Die Main-Spessart-Halle in Marktheidenfeld wird kommende Woche zur Notunterkunft für Geflüchtete, die Erwin-Amann-Halle in Karlstadt im Dezember. Die Lohrer Spessarttorhalle ist seit Wochen geschlossen, weil Schäden am Parkettboden behoben werden müssen. Stätten, an denen in Main-Spessart Hallensport betrieben werden kann, werden immer weniger. Bei Gesprächen dieser Redaktion mit Vertretern und Vertreterinnen betroffener Sportvereine, die ja schon während der vorangegangenen Corona-Pandemie mit Einschränkungen zu kämpfen hatten, ist bisweilen Frust zu spüren, weil Trainingsmöglichkeiten wegfallen und Spiele verlegt werden müssen. Aber es gibt auch Ideen, wie die gegenwärtige Situation zu meistern sei.
Neben den beiden Hallen in Marktheidenfeld und Karlstadt verfügt der Landkreis auch über die Spessarttorhalle in Lohr, die Schulsporthallen des Gymnasiums und der Realschule in Gemünden und ist über einen Zweckverband an der Nägelseehalle in Lohr beteiligt.
Die Unterbringung von Geflüchteten sei eine gesetzlich festgelegte Aufgabe, betont Markus Rill, Pressesprecher des Landratsamts. Sowohl die Halle in Karlstadt als auch die in Marktheidenfeld sollen über Kapazitäten für je bis zu 200 Flüchtlinge verfügen. Landrätin Sabine Sitter (CSU) wird in einer Pressemitteilung mit den Worten zitiert: "Die Geflüchteten werden uns zugewiesen. Wir haben keine Möglichkeit, die Aufnahme und Unterbringung zu verweigern. Und wir haben auch die menschliche Verpflichtung, in Not geratenen Menschen zu helfen. Die Würde des Menschen ist unantastbar – das ist fest in unserem Grundgesetz verankert."
Die Nutzung der Schulsporthallen als Notunterkunft für Geflüchtete solle zeitlich begrenzt bleiben, so das Landratsamt in der Pressemitteilung. Die Behörde sei auf der Suche nach alternativen Wohnmöglichkeiten, um die Sperrung der Hallen für den Sport beenden zu können, nennt aber derzeit keinen Termin, wann die Sportstätten wieder für Vereine verfügbar sind. Seit mehreren Monaten bemühe sich der Landkreis um die Akquise eines geeigneten Grundstücks, das die Errichtung einer baulichen Lösung (Container/Leichtbauhalle) zur Nutzung als Unterkunft ermögliche.
Ein Verein, der von der Sperrung der Erwin-Amann-Halle wesentlich betroffen ist, ist der TSV Karlstadt, bei dem Jutta Ringelmann als Geschäftsstellenleiterin und Handball-Jugendtrainerin aktiv ist: "Wir haben einen Zulauf wie lange nicht, ich habe 30 Kinder von sechs bis elf Jahren. Mit denen muss ich jetzt in der Realschulhalle trainieren, das ist eine Einfachhalle, da ist ein vernünftiger Übungsbetrieb kaum möglich."
Spontanes Angebot vom TSV Lengfeld
Allerdings gebe es viel Flexibilität und Hilfsbereitschaft. "Der TSV Lengfeld hat uns spontan seine Hallenkapazitäten angeboten, die wir leider nicht nutzen konnten", so Ringelmann. Auch in ihrem Verein gebe es Planungen, wie der Sportbetrieb fortgeführt werden könne: Leichtathleten des TSV würden im Freien trainieren, die Tischtennisspieler in der kleineren TG-Halle.
Dass der Verein auf der Suche nach konstruktiven Lösungen sei, betont auch Ralf Holzinger, der Basketball-Abteilungsleiter des TSV ist und als Vorstandsmitglied des Hauptvereins für die Hallenkoordinierung zuständig: "Natürlich müssen wir auch Abstriche machen, aber wir können den Trainingsbetrieb aufrechterhalten. Auch müssen keine Spiele abgesagt werden." Es werde nach Lösungen gesucht, "wobei uns das Landratsamt nach Kräften unterstützt bei der Suche nach freien Hallenkapazitäten". Holzinger ist zuversichtlich, dass der TSV Karlstadt die Situation bewältigen werde: "Wir kriegen das hin. Unser Fokus ist vor allem darauf gerichtet, den Sportbetrieb für Kinder und Jugendliche zu gewährleisten."
