Die einen beschweren sich über das Schmuddelwetter im Mai. Für die anderen ist der Niederschlag zu dieser Jahreszeit einer von wenigen Hoffnungsschimmern der vergangenen 18 Jahre. Denn Grundwasser bleibt in Unterfranken eine knappe und wertvolle Ressource. Rechnet man einmal aus, wie viel Grundwasser sich seit dem Trockenjahr 2003 bis 2021 im Vergleich zum langjährigen Mittel nicht neu gebildet hat, kommt man zu einem erschreckenden Ergebnis: "Unterfranken fehlen heute mittlerweile mehr als 350 Liter neues Grundwasser pro Quadratmeter", sagt Dr. Jörg Neumann. "Diese Menge können einzelne nasse Monate nicht ausgleichen." Der Diplom-Hydrogeologe leitet am Bayerischen Landesamt für Umwelt das Referat Grundwassermonitoring.
Anlässlich des "Wasserforums Unterfranken 2021", das von der Regierung von Unterfranken in diesem Jahr digital organisiert wurde, warnte Neumann eindringlich vor den langfristigen Folgen der Wasserknappheit. Ohne nachhaltige Management-Strategien werde das immer kleiner werdende Wasserdargebot früher oder später zu Konflikten zwischen der öffentlichen Wasserversorgung, der Ökologie, der Landwirtschaft, der Industrie und der Schifffahrt führen, so der Experte im Interview.
Jörg Neumann: So schnell geht das leider nicht. Dazu muss man verstehen, wie Grundwasser entsteht: Das Wasser, das Pflanzen aufnehmen, das verdunstet und das an der Oberfläche abfließt, muss man in der Bilanz vom Niederschlag abziehen. Die Grundwasserneubildung ist der Rest, der tatsächlich im Untergrund ankommt.
Neumann: Die Grundwasser-Neubildung findet zu etwa zwei Dritteln im Winter statt, während das Pflanzenwachstum ruht. Daher ist der Niederschlag von Oktober bis April besonders wichtig für das Grundwasser. Im Sommerhalbjahr - wie jetzt im Mai - brauchen wir schon außergewöhnlich viel Regen, damit ein nennenswerter Teil des Niederschlags überhaupt im Grundwasser ankommt.
Neumann: Ja. In den Trockenregionen um Würzburg, Schweinfurt und Kitzingen sind die Niederschläge sehr viel niedriger als in anderen Regionen Bayerns. Davon kommen im Winter durchschnittlich nur rund zehn Prozent im Grundwasser an. In einzelnen Jahren findet mancherorts in Unterfranken nahezu keine Grundwasserneubildung statt. Zum Vergleich: Im bayernweiten Durchschnitt landet bis zu ein Viertel dessen, was über das ganze Jahr gesehen vom Himmel fällt, im Grundwasser.
Neumann: Das ist im Moment nicht absehbar. Auch wenn kein extremes Trockenjahr wie 2018 hinter uns liegt, fehlen uns aus dem Winterhalbjahr 2020/2021 erneut rund 30 Prozent Niederschlag. In den vergangenen 24 Monaten gab es in Unterfranken nur fünf Monate mit einem nennenswerten Niederschlagsüberschuss. Seit 2011 fiel fast jedes Jahr zu wenig Regen, gemessen am langjährigen Mittelwert. Allein für die letzten fünf Jahre ergibt sich für Unterfranken in der Summe ein Niederschlagsdefizit von elf Prozent. (Anm. der Redaktion: In der Klimaforschung werden eine mindestens 30-jährige Referenzperiode in der Vergangenheit gewählt und deren Mittelwerte berechnet, etwa bei Niederschlag und Grundwasserneubildung. Bezogen auf diesen Vergleichszeitraum - hier: 1971 bis 2000 - kann man Klimaveränderungen beobachten.)
Neumann: Wenn aus elf Prozent weniger Niederschlag aber 24 Prozent weniger neues Grundwasser entsteht, dann ist das schon erheblich. Ein Niederschlagsdefizit von zwölf Prozent wie im Jahr 2014, dem ein sehr trockener Winter vorausging, führte sogar zu einem Defizit bei der Grundwasserneubildung von 38 Prozent. Ein kleines Minus beim Niederschlag, vor allem während des Winterhalbjahres, führt damit zu einem sehr viel größeren Minus bei der Grundwasserneubildung.
Neumann: Auf ein richtig nasses Jahr warten wir seit 18 Jahren. Summieren wir die Niederschlagsdefizite von 2003 bis 2021, dann kommen wir zu folgendem Ergebnis: Unterfranken fehlen heute mittlerweile mehr als 350 Liter neues Grundwasser pro Quadratmeter! Diese Menge können einzelne nasse Monate nicht ausgleichen.
