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Fußball: Regionalliga Bayern
FC-05-Boss Markus Wolf zwischen Frust und Leidenschaft: "Es muss nicht immer Fußball sein"
Der Unternehmer bleibt Präsident und Geldgeber der Schweinfurter. Ein Gespräch über Träumen und Scheitern, Risiko und Vernunft, Spaß und Schulden. Und die Zukunft des Vereins. 
Bereit für neue Wege mit dem FC 05 Schweinfurt: Markus Wolf, der dem Verein nach der Reamateurisierung als Vorsitzender, Geschäftsführer und Sponsor erhalten bleibt.
Foto: Fabian Gebert | Bereit für neue Wege mit dem FC 05 Schweinfurt: Markus Wolf, der dem Verein nach der Reamateurisierung als Vorsitzender, Geschäftsführer und Sponsor erhalten bleibt.
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 09.02.2024 14:23 Uhr

Es hatte sich abgezeichnet, am 14. Januar machte es der Verein offiziell: Fußball-Regionalligist FC 05 Schweinfurt wird ab der Saison 2023/24 nicht mehr unter Profibedingungen arbeiten, sondern sich wieder regionaler aufstellen - mit der Rückkehr zum Amateurstatus. Das teilte Markus Wolf, Vorsitzender, Geschäftsführer und Hauptsponsor der Nullfünfer mittels eines offenen Neujahrbriefes mit. Im Interview mit dieser Redaktion spricht der 54-jährige Möbel-Unternehmer über Gründe und Auswirkungen dieses Kurs-Wechsels. 

Herr Wolf, Sie haben den FC 05 jetzt 15 Jahre mit großem Aufwand unterstützt. Zuletzt fünf Jahre eine Mannschaft unter Profibedingungen finanziert. Sehen Sie Ihr Projekt als gescheitert?

Markus Wolf: Wir haben in den letzten Jahren dreimal den DFB-Pokal erreicht, konnten mit unseren Fans im Sachs-Stadion einige wunderbare Fußballfeste feiern. Dass wir uns in der abgebrochenen Pandemie-Saison souverän in den Playoffs gegen Bayreuth und Aschaffenburg durchsetzen konnten, war ebenso ein super Erlebnis. Leider hat uns dann in der Aufstiegsrelegation gegen Havelse das nötige Spielglück gefehlt. Ich bin seit vielen Jahren Unternehmer. Und man muss in schwierigen Zeiten die Realität akzeptieren, die Weichen entsprechend stellen und an umsetzbaren Konzepten arbeiten. Vielleicht einen Schritt zurückgehen, um dann wieder zwei nach vorne machen zu können.

Ihr Anteil alleine am Budget war deutlich größer als alle anderen Sponsorenleistungen zusammen. Von einigen Seiten kam gar nichts. Fühlen Sie sich alleingelassen?

Wolf: Wir haben einige Sponsoren, die uns sehr gut unterstützen und dies hoffentlich auch noch die nächsten Jahre tun werden. Von der Großindustrie habe ich mir natürlich wesentlich mehr erwartet. Diese ist auch notwendig, um letztlich dauerhaft Profifußball in einer Stadt wie Schweinfurt darstellen zu können.

Ist, mit anderen Worten, Profifußball in Schweinfurt also grundsätzlich nicht darstellbar?

Wolf: Aktuell nicht. Das Fundament muss gestärkt werden. Dazu können einige größere Sponsoren beitragen, oder eben sehr viele kleinere.

Was macht das mit dem Menschen Markus Wolf? In wirtschaftlich auch für Sie schweren Zeiten ist ein großer Traum geplatzt. Ein Lebenstraum?

Wolf: Mir geht’s gut. Ich erkenne die Realität an und schaue positiv nach vorne. Als Unternehmer habe ich auch nicht immer nur goldene Zeiten erlebt. Wenn es schlecht läuft, muss man die richtigen Schlüsse ziehen und anpacken, damit es wieder aufwärts geht.

Wie sehr schmerzen die teils hämischen Kommentare in den sozialen Medien und in den Kommentarspalten unter Medienberichten?

Ich lese sie nicht, habe auch gar keine Zeit, sie an mich rankommen zu lassen. Das ist leider ein Teil der heutigen Gesellschaft, andere in der Anonymität zu diskreditieren. Ich bin jederzeit gerne bereit, mich mit vernünftigen Menschen persönlich auszutauschen. Wie zum Beispiel bei unserem letzten Fan-Stammtisch.

So leidenschaftlich wie Sie all die Jahre Ihr Ziel verfolgt haben, kann man sich kaum vorstellen, dass es das war beim FC 05.

Wolf: Ich haben in meinem offenen Brief deutlich gemacht, den Verein weiterhin zu unterstützen. Wir können eben die aktuelle Konzeption nicht fortführen, weil das wirtschaftlich nicht darstellbar ist. Und unter mir als Präsident wird der Verein nicht in eine Insolvenz getrieben.

Wie wird diese künftige Unterstützung aussehen? Zeitlich und finanziell...

Wolf: Das lasse ich mir noch offen. Ich werde schauen, was genau passiert. Wenn man immer wieder beleidigt wird, verliert man irgendwann die Energie.

"Unter mir als Präsident wird der Verein nicht in eine Insolvenz getrieben."
Markus Wolf, Präsident und Hauptsponsor des FC 05 Schweinfurt
Würden Sie sich eingestehen, Fehler gemacht zu haben? Beispielsweise viele Jahre eine hohe, aber nicht ausrechende Summe investiert zu haben, statt einmal volles Risiko zu gehen?

