Tobias Burger hat eine außergewöhnliche Laufbahn hingelegt: Lange tummelte sich der Angreifer aus dem Aidhäuser Ortsteil Kerbfeld in den Niederungen des Fußballs, ehe er in der Landesliga zum spätberufenen Torjäger wurde. Mancher Experte hält den 25-Jährigen dort für eines der größten Stürmertalente. Im Interview spricht der Offensivspieler der DJK Schwebenried/Schwemmelsbach über seine Anlaufschwierigkeiten, die Duelle mit den zwei älteren Brüdern im heimischen Garten und Siege mit Gottes Segen beim Ministranten-Fußball.
Tobias Burger: Das war Marco Bulheller, der Trainer meines Heimatvereins TSV Aidhausen, auch wenn ich im Gegensatz zu meinen beiden Brüdern nie unter ihm gespielt habe. Durch seine Herztransplantation hat Marco eine besondere Lebensgeschichte. Jeder in Aidhausen weiß deshalb, wie wichtig die Organspende ist. Im Sportheim liegen Organspendeausweise zum Mitnehmen aus. Auch ich habe einen.
Burger: In Aidhausen habe ich die komplette Jugend absolviert, mit den Nachbardörfern Friesenhausen und Nassach in einer Spielgemeinschaft. Weil es selbst nach dem Zusammenschluss zu wenige Leute gab, war ich gleichzeitig in zwei Altersklassen aktiv. Wir haben meistens in der untersten Liga gespielt. Mit der ersten Mannschaft bin ich von der Kreisklasse in die Kreisliga aufgestiegen und nach einigen Jahren für eine Saison zum FC Sand in die Landesliga gewechselt. Nach dessen Abstieg bin ich nun im zweiten Jahr beim Landesligisten DJK Schwebenried/Schwemmelsbach.
Burger: Das Interesse anderer Vereine, mich aus Aidhausen abzuwerben, hielt sich über Jahre in Grenzen. Ich wollte hauptsächlich mit meinen Brüdern spielen. Deshalb hat es mich nicht weggezogen. Ich bin ein spätberufener Torjäger und erst nach der Jugend Stürmer geworden. Bevor sich mein Talent herauskristallisiert hat, gab es Anlaufschwierigkeiten. Mit meinem Vater bin ich auf den Sportplatz gegangen, um Abschlüsse zu üben. In manchen Wochen war ich dort jeden Tag. Ich habe mich selbst unter Druck gesetzt, gerade wenn ich allein vor dem Tor stand. Als ich das abgelegt hatte, ist es für mich gelaufen.
Burger: Das war mir gar nicht bewusst, klingt aber gut. Die Aidhäuser hätten es natürlich gerne gesehen, wenn ich noch das eine oder andere Jahr länger geblieben wäre. Dem Verein war dennoch klar, dass ich es irgendwann höherklassig versuchen will, wenn wir nicht selbst in die Bezirksliga aufsteigen. Meine Lernkurve in der Kreisliga ist allmählich abgeflacht. Es war dann an der Zeit, den nächsten Schritt zu machen, um weiter dazuzulernen. Daher gab es bei meinem Wechsel nach Sand auch kein böses Blut. Im Gegenteil, man hat sich für mich gefreut.
Burger: Schwer zu sagen. Früher war das schon mal ein Streitthema, weil jeder von uns ehrgeizig ist und der Beste sein wollte. Die anderen beiden sind drei und fünf Jahre älter. Daher musste ich mich beim Kicken im Garten immer gegen die Größeren durchsetzen. Das waren heiße Duelle – hart, aber fair. Um auf die Frage zurückzukommen: Ich würde das nie so klar äußern, aber ich glaube schon. Sonst hätte ich es wahrscheinlich nicht in die Landesliga geschafft.
