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Fußball: Regionalliga Bayern
"Die Mannschaft ist in der Theorie gut": Victor Kleinhenz will beim FC 05 Leidenschaft und Emotionen sehen
Der neue Schweinfurter Trainer steht für offensiven Ballbesitz-Fußball. Im Interview spricht er über die Titel-Favoriten, den Fluch einer Trainerlizenz und die Premier League.
Erklärt der Mannschaft seine Fußball-Philosophie: Trainer Victor Kleinhenz beim Vorbereitungsstart des FC 05 Schweinfurt.
Foto: Ryan Evans, PresseFoto Evans | Erklärt der Mannschaft seine Fußball-Philosophie: Trainer Victor Kleinhenz beim Vorbereitungsstart des FC 05 Schweinfurt.
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 11.07.2024 02:41 Uhr

Seit Saisonbeginn ist Victor Kleinhenz Trainer des Fußball-Regionalligisten FC 05 Schweinfurt und damit Nachfolger von Marc Reitmaier. Der 33-Jährige war bis März 2023 Coach des Liga-Konkurrenten TSV Aubstadt und zuletzt verantwortlich für die Bundesliga-U19 des FC Augsburg. Der gelernte Bank- und Versicherungskaufmann lebt mit seiner Frau Janine und zwei Kindern in Wartmannsroth (Lkr. Bad Kissingen). Im Interview mit dieser Redaktion erklärt Kleinhenz seine Fußball-Philosophie – und gewinnt anschließend das zwar technisch überschaubare, aber spannende Tischkicker-Match mit 3:2.

Frage: Schwaben oder Unterfranken?

Victor Kleinhenz: Unterfranken. Heimat ist einfach etwas Besonderes. Ich bin in Wartmannsroth aufgewachsen und hab mein ganzes Leben hier verbracht. Augsburg war ja die erste Station, wegen der ich auswärts war. Coole Erfahrung. Aber ich musste das meiner Familie kommunizieren, dass ich mal weg muss, wenn ich den nächsten Schritt gehen will. Ich habe zu viel in diese Laufbahn investiert, um das nicht zu tun. Ich bin dankbar, dass mir meine Familie es ermöglicht hat, einmal in einem Nachwuchsleistungszentrum zu arbeiten. 

Jugend- oder Männermannschaft?

Kleinhenz: Männermannschaft. Ich bin ein Typ, der Beziehungen zu Menschen braucht. Und das fällt mir aktuell einfacher mit Leuten, die mehr Erfahrung haben. Es ist ein anderer Umgang. Ich hatte letztes Jahr einen längeren Anpassungsprozess. Das sollte diesmal schneller gehen. Auch wenn es Spieler gibt, die ähnlich alt sind wie ich. Kristian Böhnlein ist sogar älter. Aber das ist überhaupt kein Thema, unser Umgang ist geprägt von gegenseitiger Wertschätzung.

Wein oder Schnaps?

Kleinhenz: Schnaps.

Ach, kommen Sie. Außerhalb von Gruppenzwängen und entsprechender Laune trinkt doch niemand gerne Schnaps.

Kleinhenz: Kann man tatsächlich. Mit zunehmender Erfahrung kann man guten von schlechtem unterscheiden. Meine Eltern betreiben eine Brennerei in dritter Generation. Es gibt auch eine Eventscheune, die für Feiern gebucht werden kann.

Teambesprechung: Victor Kleinhenz (rechts) im Gespräch mit (von links) Sportleiter Andreas Brendler, Geschäftsführer Markus Wolf und Co-Trainer Michael Gehret.
Foto: Ryan Evans, PresseFoto Evans | Teambesprechung: Victor Kleinhenz (rechts) im Gespräch mit (von links) Sportleiter Andreas Brendler, Geschäftsführer Markus Wolf und Co-Trainer Michael Gehret.
Jetzt läge die Frage nahe, ob sie für eine Feier mit dem FC 05 schon mal reserviert ist. Aber sagen wir so: Ist dort eine Teambuilding-Maßnahme geplant?

