Wie würde Unterfrankens Bevölkerung im Falle eines nuklearen Unfalls, im Falle eines kriegerischen Angriffs oder eines Katastrophenfalls gewarnt? Wie wäre sie geschützt?Über diese Fragen denken seit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine die Menschen auch hierzulande rein hypothetisch nach. Die Antworten darauf sind ernüchternd: Denn erstens ist das deutsche Gefahrenwarnsystem ziemlich löchrig. Und zweitens existieren keine öffentlichen, für den Zivilschutz ausgelegten Bunker mehr - auch nicht in Unterfranken. Das bestätigt Wolfgang Raps vom Amt für Zivilschutz bei der Regierung von Unterfranken.
Bis 1990 hatte Deutschland ein bundesweites, flächendeckendes Sirenenwarnnetz. 1960 durch den Bund aufgebaut und gefördert, gab es allein in Würzburg bis zum Jahr 1989 insgesamt 74 "Zivilschutz-Sirenen"; in den 80er Jahren kamen laut Information der Stadt Würzburg zwei Hochleistungssirenen auf dem Heuchelhof und in Versbach dazu. Laut Raps diente das Sirenenwarnsystem zwei Zwecken: einmal der Alarmierung der Feuerwehr und andererseits der Warnung der Bevölkerung. Dafür waren unterschiedliche Warntöne vorgesehen: ein 15 Sekunden langer, sich dreimal wiederholender Dauerton zur Alarmierung der Feuerwehr und ein einminütiger Heulton, der die Bevölkerung bei Gefahr warnen und sie zum Radiohören animieren sollte.
Grund für Sirenenabbau war "geänderte Bedrohungslage"
"Das war zu Zeiten des Kalten Krieges, als man die atomare Bedrohung ernst nahm und 35.000 russische Panzer oder gepanzerte Fahrzeuge an der Elbe standen", sagt Raps. "Weil man aber viel Geld sparen kann, wenn man keine Sirenen mehr warten muss", seien die Sirenen in den Neunzigerjahren weitgehend "abgebaut, verschenkt oder verscherbelt" worden. Die "veränderte sicherheitspolitische Lage nach Ende des Kalten Krieges" nannte die Bundesregierung 2008 der FDP auf eine Anfrage im Bundestag als Grund für den Abbau. Auch der Umstand, dass die Feuerwehren zunehmend auf andere Warnsysteme wie etwa Funkmelder zurückgreifen konnten, dürfte den Bund in den 90ern in seiner Überzeugung bestärkt haben, auf Sirenen verzichten zu können.
Anders als die Region Würzburg hat die Region Schweinfurt ihre Sirenen behalten
"Allerdings mussten die Gemeinden ihre Sirenen nicht abbauen. Sie konnten sich dafür entscheiden, sie zu behalten", sagt Raps. Das hat etwa der Markt Frickenhausen (Lkr. Würzburg) getan. "Wir haben auf dem Dach unseres Rathauses noch unsere Sirene", sagt Matthias Ganz, zweiter Bürgermeister und Feuerwehrkommandant. Dass Frickenhausen seine Sirene behalten hat, hat aber auch einen gefahrentechnischen Hintergrund: "Bei uns in der Nähe ist ein Flüssiggase-Abfüllwerk. Bei einem Störfall wären wir im Gefahrenradius", sagt Ganz. Einen Störfall habe es bisher noch nicht gegeben, dennoch "sehe ich es als Vorteil, dass wir die Sirene haben".
Auch die Stadt Schweinfurt hat, anders als etwa die Stadt Würzburg, ihr ausgedehntes Warnsystem und über 40 festinstallierte Sirenen behalten. Nach der Hochwasserkatastrophe 2021 im Ahrtal sah sich Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé darin bestätigt, weiter "auf diese klassische Warnmethode" zu setzen. Schon oft hätten Großschadensereignisse in den vergangenen Jahren gezeigt, dass Sirenen immer noch das beste Mittel seien, um die Bevölkerung effektiv zu warnen, sagte Remelé im vergangenen Jahr. Auch der Kreis Schweinfurt hat seine rund 200 Sirenen behalten. "Der Grund ist natürlich der, dass wir in der Alarmierungszone des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld lagen", sagt Holger Strunk vom Amt für Katastrophenschutz im Landratsamt Schweinfurt.
