Haselnuss. Das ist die Lieblingseissorte von Severo Sturm. Noch lieber mag er es, wenn der Ball im Tor liegt und er jubelnd abdrehen kann. Kann er allerweil ziemlich oft: Acht Treffer hat der Stürmer des FC 05 Schweinfurt in acht Spielen erzielt - und damit fast die Hälfte der Mannschaft (17:7) bei deren gutem Start in die Fußball-Regionalliga Bayern. Was ihn wurmt? Dass der achte am Freitagabend bei der 1:2-Niederlage in Augsburg zum zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich letztlich wertlos war.
Das mit dem Treffen hat in Schweinfurt nicht immer so gut geklappt. Überhaupt war die Saison 2022/23 eine zum Vergessen für den 23-jährigen Stürmer, der die Jugendabteilungen des Würzburger FV, des FC 05 und der Würzburger Kickers durchlaufen und dann den Durchbruch bei Bayernligist TSV Abtswind hatte, wo ihm in 47 Pflichtspielen 20 Tore gelungen waren, ehe er im Sommer 2022 nach Schweinfurt gewechselt ist. Und dort nach einem Knöchelbruch zunächst nicht richtig Fuß fassen konnte.
"Ich genieße in dieser Saison das Vertrauen von Marc Reitmaier", schiebt er einen Teil der Erfolgsgeschichte seinem Trainer zu. Den anderen sich selbst - und das passt zu dem selbstbewussten Spieler, dem vor einigen Wochen noch der Ruf anhaftete, auch etwas selbstverliebt zu sein. "Ich war nach der Verletzung mental und vom Fitnesszustand nicht auf der Höhe. Jetzt bin ich auf einer 'Wave'. Wo das Tor steht, wusste ich schon immer", kommentiert er Platz eins in der bundesweiten Regionalliga-Torjäger-Wertung. "Wäre schön, wenn ich die Kanone am Ende abstauben könnte."
Instinktfußballer mit dicken Oberschenkeln und dicken Waden
Einen Lehrmeister hat Sturm, der sich auf allen Offensivpositionen rechts wie links, ganz vorn wie zentral gleich wohl fühlt, in seinem Offensiv-Kollegen und Co-Trainer Adam Jabiri, der ihm Tipps fürs Stellungsspiel gibt. Auf dem Feld abschauen könne er sich vom 39-Jährigen weniger: "Wir sind andere Stürmertypen. Was uns eint ist der Instinkt." Ist Severo Sturm, der Instinktfußballer, auch ein waschechter Straßenfußballer? "Das nicht unbedingt, aber ich komme schon über das Fußballerische. Und übers Tempo." Ohne gezielt Sprinttraining zu machen. "Ich bin von Haus aus schnell."
Eine "Kiste", wie Flügelstürmer-Kollege Martin Thomann vom TSV Aubstadt, ist Sturm nicht - und will es auch nicht sein. "Ich bin lieber schmächtig und wendig. Trotzdem habe ich in den meisten Zweikämpfen einen Vorteil durch meinen tiefen Körperschwerpunkt. Ich habe einen schmalen Oberkörper, aber dicke Oberschenkel und dicke Waden. Wenn ich die Hüfte zwischen Gegner und Ball kriege, ist es für ihn schwer, an den Ball zu kommen." Was vor allem die DJK Vilzing leidvoll erfahren musste bei ihrer Null-Fünf-Niederlage gegen Null-Fünf, als Sturm gleich drei Mal traf.
Online-Business als Plan B für den Traum vom Profifußball
Zielstrebig ist der Würzburger auch abseits des Fußballplatzes. Er studiert im vierten Semester E-Commerce, so was wie Betriebswirtschaftslehre für Online-Handel. "Wenn es mit dem Kicken so weiter läuft, könnte ich mir schon vorstellen, mit dem Fußball mein Geld zu verdienen. Aber ich bin abergläubisch: Wenn man sich da zu viel vornimmt, klappt's am Ende nicht." Für den Fall, dass es mit einem Profi-Engagement nichts würde, "will ich mir ein Online-Business aufbauen. Das habe ich schon mal mit einem Kumpel versucht, jedoch derzeit ad acta gelegt." Warum? "Weil ich viel in Bamberg bin."
In Bamberg? "Ja, weil mein Vater da eine Eisdiele hat und ich ihm seit ich 16, 17 bin im Verkauf helfe. Die letzten drei Monate bin ich fast permanent dort." Die Kugel im Eiscafe Bellini kostet 1,80 Euro, heute fast schon preiswertg. "Wir liegen im Uni-Viertel, da ist es etwas günstiger als in der Altstadt. Dort kostet eine Kugel um die 2,20 Euro, Edel-Pistazie bis zu 3,50. Eis ist ein Luxus-Produkt geworden."
Sozialkompetenz als Hilfestellung für schwere Zeiten
Vom Luxus-Produkt ist der FC 05 derweil trotz der beachtlichen Erfolge weit entfernt. Dass Sturm mit den reamateurisierten Schweinfurtern gegen den Abstieg spielen wird, ist ihm zähneknirschend ("vorderes Drittel wäre super, Mittelfeld auch gut, und wenn es nur zum Klassenerhalt reicht, dann ist das so") bewusst. Ebenso, dass viele andere Mannschaften einen Qualitätsvorsprung haben, wie zuletzt der FC Augsburg II. Dazu kämen zu viele 05-Spieler aus der Bayern- oder Landesliga.
"Aber genau das ist unser Trumpf. Vergangene Saison kamen die Jungs aus München, Frankfurt oder Köln, mussten erst zu Teamchemie finden. Die meisten im aktuellen Kader haben sich schon vor dem Wechsel nach Schweinfurt gekannt." Die Folge: eine hohe Sozialkompetenz. "Wir verstehen uns in der Kabine vom ersten Tag an." Das könne der Mannschaft helfen, wenn es Rückschläge gibt, wenn ein paar Wochen positive Ergebnisse fehlen, der Zusammenhalt auf dem Prüfstand steht.