Kleinhenz: Kann man schon machen. Aber ich bin nicht so der Freund von künstlichen Events. Das muss aus der Mannschaft heraus kommen. Ich habe da ein gutes Gefühl, auch, weil ich mit Kristian Böhnlein und Kevin Fery zwei Spieler habe, die den Verein prägen, mit Martin Thomann und Michael Dellinger zwei Typen, die vorangehen. Beim EM-Public-Viewing im Stadion hat die Mannschaft selbst forciert, den Ausschank machen zu dürfen. Das sind die Dinge, die in die richtige Richtung gehen.  

Es scheint ohnehin Maßgabe zu sein, dass die Mannschaft in die Stadt soll, um die Stadt wieder ins Stadion zu bekommen.

Kleinhenz: Definitiv. Dazu gehört, wie man sich präsentiert. Frech und zugleich bodenständig sein. Trotzdem professionell. Es ist immer ein Geben und Nehmen zwischen Fans, Umfeld und Mannschaft. Wir wollen die sein, die in Vorleistung gehen. Auch mit attraktiver Spielweise.

"Wenn wir in die Winterpause gehen und da ist was, das kitzelt."
Victor Kleinhenz über seine Saisonziele mit dem FC 05
Dazu hat Sportleiter Andreas Brendler vor dem Trainingsauftakt gesagt, man habe jetzt nicht nur Regionalität, sondern Regionalität und Qualität.

Kleinhenz: Als die Gespräche zwischen den Schweinfurter Verantwortlichen und mir losgingen, war von weiterer Regionalisierung, Verjüngung und Steigerung der Qualität die Rede. Es war schon mein Anspruch, dass der Verein ein klares Ziel formuliert, wohin es geht. Dass es vorwärtsgeht. Nicht zwingend in einem, aber vielleicht in zwei oder drei Jahren. Alle Punkte wurden erfüllt. Die getätigten Transfers sind auf jeden Fall vielversprechend. Die Mannschaft ist in der Theorie gut, in der Praxis muss sie sich erst noch beweisen.

Beim Test in Karlburg haben Sie das Team erstmals im Spielmodus gesehen.

Kleinhenz: Und einige meiner Ideen auf dem Platz wiedergefunden. Die tiefen Laufwege zum Beispiel. Steil-Klatsch-Momente. Etwas, was wir auch bei der Europameisterschaft gerade sehen. Viele, viele Mannschaften suchen spielerische Lösungen. Oder die Beispiele Leverkusen und Stuttgart, die in der Bundesliga damit Erfolg hatten. Ich lasse gerne Fußball spielen, wir werden viel Ballbesitz haben. Wir werden sehr gut sein müssen in Gegenpressing-Situationen. Entscheidend sind Leidenschaft und Emotionen. Und die Schweinfurter Malocher-Mentalität. 

Vor den legendären, uralten Sitzen im Rosenau-Stadion: Victor Kleinhenz in seiner Zeit als U19-Trainer des Bundesligisten FC Augsburg.
Foto: Anand Anders | Vor den legendären, uralten Sitzen im Rosenau-Stadion: Victor Kleinhenz in seiner Zeit als U19-Trainer des Bundesligisten FC Augsburg.
Warum eigentlich zum FC 05?

Kleinhenz: Ich habe hier in der Jugend gespielt. Und noch wichtiger: Ich stand im Sachs-Stadion im Fanblock. Wenn dich dieser Verein einmal gepackt hat, lässt er dich nicht mehr los. Wenn ich sehe, wie externe Spieler wie Fabio Bozesan, Luca Trslic oder Nils Piwernetz eine derart große Identifikation mit dem Verein aufgebaut haben, zeigt sich, welche Wucht und Strahlkraft der Verein hat.  

Haben Sie am 2. Juni eigentlich laut geflucht? Da war ja klar, wer kommende Saison Aufstiegskandidat Nummer eins sein wird in der Regionalliga Bayern.

Kleinhenz: Ach, das verlorene Aufstiegsspiel der Würzburger Kickers. Ganz ehrlich, ich habe mich insofern gefreut, weil ich somit die Chance habe, das Derby aktiv von der Seitenlinie aus zu erleben. Aber ich schau nicht so sehr auf andere Mannschaften.

"Ich bin nicht so der Freund von künstlichen Events."
Victor Kleinhenz zu Teambuilding-Maßnahmen
Sie haben doch bestimmt schon mal in den Spielplan geschaut. Unter den letzten drei Spieltagen befinden sich die Partien gegen die Kickers und gegen Vilzing. Potenzielle Top-Duelle. Man könnte meinen, der Verband hat sich was gedacht bei der Terminierung.  