Nach Hochwasserkatastrophe im Ahrtal: Bund kündigt neues Sirenenprogramm an
Damit liegt die Region Schweinfurt sozusagen im Trend: Nach der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal, bei der Teile der Bevölkerung zu spät gewarnt wurden, hat der Bund angekündigt, bis 2023 für rund 88 Millionen Euro deutschlandweit Sirenen wieder instand zusetzen oder neu zu kaufen. Auch in Unterfranken wird in zahlreichen Gemeinden darüber diskutiert, ob Sirenen wieder angeschafft werden sollten.
Wie aber läuft in den Städten, die nicht mehr über Sirenen verfügen, die Warnung im Gefahren- oder Katastrophenfall? Hier ist seit 2011 das bundeseigene Modulare Warnsystem MoWas im Einsatz, das in jedem Bundesland über eine Station verfügt. Die Warnmeldungen werden über Satellit übertragen und als Meldungen an die Medien sowie an WarnApps wie etwa NINA übertragen.
Nicht nur die Sirenen hat der Bund nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und der damals als nicht-existent betrachteten Gefahr durch atomare, biologische oder chemische Angriffe abgeschafft. Auch sämtliche deutsche zivilen Bunker kamen auf den Prüfstand. 2007 entschied sich der Bund, diese aufzugeben - der Finanzen wegen. "Bunker sind ja unglaublich wartungsintensiv und kosten deshalb viel Geld", sagt Wolfgang Raps vom Amt für Zivilschutz. "Für funktionierende Atombunker braucht man riesige Filter, die radioaktive Teilchen filtern. Dafür braucht man eine Belüftungsanlage und diese Belüftungsanlage braucht Strom", erklärt Raps. Notwendig sei also ein Notstromaggregat und zum Betreiben "riesige Mengen Diesel".
Bunkerplätze hätten nur für drei Prozent der unterfränkischen Bevölkerung gereicht
Wegen der "geänderten Bedrohungslage" wurden in den Jahren nach 2007 in Stadt und Kreis Würzburg alle zivilen Bunker entwidmet. Zum Teil werden die alten Bunker als Parkgaragen genutzt: etwa in der Würzburger Juliuspromenade oder der Silcherstraße. Im Kreis Würzburg dient, nur als Beispiel, die ehemalige Zivilschutz-Mehrzweckanlage Kürnach heute als Kegelbahn und Schießstand.
Die Region Schweinfurt, die wegen ihrer kriegswichtigen Kugellagerproduktion im Zweiten Weltkrieg unter anderem mit 13 riesigen Hochbunkern ausgestattet war, hat heute zwar ein Bunkermuseum aufzuweisen - aber keine funktionierenden Zivilschutzbunker mehr. Zahlreiche kleinere Städte in Unterfranken wie Lohr oder Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart) besaßen laut dem Amt für Zivilschutz nie Bunker. Selbst als in Unterfranken noch Bunker gewartet und betrieben wurden, hätten sie nur einen kleinen Teil der Menschen geschützt. "Gerade mal rund drei Prozent der Bevölkerung hätten in diesen Bunkern Platz gefunden", sagt Raps.
Deshalb für mich auch absolut unverständlich warum der Landesweite Warntag vom 10. März abgesagt wurde, dieser fiel letztes Jahr auch schon aus.
Eigentlich müsste die Warnung der Bevölkerung quartalsweise geprobt werden.
Aber die zuständigen Stellen haben wohl wieder vor einer Blamage Angst.
man hätte im vorfeld auf allen verfügbaren kanälen darauf, und auf die bedeutung des sirenensignals hinweisen können, und was zu tun ist wenn die hupe läuft.
aber lieber verzichtet man auf die probealarmierung weil man ja niemanden verunsichern will...
Als diese Bunker geplant wurden gab es aber folgendes noch nicht https://www.welt.de/geschichte/article226167611/Golfkrieg-1991-Der-katastrophale-Bunker-Treffer-in-Bagdad.html