Diesen Terminplan hätte sich ein Kitschroman-Schreiber kaum besser ausdenken können. Am Donnerstag wird der Schweinfurter Weihnachtsmarkt im Lichterglanz eröffnet und am Freitagabend (19 Uhr) steigt zwei Tage vor dem ersten Advent das Spitzenspiel der Fußball-Regionalliga Bayern im flutlichtbeleuchteten Sachs-Stadion: Tabellenführer FC Schweinfurt 05 gegen den lediglich drei Punkte dahinter platzierten Verfolger SpVgg Bayreuth. Die Nullfünfer rechnen in diesem brisanten Franken-Derby mit 4000 Fans, darunter 600 aus der Wagnerstadt.
FC-05-Trainer Victor Kleinhenz, gerne zurückhaltend beim Blick auf die Tabelle, misst dieser nun zusätzliche Bedeutung zu: "Es steht mehr als nur der Gewinn von drei Punkten auf dem Spiel. Das Gefühl, mit dem man am Freitag vom Platz geht, nimmt man in die Pause." Alleine für die winterlichen Kaderplanungen der Protagonisten im vorderen Tabellendrittel habe dieses Zwischenfazit Wert. Man möchte Mannschaften wie Würzburg oder Illertissen mit Verlustpunkten nicht unnötig Appetit auf mehr machen.
Was kein leichtes Geschäft wird: Die Bayreuther, die entgegen einer Meldung im Internet nicht auf Abwehrchef Edin Schwarz (erst vier Gelbe Karten) verzichten müssen, haben elfmal zu null gespielt. "Bei Umschaltsituationen und Standards sind sie gefährlich", weiß Kleinhenz. Allerdings fehlt den Oberfranken mitunter Durchschlagskraft. Mit Christoph Fenninger und Jannik Graf haben die beiden besten Schützen je fünf Tore – zusammen so viele wie FC-05-Goalgetter Sebastian Müller. Auf den Gelb-gesperrten Neun-Tore-Stürmer Michael Dellinger muss Kleinhenz allerdings verzichten, ersetzt ihn durch Fabio Bozesan.
Nils Piwernetz nach Sperre zurück im Kader
Im Hinspiel hatten sich die Schweinfurter, die ansonsten aus dem Vollen schöpfen können, durch einen Treffer von Joshua Endres mit 1:0 durchgesetzt. Da steckte die Spielvereinigung mit vier Pflichtspiel-Niederlagen am Stück in einem Loch. Es folgten elf Partien ohne Niederlage. Erst der November geriet wieder holpriger, mit nur einem Erfolg aus vier Spielen. Der FC 05 indes ist zu Hause bei bislang neun Siegen und einem Remis ungeschlagen.
Personelle Experimente bleiben aus. Der Kniff beim 2:0 über Bamberg, Mittelfeldmann Kevin Fery in die Abwehrkette zu packen, sei ohnehin keiner gewesen: Nach dem Ausfall von Nils Piwernetz "wollte ich da einen Linksfuß haben. Also habe ich Fery und Böhnlein gesagt, sie sollen das unter sich ausmachen. Wir haben im Training Elf gegen Elf gespielt", dann habe sich das ergeben. "Das war weder ein Riesenschachzug noch eine verrückte Aktion." Gegen Bayreuth ist Piwernetz nach seiner Gelb-Sperre zurück im Kader.
Ebenfalls im Kader: Emil Zorn, der stellvertretend für die A-Jugend das "Spieltagsgesicht" ist. Der 18-Jährige aus Obersfeld (Lkr. Main-Spessart) sitzt abermals als Ersatztorwart auf der Bank statt des verletzten Nico Stephan. Über mangelnde Beschäftigung kann sich Zorn trotz der Vormachtstellung von Stammkeeper Lukas Schneller nicht beklagen, schließlich hat er selbst den gleichen Status in der U19, die sich jüngst für die DFB-Nachwuchsliga qualifiziert hat.
Wo er mit dem FC 05 voraussichtlich auf den 1. FC Nürnberg treffen wird, bei dem er im Nachwuchsleistungszentrum war und nur zu drei Einsätzen in der U17-Bundesliga gekommen ist. Sein Nachteil: Er war ein Spätzünder. "Mein Weg war untypisch. Bis ich Acht war, hatte ich kaum Fußball-Interesse", so Zorn. "Ich war lieber beim Opa in der Werkstatt. Wir haben Bulldogs repariert."
Als bei der DJK Büchold ein Torwart fehlte
Erst als die Schulfreunde quengeln, er solle mit zum Kicken kommen, probiert er es – und ist nicht schlecht. Er geht zur DJK Büchold. Da fehlt ein Torwart. Der Junge ist talentiert, wechselt zum FC 05, nach Jena und Nürnberg. "Umso mehr ich erreicht habe, habe ich erkannt, welches Potenzial ich habe." Sein Vater habe ihn gelehrt, Entscheidungen abzuwägen. Und so bezeichnet er sich als einen "geduldigen Menschen, zufrieden mit meinem Leben".
Auch wenn seine Geduld Grenzen hat. Mit Anfang 20 möchte er Nummer eins sein, mindestens in der Regionalliga. Über einen Umweg das schaffen, was ihm in Nürnberg verwehrt geblieben ist. "Ich war da im Internat, hatte mein Zimmer am Trainingsgelände der Profis. Vom Fenster aus habe ich den Parkplatz mit den tollen Autos gesehen." Stoff für Träume. Die noch nicht ausgeträumt sind. Auf der Linie und in der Strafraumbeherrschung habe er seine Stärken, sagt er. Der Trainer schätzt seine Lautstärke und Präsenz.
Trotzdem hat sich Zorn sicherheitshalber einen Plan B zurechtgelegt: 2025 macht er Abitur. Und will studieren, Lehrer werden. "Für Mathe und Sport. Oder etwas Wirtschaftliches." Sicherer ist er sich beim Ausgang des Spitzenspiels: "Keine Frage, wir schlagen Bayreuth."