe. Da ich für meine Verdienste um den Verein als erster Fuchsstädter eine lebenslang gültige Dauerkarte erhalten habe, bin ich bei allen Heimspielen und oft auch auswärts dabei. In Schweinfurt war ich seit vergangenem Jahr nicht mehr. Wie der FC 05 mit meinem Sohn Dominik umgegangen ist, war enttäuschend. Dass man einen Neuzugang mit Schweinfurter Vergangenheit nach wenigen Wochen wieder nach Hause schickt, statt ihm bis zur Winterpause eine Chance zu geben, war nicht in Ordnung. Darunter hat meine Begeisterung für den Verein gelitten, dem ich früher sehr verbunden und dankbar war.
Halbig: Meine Favoriten sind Aubstadt, Großbardorf, Sand und der FC Haßfurt. Ich mag Bratwürste, die gut gewürzt sind und nicht fad schmecken. Und schön braun müssen sie sein, dazu am liebsten Senf.
Halbig: Das ist heute kaum noch denkbar. Schon zu meiner Zeit hat sich das Spieltempo zwischen den Ligen bemerkbar gemacht, wenn ich an das Probetraining unter Werner Lorant zurückdenke, als viele nach einer halben Stunde schon schlapp waren. Mittlerweile ist der Fußball noch schneller und athletischer. Die Unterschiede von Klasse zu Klasse sind enorm. Das unterschätzen viele.
Halbig: Ich kam vom Dorf und hatte bis dahin nur vor 300, 400 Leuten gespielt. Plötzlich sehen dich in Schweinfurt 15.000 Zuschauer. Die beste Atmosphäre, die ich in meiner Karriere jemals erlebt habe, herrschte 1990 beim unvergessenen 3:3 gegen 1860 München im Grünwalder Stadion. Die 30.000 Zuschauer kommen mir heute noch unwirklich vor. Aber uns hat das nicht beeindruckt. Das Unentschieden am letzten Spieltag hat gereicht, um Bayernliga-Meister zu werden.
Halbig: Die Kommunikation hat sich gewandelt. Damals ging es robuster zu. Keiner hätte sich getraut, etwas gegen den Trainer zu sagen. Die Spieler haben vieles stillschweigend hingenommen. Mittlerweile hinterfragen sie vieles. Wenn einer dreimal nicht aufgestellt wird, wechselt er gleich den Verein. Ob man die Spieler mit Samthandschuhen anfassen muss, hängt von den einzelnen Charakteren ab. Ich hatte nie ein Problem mit den Spielern und war als Trainer immer der Kumpeltyp.
Halbig: Obwohl ich panische Flugangst habe. Der Auslöser war vor Jahrzehnten ein negatives Erlebnis, als nach dem Start Probleme auftraten und wir in der Karibik notlanden mussten. Eine Stunde lang sind wir in der Luft gekreist, bis das Flugzeug das Kerosin abgelassen hatte. Das war einer der schlimmsten Momente in meinem Leben.
Halbig: Ich bin Bauzeichner in einer Zimmerei. In diesem Beruf wäre es schwierig gewesen, in Schweinfurt halbprofessionell Fußball zu spielen und jeden Tag zu trainieren. In diesen vier Jahren war ich Zeitsoldat im Sanitätsdienst bei der Bundeswehr in Hammelburg und konnte nachmittags um halb drei Feierabend machen.
Halbig: Christoph Schmidt ist neben seinem Zwillingsbruder Steffen einer meiner sportlichen Ziehsöhne aus der Zeit beim FC 05. Wie so viele Spieler aus dem Schweinfurter Nachwuchs hat er in der ersten Mannschaft keine Chance erhalten und ist daraufhin zum TSV Aubstadt gewechselt, wo er den Durchbruch geschafft hat. In den letzten zwei Jahren durfte ich ihn in Fuchsstadt nochmals trainieren, bevor er zum FC Hammelburg gewechselt ist.
Das Interview-Format "Steilpass"
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