Bereits in der kommenden Woche sollen die ersten Geflüchteten in der Main-Spessart-Halle in Marktheidenfeld einziehen. Vor Ort gibt es eine weitere Sporthalle, die dem TV Marktheidenfeld – dem größten Sportverein der Stadt mit neun Abteilungen – gehört. In dieser nach dem Gründer des örtlichen Sonnenschutz-Herstellers, Hans-Wilhelm Renkhoff, benannten Sportstätte findet das Gros des TVM-Sports statt.
"Wir müssen jetzt sehen, wie wir dort die Dinge unterbringen, die bisher in der Main-Spessart-Halle stattfinden", sagt TVM-Vorstandsmitglied Burkard Wagner. Zum Beispiel trainieren bislang die Leichtathleten aus Marktheidenfeld in der Main-Spessart-Halle. "Wir wollen natürlich solidarisch sein und andere in dieser schwierigen Situation unterstützen", sagt Wagner. In der vereinseigenen TVM-Halle werde künftig mehr Schulsport als bisher stattfinden. Allerdings könne der TVM keine Hallenkapazitäten für andere Vereine anbieten. "Unsere Halle ist jeden Tag ab 16 Uhr belegt", berichtet Burkard Wagner.
In der Main-Spessart-Halle hatte am ersten Januar-Wochenende der SV Altfeld sein zweitägiges Hallenfußball-Turnier für Kinder und Jugendliche geplant, das nun dort nicht stattfinden kann. "Wir sind auf der Suche nach einer anderen Halle, in der wir zumindest einen Teil des Turniers stattfinden lassen können", macht SVA-Vorstandmitglied Michael Dressler klar, dass die Altfelder die seit vier Jahrzehnten stattfindende Traditionsveranstaltung nicht ausfallen lassen wollen.
Doch nicht nur wegen der Ankunft von Geflüchteten kommt es zur Schließung von Sportstätten im Landkreis. Noch bis zum kommenden Montag soll die Spessarttorhalle in Lohr, die in den vergangenen Jahren auch schon als Corona-Impfzentrum und Unterkunft für Geflüchtete fungierte, wegen einer seit mehreren Wochen andauernden Bodensanierung gesperrt sein.
"Stand jetzt können wir danach wieder rein", sagt Rainer Schöffel, Handball-Abteilungsleiter beim TSV Lohr, dessen Sportler und Sportlerinnen zuletzt anderswo trainieren und spielen mussten. Die meisten Teams trainierten und spielten im Lohrer Nägelseesportzentrum, die erste Mannschaft zog zu ihren Übungseinheiten in die Scherenberghalle nach Gemünden um.
"Unerträglicher Zustand"
Grundsätzlich empfindet Schöffel die Hallensituation im Landkreis als "unerträglichen Zustand". Er ergänzt: "Ich bin verwundert, dass man es nicht schafft, andere leerstehende Gebäude zu akquirieren." Zudem ärgert er sich darüber, dass es ehrenamtlich tätigen Menschen immer schwerer gemacht werde: "Wieso wird das Ehrenamt so mit Füßen getreten?", fragt er rhetorisch. Und verweist darauf, dass in Sportvereinen tätige Menschen schon während der Corona-Pandemie mit zahlreichen Einschränkungen zu kämpfen gehabt hätten.
Immerhin können sie in Lohr ihre Halle in der kommenden Woche wieder nutzen. Wann das in Karlstadt und Marktheidenfeld auch so sein wird, ist ungewiss. In Karlstadt könnte die Halle am längsten belegt sein. Denn: "Weil bereits eine hohe Anzahl geflüchteter Personen in Marktheidenfeld untergebracht ist und die Main-Spessart-Halle zum wiederholten Male genutzt wird, ist der Landkreis bestrebt, die Nutzungsdauer möglichst kurzzuhalten und die Main-Spessart-Halle – sobald die Lage dies zulässt – als Erstes wieder zu räumen", heißt es in der Mitteilung des Landratsamts.