Was für eine Ausgangslage für den FC 05 Schweinfurt: Sechs Siege in Serie, zehn von elf Pflicht-Partien gewonnen, demnächst Spitzenspiel gegen Burghausen, wenn am Freitag, 20. September, dank einer Freikartenaktion für Schüler, Studenten und Azubis 4000 Fans ins Sachs-Stadion kommen sollen. Doch davor steht für den Tabellenführer der Regionalliga Bayern an diesem Samstag (14 Uhr, Rosenaustadion) die Auswärtsaufgabe bei Aufsteiger TSV Schwaben Augsburg an, der überraschend auf Rang sechs liegt, neun Punkte hinter den Nullfünfern.
"Gegen den Ball zu 100 Prozent da sein, sich in jeden Zweikampf schmeißen", fordert Nils Piwernetz gegen die mitunter eine recht wilde Strategie verfolgenden Schwaben die physischen Komponenten im Spiel seiner Mannschaft. Die er "in einem Flow" wähnt.
Wenn man den 24-Jährigen damit konfrontiert, dass er aufgrund seiner anfänglichen Vita ein zweiter Marc Oechler hätte werden können, wirkt Schweinfurts Linksverteidiger deutlich ratloser. Er zuckt mit den Schultern. Von 1973 bis 1999 war die Club-Legende ununterbrochen beim 1. FC Nürnberg, Jugend, Zweite, Erste, 240 Profi-Einsätze – und Piwernetz kennt ihn nicht: "Sagt mir leider nichts." Dabei war er selbst mal auf Oechlers Spuren, kam in der F-Jugend zum Club, durchlief alle U-Teams, trainierte bei der Ersten mit. Nur war nach 14 Jahren plötzlich Schluss.
Als Robert Klauß, heute Trainer bei Rapid Wien, den Trainerposten 2020 beim FCN übernahm, hatte dieser keine Verwendung mehr für Piwernetz. "Dann habe ich mich nach zwei Jahren in der U23 entschieden, einen anderen Weg zu gehen." 2021 zum TSV Havelse in die Dritte Liga. Ein tiefer Einschnitt in die Laufbahn. "Ich hatte immer fünf Minuten weg vom Trainingsgelände gewohnt, es war nie wichtig für mich, wegzugehen." Nun war er weg, spielte 15 Mal für den Verein, der in der Aufstiegsrelegation zuvor den FC 05 bezwungen hatte.
Von der Autobahn geschleudert, Vater und Bruder unverletzt
Doch dann geriet er im Januar 2022 auf der Autobahn unverschuldet in einen schweren Autounfall, als er auf dem Rückweg vom ersten Hinrundenspiel in die fränkische Heimat war. Ein Lkw wechselte unvermittelt die Spur. "Ich wurde von der Fahrbahn geschleudert, zum Glück ist kaum etwas passiert, nur mein Knie war lädiert. Mein Vater und mein Bruder sind unverletzt geblieben." Ein nachhaltiger Moment: "Man sieht das Leben plötzlich anders. Seitdem bin ich froh, dass ich überhaupt noch Sport machen darf."
Piwernetz entschied sich bewusst gegen einen weiteren Anlauf im Profi-Fußball: "Ich wollte heim zur Familie, mehr Zeit mit Freunden verbringen." Einer, André Rumpel, war auch in der Club-Jugend und inzwischen beim TSV Aubstadt – und so schloss sich Piwernetz ebenfalls den Grabfeldern an. Nach einem Jahr wechselte er im Sommer 2023 zum FC 05 – zusammen mit Rumpel, der sich vor kurzem dem TSV Karlburg angeschlossen hat.
Das aktuelle Klima beim FC 05 kommt dem Menschen Piwernetz, der mit seiner Freundin in Würzburg lebt, entgegen. "Wir haben die richtige Mischung aus Lockerheit auf der einen und Fokus auf der anderen Seite." Das passe zu ihm: Er sieht sich als "sehr intelligenten Spieler, der Drucksituationen gut lösen kann und ruhig am Ball ist". Der aber auch für jede Gaudi zu haben sei. "Mein Markenzeichen ist mein Lachen."
Warum Piwernetz in Augsburg als Maskottchen dient
Dafür bietet die derzeitige Form Anlass. Die Mannschaft präsentiert sich enorm stabil. In jedem Spiel gibt es Phasen, die das Geschehen kippen lassen könnten. Doch die Nullfünfer scheinen ein Patentrezept gefunden zu haben, sich rasch wieder auf Kurs zu bringen. Das habe Trainer Victor Kleinhenz "bereits in der Vorbereitung thematisiert und sagt es immer wieder: Dass wir uns mit einzelnen, kleinen Aktionen aus solchen Situationen rausziehen", so Piwernetz: "Sei es eine Grätsche, ein gewonnener Zweikampf. Das pusht uns, nimmt die Fans mit."
So erfolgreich wie mit dem FC 05 war Piwernetz lange nicht. Sieht bei sich dennoch Luft nach oben: "Ein bisschen Abgezocktheit könnte ich mir von unseren erfahrenen Spielern abschauen." Piwernetz ist nicht der Außenverteidiger, der regelmäßig die Außenbahn rauf und runter rennt. Wenn Kollege Leonard Langhans das auf der rechten Seite macht, rückt er den Innenverteidigern zur Seite – zur Restabsicherung in einer Dreierkette.
An diesem Samstag in Augsburg dient Piwernetz dem FC 05 obendrein als Maskottchen: "Im Rosenaustadion habe ich noch nie verloren." Kleinhenz, für den es eine Rückkehr ist in die Stadt, in der er zuvor die U19 des FC Augsburg trainiert hat, sagt: "Dann muss ich ihn wohl aufstellen." Nicht indes Max Wolf, der erst nächste Woche ins Teamtraining einsteigen wird. Der restliche Kader ist fit, der Coach hat Qual der Wahl.
Pokal-Viertelfinale in Bamberg auf 6. Oktober terminiert
Derweil wurde das Viertelfinale im Toto-Pokal-Wettbewerb auf Landesebene terminiert: Der FC 05 spielt am Sonntag, 6. Oktober, bei Ligakonkurrent Eintracht Bamberg (15 Uhr). Die Partie liefert den Schweinfurtern neben der Aussicht auf das dann im Frühjahr 2024 stattfindende Halbfinale auch die Chance auf Wiedergutmachung: Ihre bis dato einzige Saisonniederlage hatten die Nullfünfer am 10. August mir 1:2 im Fuchsparkstadion bezogen. Das ursprünglich für den ersten Oktober-Sonntag angesetzte Auswärtsspiel beim FC Bayern München II wird verlegt und möglicherweise erst Ende Februar 2025 ausgetragen.