Kleinhenz: Ich habe es gelesen, ja. Aber auch, dass am letzten Spieltag die Kickers auf Illertissen treffen. Das sind, wenn ich die Transfers begutachte, die beiden Topfavoriten auf den Titel. Vilzing und Augsburg könnten eine Rolle spielen. Wenn wir in die Winterpause gehen und da ist was, das kitzelt, wäre ich zufrieden. Da gehört der Pokalwettbewerb dazu.

Der TSV Aubstadt hat Ihnen ja die Formulierung eines Saisonziels abgenommen. In Transfermitteilungen war zu lesen, der FC 05 sei bereit für die Dritte Liga.  

Kleinhenz: Das ist für mich neu, dass andere Vereine unsere Ziele formulieren. Schon okay. Von unserer Seite aus wird es ein solches Ziel nicht geben.

Berührungspunkte: Victor Kleinhenz (links) war U19-Trainer in Augsburg und coacht jetzt das Regionalliga-Team des FC 05 Schweinfurt, Tobias Strobl (rechts) war FC-05-Trainer und ist inzwischen verantwortlich für die Augsburger U23. Beide sind sich in ihrer Arbeitsweise nicht unähnlich.
Foto: Frank Scheuring, foto2press | Berührungspunkte: Victor Kleinhenz (links) war U19-Trainer in Augsburg und coacht jetzt das Regionalliga-Team des FC 05 Schweinfurt, Tobias Strobl (rechts) war FC-05-Trainer und ist inzwischen verantwortlich für die ...
Sie haben künftig einige Ex-Aubstadter im Team, waren selbst in Aubstadt. Eine andere Welt?

Kleinhenz: Gar nicht so sehr. Beide Vereine leben vom Enthusiasmus und Engagement einiger Weniger. Und beide holen aus den zur Verfügung stehenden Mitteln das Maximale heraus. Ich bin dem TSV Aubstadt sehr dankbar, dass ich damals als junger Trainer eine Chance bekommen habe. Aber ich bin jetzt extrem froh, in Schweinfurt zu sein, weil es vom ganzen Drumherum eine größere Herausforderung ist. Der berühmte nächste Schritt.

Das Schweinfurter Publikum hat sich verändert. Früher arg leicht zu euphorisieren, schien es zuletzt kleinere Brötchen akzeptiert zu haben. 

Kleinhenz: Ich registriere eine Aufbruchstimmung. Wir wollen daraus in den nächsten Wochen eine positive Euphorie entfachen. Es ist gut, wenn alle bodenständig und demütig bleiben. Aber: Eine Erwartungshaltung kann auch in einen Flow münden.  

Und Ihre eigene Perspektive? Mit dem nahezu gleichaltrigen Fabian Hürzeler haben Sie zusammen den A-Schein gemacht. Dann ging es für ihn als Trainer vom FC Pipinsried zu St. Pauli und nun zu Brighton & Hove Albion in die Premier League.

Kleinhenz: Irre Karriere, ich ziehe meinen Hut. Das kann man nicht planen, aber man sieht, dass es geht. Ich peile die nächsten ein, zwei Jahre erst einmal den Fußball-Lehrer an.

Nach Tobias Strobl und Christian Gmünder wären Sie dann der dritte Trainer des FC 05, der in seiner Amtszeit die Ausbildung zur Uefa Pro Lizenz beginnt...

Kleinhenz: ... und beide vor mir haben es in Schweinfurt nicht überstanden. Ja, ja. Na, das wäre doch einmal ein anspruchsvolles Ziel: Die Lizenz machen, ohne beim FC 05 zu scheitern.

Der FC 05 testet am Freitag und Sonntag

Der FC 05 Schweinfurt spielt an diesem Freitag, 28. Juni, in Westheim bei Hammelburg ein Blitzturnier. Gegner sind Landesligist FC Fuchsstadt (18 Uhr) und Bezirksligist FC Strahlungen (19 Uhr). Am Sonntag, 30. Juni, misst sich die Kleinhenz-Elf mit dem Südwest-Regionalligisten SG Eintracht Frankfurt II. Anpfiff auf einem Nebenplatz im Sachs-Stadion ist um 14 Uhr.
dr
 
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