Burger: Die gute Ausbildung der anderen zeigt sich in der Technik und im Spielverständnis. Ich habe Mitspieler, die in der Jugend beim FC 05 Schweinfurt waren. Das ist ein anderes Niveau, wenn die Jungs durch die Koordinationsleiter gehen. Ich kann mich trotzdem durchsetzen, weil ich den Torinstinkt und ein gutes Gespür für die Situation habe, wohin der Ball gespielt wird. Meine größte Stärke ist aber mein Ehrgeiz. Ich schaue immer, dass ich eine halbe Stunde vor dem Mannschaftstraining mit ein paar Mitspielern individuelle Übungen mache.
Burger: In den letzten zwei Jahren hat sich mein Abschluss verbessert, genauso wie das Timing für den Kopfball und die Technik bei der Ballbehandlung. Statt wie früher einfach mit dem Vollspann aufs Tor zu schießen, gehe ich jetzt überlegter vor. Ich arbeite mehr mit meinem Körper und weiß, wie ich ihn einsetzen muss. Mit 1,78 Metern bin ich nicht der Längste, muss mich aber gegen Verteidiger durchsetzen, die einen Kopf größer sind. Die Tipps und die Unterstützung der Trainer und Mitspieler haben mir geholfen. Ich bin auf einem guten Weg, weiß aber, dass noch mehr geht.
Burger: Das drückt ein Vertrauen aus, das motivierend ist, sich für den Verein den Hintern aufzureißen. Nach 16 Toren für Sand in meiner ersten Landesliga-Saison – darunter ein Viererpack mit Hattrick innerhalb einer Viertelstunde zum 4:3-Sieg – kamen noch Anfragen von sechs anderen Klubs. Ständig hat das Telefon geklingelt, oder es gingen Nachrichten ein. Ich hatte freie Auswahl. Das fand ich kurios. In Aidhausen hatte ich ja schon viele Tore geschossen, ohne dass sich jemand für mich interessiert hat. Bei Schwebenried/Schwemmelsbach hat sofort mein Bauchgefühl gepasst, weil ich auch vom Dorf komme und mir die Gemeinschaft wichtig ist. Hier fühle ich mich wohl.
Burger: Ich will ein besserer Landesliga-Spieler werden. Mit meinen sechs Treffern war ich letzte Saison nicht zufrieden. Mir hat die Leichtigkeit nach dem Wechsel gefehlt. Außerdem musste ich wegen der starken Konkurrenz im Sturm oft auf den Flügel ausweichen, stand nicht immer in der Startelf und wurde ausgewechselt. Diesmal soll es wieder zweistellig werden, mit dem einen oder anderen Kopfballtor. Was sonst noch kommt, wäre die Zugabe. Die Bayernliga fände ich genial. Für die Regionalliga reicht es bei mir nicht.
Burger: Ich war bis zum Alter von 16 Jahren Ministrant in Kerbfeld. Jedes Jahr gab es ein Hallenturnier für die Ministranten aus den Kirchengemeinden in den Haßbergen. Einmal haben wir das Turnier gewonnen und durften an der Endrunde der Diözese Würzburg teilnehmen. Das war eine interessante Erfahrung, wenn man bedenkt, dass Kerbfeld weniger als 300 Einwohner hat.
Burger: Ich studiere seit zwei Jahren E-Commerce in Würzburg, eine Art Betriebswirtschaftslehre für Online-Handel. Wie beim Fußball habe ich mich auch beruflich nach oben gearbeitet. Ich kam ursprünglich von der Mittelschule, habe die Mittlere Reife gemacht und eine Ausbildung zum Industriemechaniker abgeschlossen. Nach zwei Jahren in der Produktionshalle bin ich wieder in die Schule gegangen, um das Abitur nachzuholen.
Burger: Fabian Röder ist das Gesicht des FC Sand in der Bezirksliga, mit dem es wieder aufwärtsgehen soll. Als ganz junger Spieler hatte er mit der ersten Mannschaft seinen Einstand in der Bayernliga und hat in den folgenden Jahren deren Zerfall und die Abstiege miterlebt. Gleichzeitig war er an den Erfolgen der zweiten Mannschaft beteiligt, die zweimal in die Bezirksliga aufgestiegen ist.
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