Wolf: Was bedeutet volles Risiko? Mehr Geld ausgeben, als vernünftig ist? Ohne Garantie, damit Erfolg zu haben? Dann kann ich gleich ins Casino gehen und mein Geld auf Rot oder Schwarz setzen. Das hat nichts mit seriösem Wirtschaften zu tun. Und vor allem muss man auch hier schon einen Schritt weiter denken. Aus zwei Millionen mehr in der Regionalliga werden schnell mal vier Millionen mehr in der Dritten Liga. Das Geld muss ja auch irgendwo herkommen. Da schlittern Sie schneller in eine Insolvenz als sie schauen können. Und nur auf Lippenbekenntnisse der Stadt und Großindustrie zu bauen, ohne wirkliche konkrete Zusagen, lässt das Risiko einfach viel zu hoch werden.

Jetzt also ein regionales Konzept. So etwas könnte eine Welle der Begeisterung auslösen, an deren Ende in zwei, drei Jahren womöglich doch noch ein Aufstieg stehen könnte. Ist das der Plan?

Wolf: Fakt ist, dass das aktuelle Konzept weder vom Umfeld noch von der Industrie in dem Maße angenommen worden ist, um hier dauerhaft Profifußball finanzieren zu können. Alles andere wird die Zukunft zeigen.

Kann es überhaupt funktionieren, plötzlich wieder in einem engeren Radius zu sichten? Die Vereine und Spieler der Region könnten sich daran erinnern, jahrelang nicht gut genug gewesen zu sein für den FC 05.

Wolf: Wir haben immer schon in der Region gesichtet, kennen die Spieler. Es hat nichts mit gut oder schlecht zu tun, sondern vielmehr mit der Konzeption. Wenn ein Spieler mit Mitte, Ende 20 eine gute Arbeitsstelle hat, ein solides Einkommen verdient und nur abends trainieren kann und auch will, dann wird er eben beim Verein XY spielen. Je nachdem, was ihm dieser Verein für sein Hobby offeriert. Wir haben auch nie irgendwelchen Spielern gesagt: Für uns seid ihr nicht gut genug, spielt lieber mal woanders in einem Amateurverein. Diese Spieler haben sich ja auch ganz bewusst für diesen Weg dorthin entschieden, weil einfach der zeitliche Aufwand für sie nicht machbar ist. Diese Spieler kicken nicht in anderen Vereinen, weil die Menschen dort vielleicht hübscher sind als in Schweinfurt. Sie bekommen teilweise netto mehr Geld als bei uns. Das ist die Realität.

Telefonieren? Auf Geschäftsführer Markus Wolf und seine Mitstreiter beim FC 05 Schweinfurt kommt durch die neue Ausrichtung ab Sommer 2023 einiges an Arbeit zu.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Telefonieren? Auf Geschäftsführer Markus Wolf und seine Mitstreiter beim FC 05 Schweinfurt kommt durch die neue Ausrichtung ab Sommer 2023 einiges an Arbeit zu.
Mal ganz ehrlich: Reut Sie der millionenschwere Aufwand? Sie hätten sich stattdessen viele schöne Dinge leisten können – und sich gleichzeitig Ärger ersparen.

Wolf: Ich habe das damals aus Überzeugung gemacht und mache es auch weiterhin.

Okay, es muss offenbar Fußball sein. Haben Sie es jemals bereut, nicht bei den Würzburger Kickers eingestiegen zu sein? Deren Umfeld wirkt einfacher zu begeistern.

Wolf: Nein, das war nie ein Thema für mich. Aber ich muss zugeben: Eventuell bei anderen Sportarten in der Umgebung vielleicht. Einfach da, wo mehrere Personen und Unternehmer ein gemeinsames Ziel haben und man nicht auf sich alleine gestellt ist. Das macht deutlich mehr Spaß und man kann was bewegen. Ich schätze den Sport sehr, aber es muss nicht immer Fußball sein.

Ist es überhaupt zeitgemäß, Fußballvereine künstlich mit Millionen nach oben zu hieven? Hatten wir uns nicht in der Corona-Zeit vorgenommen, wieder bodenständiger zu werden?

Wolf: Schauen Sie sich doch den internationalen Fußball an, welche irrwitzigen Summen dort im Spiel sind. Deswegen lautet die Devise für uns: Heute schon an morgen denken. Nichts anderes machen wir jetzt.

Und macht eine künstlich zwischen Profi- und Amateurfußball geschobene Dritte Liga in ihrer derzeitigen Form überhaupt Sinn?

Wolf: Nein, weil ein Teil der Liga unbedingt in die Zweite Liga möchte, dabei viele Risiken eingeht, um an das TV-Geld der DFL andocken zu können. Der andere Teil kämpft um das nackte Überleben, und auch da werden die Schulden nur so angehäuft. Da sind Klubs mit reichhaltiger Tradition dabei, ausgestattet mit einem tollen Stadion, das von vielen Fans besucht wird. Dennoch ist irgendwann Feierabend.

Wie sähe Ihre Vorstellung einer idealen Fußball-Welt aus?

Wolf: Da habe ich keine, weil ich kein Träumer bin.

 
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Kommentare
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Es scheint als hätte er zuviel Geld investiert, Geld das für ihn laut Artikel nun nicht mehr wirtschaftlich darstellbar ist.

    Gleichzeitig war es für die ausgegebenen Ziele zu wenig Geld.

    Ergebnis: viel Geld verbrannt für nichts. Die drei Pokaleinnahmen und die, dank der Pandemie gespielte Relegation können doch darüber niemals hinwegtäuschen?

    Freuen konnten sich nur unzählige mittelmäßig begabte Fußballer.
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  • hydra
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • familie.diener@gmx.net
    Die Basketballer würden sich freuen
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