Der Begriff "Tagesgeschäft" bekommt durch den Einsatzplan des TSV Aubstadt eine neue Bedeutung. In den letzten vier Wochen musste die Mannschaft von Trainer Julian Grell acht Spiele austragen, sieben in der Liga, eines im Pokal. Der Trainingsalltag war in diesem Abschnitt nie normal. Durch differenzierte Maßnahmen für Vielspieler, Wechselspieler, angeschlagene und nicht eingesetzte Spieler gab es Vollbeschäftigung für Grell und seine Assistenten.
Beispiel die letzten acht Tage: Samstag 3:0 in der Liga gegen die SpVgg Greuther Fürth II, Montag Training, Dienstag 600 Kilometer Fahrt und das Pokal-Aus in Illertissen (0:4), Donnerstag Training, diesen Samstag, 14 Uhr, Ligaspiel beim FC Eintracht Bamberg.
Der Aufsteiger gab am zweiten Spieltag der Vorrunde in Aubstadt seine erste Auswärtsvorstellung in der Fußball-Regionalliga Bayern. Nach einem seltsamen Spiel auf ein Tor gewann der TSV mit 2:0, ohne zu glänzen. Für die regionale Nähe zu den Oberfranken gab es bisher relativ wenige Pflichtspiel-Begegnungen, weil Aubstadts Durchmarsch wesentlich früher begann als der des Fusionsvereins aus dem FC und der Eintracht. Nur drei Mal kreuzte man in Pflichtspielen die Klingen. Zwei Siege gab es für Aubstadt, einen (in der Bayernliga 2015/16) für Bamberg.
Bamberg holte gegen Illertissen vier Punkte, Aubstadt verlor zweimal
Indirekter Vergleich: Gegen Illertissen holte das Team von FC-Trainer Jan Gernlein (31) insgesamt vier Punkte: beim 1:0 am ersten Spieltag und drei Tage vor Aubstadts Pokalspiel in Illertissen ein 0:0. Der FCE wusste also besser mit dem FVI umzugehen als die Aubstädter, die Anfang Oktober schon in der Liga dort 0:1 verloren hatten. Gernlein führte ihn als Bayernliga-Meister nach oben und arrangierte sich mit den wirtschaftlich begrenzten Möglichkeiten der "Domreiter". Die Entwicklung der jungen Mannschaft sei das Wichtigste, der Klassenerhalt das Höchste.
Nur ein paar wenige erfahrene Füchse hat er im Kader. Verletzungsprobleme wirken sich bei der Quantität und Qualität schlimmer aus als in Grells Elf. Den direkten Vergleich könnte am besten Stürmer Björn Schönwiesner erklären, der von der NGN-Arena vor anderthalb Jahren ins Fuchs-Park-Stadion wechselte. Ihm klebt seither allerdings das Pech am Fuß. Gleich am Anfang ereilte ihn ein Kreuzbandriss. Gegenwärtig hadert er seit Wochen mit muskulären Problemen, saß aber schon zwei Mal als Ersatztorwart auf der Bank.
Bamberg hat zu Hause acht Punkte geholt, Aubstadt auswärts neun
17 Tore in 18 Spielen weisen die Bamberger als zweitschwächste Angreifer aus. Ihre gefährlichsten sind die Solo-Spitze Patrick Görtler und dahinter der kleine Wirbelwind Philipp Hack (je 4). Aber auch die Abwehr (40 Gegentore) ist die zweitschwächste. Zusammen ergibt das Platz 16 mit 15 Punkten, womit rein statistisch die Favoritenrolle vergeben wäre.
Bemerkenswert ist aber, dass der FCE daheim acht Punkte geholt hat, der TSV auswärts neun. Und, dass die letzten drei Treffer der Aubstädter (gegen Fürth) keiner der sonstigen Torgaranten Nickel, Thomann, (je 6), Pitter (5) und Dellinger (4) erzielt hat, sondern die drei "H"s: Harlaß, Hüttl und Heinze. 13 Spieler waren an den insgesamt 34 Treffern beteiligt. Die TSV-Abwehr, nach wie vor die zweitbeste (14) hinter den Würzburger Kickers, blieb in elf von 18 Spielen ohne Gegentor.
Von den drei Spitzenteams der Liga, eines davon ist man schließlich immer noch als Dritter, hat der TSV Aubstadt die auffälligsten Ausrutscher produziert mit dem 0:5 in Augsburg und dem 0:4 in Illertissen. Stellt sich unwillkürlich die Frage, wie man in Vilzing und Würzburg bestehen kann und dort nicht.
Nach der Niederlage in Illertissen herrscht in Aubstadts Bus vier Stunden lang Stille
Julian Grell hat am Dienstag aus Illertissen auf der Rückfahrt, so sehr er von der Leistung enttäuscht war, eine positive Reaktion von seinen Spielern gesehen bzw. gehört: "Das habe ich noch nie bei einer Busfahrt von meinen Spielern gehört, dass ich überhaupt nichts gehört habe, fast vier Stunden lang Stille", sagte er. "Während sie sich sonst nach einer Niederlage sehr schnell gegenseitig wieder hochziehen. Wir Trainer haben da gespürt, wie sehr die Mannschaft eigentlich gewinnen will. Es war für uns eine Riesen-Chance, das Momentum war auf unserer Seite. Wir mussten aber erleben, warum Illertissen eine typische Pokalmannschaft ist." Vom Vergleich mit Saarbrücken wollte der Bayern-Fan Grell nichts wissen.
"Hört sich vielleicht komisch an", erklärte Grell, "es hat mich gefreut zu sehen, wie enttäuscht die Mannschaft war. Daran ist eine gewisse Mentalität, ein Anspruch an sich selber zu sehen". Lehren aus dem Hinspiel gegen Bamberg habe man dahingehend gezogen, dass man sich wohl erneut darauf einstellen müsse, "mit viel Geduld auf einen tief stehenden Gegner zu stoßen. Es sei denn, sie haben inzwischen daran was verändert. Es kann auch ein komplett anderes Spiel werden. Beide haben sich ja weiter entwickelt. Mit einer gewissen Wut im Bauch muss man bei uns aber rechnen". Verzichten muss Grell in Bamberg auf Martin Thomann (muskuläre Probleme).