Neumann: In ganz Bayern beobachten wir an einer Vielzahl von Grundwasser-Messstellen in den vergangenen Jahren immer neue Niedrigstwerte. In einzelnen Monaten sinken die Pegelstände so tief wie noch nie zuvor. Anfang 2020 hatten wir an 85 Prozent aller bayerischen Messstellen im Niedrigwasserinformationsdienst sehr niedrige Wasserstände. Die öffentliche Wasserversorgung in Bayern ist aktuell grundsätzlich gesichert - nicht zuletzt durch die großen Fernwasserversorger und die Verbundleitungen innerhalb des Freistaats. Derzeit untersuchen wir, wie sich die weitere klimatische Entwicklung auf die zukünftige Versorgungssicherheit auswirkt.
Neumann: Wenn Niederschläge fehlen, hat das Auswirkungen auf den Bodenwasserhaushalt. Mit dem "Trockenheitsindex" zählen wir die Tage, an denen der Bodenwasserspeicher nur zu einem geringen Teil gefüllt ist. An diesen Tagen steht den Pflanzen zu wenig Wasser zur Verfügung. Im 30-jährigen Durchschnitt waren die Pflanzen bislang durchschnittlich 85 Tage pro Jahr im Trockenstress. Allein in den vergangenen fünf Jahren kamen 32 zusätzliche Tage pro Jahr hinzu. Die Pflanzen leiden heute also mehr als einen Monat länger im Jahr unter Wasserknappheit. Das hat Konsequenzen für die Landwirtschaft, den Wald und ganze Ökosysteme.
Neumann: Seit Ende der 1980er-Jahre beobachten wir stetig steigende Temperaturen. Je wärmer es ist, desto mehr Wasser verdunstet. Ebenso verzeichnen wir einen Rückgang der Quell-Schüttungen beispielsweise im Landkreis Main-Spessart. (Anmerkung der Redaktion: Die Quell-Schüttung gibt an, wie viele Liter pro Sekunde aus einer Quelle fließen.) Aufgrund des erhöhten Energieumsatzes in der Atmosphäre kommt es außerdem häufiger zu Starkniederschlägen, bei denen der Boden das viele Wasser auf einmal gar nicht aufnehmen kann und es somit oberflächlich abfließt.
Neumann: Das Dargebot an Wasser wird kleiner, gleichzeitig nehmen die Ansprüche zu. Wir müssen uns darauf einstellen, dass dies zu Konflikten führt: zwischen der öffentlichen Wasserversorgung, der Landwirtschaft, der Industrie, der Ökologie und der Schifffahrt. Wir brauchen dringend Management-Strategien, um mit dem stetig sinkenden Wasserdargebot wirtschaften zu können. Nur gemeinsam behalten wir die Lage im Griff.
https://www.maz-online.de/Brandenburg/Tesla-in-Gruenheide-Wasserverbrauch-liegt-bei-4-6-Millionen-Litern-am-Tag
Die ganze Brunnenbauerei ist sicherlich eine ungute Entwicklung und wird auch iwann begrenzt werden müssen. Wenn es soweit kommt, dass weiträumige Trinkwasserschutzgebiete eingerichtet werden müssen, wird das Jammern laut zu hören sein.
Wenn wir regional die Situation verbessern wollen werden wir nicht umhinkommen in für den "optimierten Ackerbau" leergeräumten Landstrichen wieder Feldrainen, Buschreihen (in Norden würde man "Knicks" sagen) und Feldgehölze sowie Zonen, in denen Wasser oberflächlich stehenbleiben kann, anzulegen. Es braucht dazu auch die Wahrnehmung, daß der Boden in seinem ackerbaulichen Bestand ebenfalls durch die zunehmende Trockenheit gefährdet ist.
Hier könnten Wasserwirtschaftsämter bestimmt helfen. Auch wäre die Flurbereinigung und deren Folgen ( Drainagebau, Flurgräben und die Begradigung jedes Rinnsales ) zu Hinterfragen .
Warum nicht? Viele Leute würden gern auf einen Campingplatz ziehen - die wären sicher begeistert von Trailerparks.
Warum werden denn Weinberge mit dem kostbaren Nass bewässert um letztendlich Alkohol zu gewinnen? Alkohol ist eine Droge die süchtig macht. Alkoholismus kostet uns alle Unsummen. Stopp mit dieser sinnlosen Wasserverschwendung!
Warum gehen unsere verantwortlichen nicht einfach mal her und verbieten im Sommer das Rasen wässern und Pools die mit 1000ten Litern Trinkwasser gefüllt werden?Der Poolboom im privaten Bereich ist erst am Anfang....
Es wäre ein kleiner Beitrag zum Wasser sparen!
Wie passt das dann zu der Forderung Steingärten müssen weg und grün muss her?
Man gibt einige Tausend €uro für einen grünen Garten aus und nach einem heißen Sommer sieht er ohne Wasser aus wie eine Wüste.
Man braucht sich nur die Bodenbeschaffenheit in Unterfranken anzusehen und schon merkt man das wir schon seit ewigen Probleme mit Grundwasser Gewinnung haben und nicht erst seit gestern. Hierzu braucht es keine Experten die mit Sommerlochgeschichten um die Ecke kommen