Leeres Portemonnaie? Bei vielen ist aktuell allein die Inflation Schuld daran, also die Teuerung. Die sogenannte Inflationsrate gibt an, wie sehr sich die Preise innerhalb eines bestimmten Zeitraums verändert haben. Verglichen wird dabei mit den Preisen im jeweiligen Vorjahresmonat oder Vorjahr. Im April 2022 lag die Inflation in Deutschland bei 7,4 Prozent, in Bayern bei 7,5 Prozent. Im Jahr 2021 hatte die Teuerungsrate insgesamt noch bei 3,1 Prozent gelegen.
Die Steigerungen machen sich schnell beim Endverbraucher und den Endverbraucherinnen bemerkbar: im Supermarkt oder an der Tankstelle, vor allem wenn sie so hoch sind wie aktuell. Beeinflusst wird die Inflationsrate durch Ereignisse wie die Corona-Pandemie oder den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und der dadurch gestiegenen Energiepreise. Auch die zu Jahresbeginn von 25 auf 30 Euro pro Tonne CO2 gestiegene CO2-Abgabe wirkt sich als Faktor auf die Kosten für Energie aus, erklärt das Statistische Bundesamt (Destatis).
Aber welche Auswirkungen spürt eine vierköpfige Familie, wenn die Inflationsrate so hoch ist? Um das besser verstehen zu können, folgt ein fiktives Beispiel.
Rechnung am Beispiel einer vierköpfigen Familie
Unsere Beispielfamilie Meier kommt aus Ochsenfurt (Lkr. Würzburg) und entspricht ungefähr einer deutschen Durchschnittsfamilie: Sie lebt in einem Mietshaus, Vater Mark (41) arbeitet in Würzburg als Controller in der Industrie, Mutter Sarah (39) ist in Teilzeit als medizinische Fachangestellte in einer Hausarzt-Praxis in Winterhausen tätig. Tochter Linda (9) besucht die dritte Klasse der Ochsenfurter Grundschule, Sohn Noah (3) geht in den Kindergarten. Vater Mark bringt seinen Sohn morgens vor der Arbeit zur Kita. Tochter Linda fährt mit dem Rad in die Schule - gemeinsam mit Mutter Sarah, die danach weiter zum Bahnhof fährt.
Zusammen haben die vier im Durchschnitt laut Statistischem Bundesamt private Konsumausgaben in Höhe von monatlich 3906 Euro. Dazu zählen Ausgaben für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren (637 Euro pro Monat), Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung (1279 Euro) und Verkehr (570 Euro).
Diese Werte entstammen den Laufenden Wirtschaftsrechnungen (LWR) aus 2020 des Statistischen Bundesamts, in der die Einnahmen und Ausgaben sowie die Konsumausgaben privater Haushalte aufgeführt werden und sollen im Beispiel als Basis zur Veranschaulichung dienen. Generell handelt es sich im Folgenden lediglich um Annäherungen, um die Wirkung der von der Bundesregierung geplanten Entlastungen darzustellen. Sie bilden nicht die tatsächlichen Kosten der Familie ab.
Die Frage ist: Welchen Einfluss hat die Teuerungsrate auf die Situation der Familie? Was bringen den Meiers die von der Bundesregierung beschlossenen Entlastungspakete, die die Folgen der gestiegenen Energiekosten abmildern sollen? Ob und wie sehr damit eine Familie entlastet werden kann, zeigen wir anhand der einzelnen Bereiche und dem Vergleich mit dem Jahr 2020.
1. Nahrungsmittel
Laut den Laufenden Wirtschaftsrechnungen (LWR) lagen die Ausgaben für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren bei einem Vier-Personen-Haushalt im Jahr 2020 im Durchschnitt bei 637 Euro. Tabakwaren sind in der Statistik auch bei Nahrungsmitteln und Getränken aufgeführt und zählen also auch hier mit hinein, wenn in der Familie jemand raucht.
Während die Gesamtinflation im April 2022 bei 7,4 Prozent lag, stieg die Teuerung für Nahrungsmittel sogar noch stärker. Private Haushalte mussten gegenüber dem Vorjahresmonat für Essen 8,6 Prozent mehr bezahlen. Besonders hoch fiel die Teuerung bei Speisefetten und Speiseölen aus: plus 27,3 Prozent. Allein zwischen März und April 2022 stiegen hier die Preise um 3,6 Prozent.
Familie Meier gibt durch die Preiserhöhung aktuell rund 692 Euro im Monat für Nahrungsmittel und Getränke aus - also im Durchschnitt 55 Euro mehr als vor zwei Jahren. Butter beispielsweise kostet in der günstigen Variante mittlerweile pro 250 Gramm 2,29 Euro. Markenprodukete liegen sogar bei bis zu 3,39 Euro. Aber auch der Milchpreis ist gestiegen und liegt derzeit bei 92 Cent für den Liter Vollmilch (fettarme Milch: 84 Cent/Liter; Demeter-Milch: 1,69 Euro/Liter).
Auch in der Gastronomie wirkt sich die Inflation aus, die Preise sind für viele Gerichte gestiegen. Aktuell zahlt man in Würzburg um die sechs Euro für einen Döner, es könnten aber noch bis zu 7,30 Euro werden. Und auch für die Kugel Eis in den Eisdielen müssen die Eltern und Kinder mehr ausgeben. In der Würzburger Innenstadt kostet eine Kugel zwischen 1,30 und 1,70 Euro, wie eine Recherche dieser Redaktion ergeben hat.
Entlastung: Für Familie Meier könnte sich der Kinderbonus von 100 Euro pro Kind, der voraussichtlich im Juli ausgezahlt wird, entlastend auswirken. Der einmalige Betrag soll mit dem Kindergeld automatisch ausgezahlt werden.
Fazit: Die 55 Euro, die die Familie im Durchschnitt mehr für Lebensmittel ausgeben muss, wird durch die 200 Euro Kinderbonus aufgefangen werden, den die Meiers für ihre zwei Kinder bekommen. Doch Vorsicht, dabei handelt es sich um eine einmalige Auszahlung. Die Mehrkosten fallen jeden Monat an.
2. Wohnen und Energie
Dass der Energiepreis der Treiber der Inflation ist, wird deutlich, wenn man die Inflationsrate ohne Energie betrachtet. Diese lag ohne Energie im April 2022 bei 4,3 Prozent Teuerung. Ohne die Berücksichtigung von Energie und Nahrungsmittel liegt sie sogar nur bei 3,8 Prozent - und ist damit laut Destatis nur etwa halb so hoch wie die Gesamtinflation.
Gedämpft wird die Gesamtteuerung aktuell durch die Nettokaltmieten, die sich nur um 1,6 Prozent erhöht haben.
Gegenüber dem Vormonat März sind die Energiepreise immerhin um 3,1 Prozent gesunken – die für Heizöl sogar um 20,3 Prozent und für Kraftstoffe um 5,7 Prozent.
Die monatlich bisher angefallenen 1279 Euro in diesem Bereich erhöhen sich bei der Gesamtinflation von 7,4 Prozent auf 1374 Euro und somit um 95 Euro monatlich.
Entlastung: Den Meiers kommt die geplante einmalige Energiepauschale in Höhe von 300 Euro für alle einkommenssteuerpflichtigen Erwerbstätigen zu Gute, die im September oder Oktober durch den jeweiligen Arbeitgeber ausgezahlt werden soll. Den Betrag bekommen beide, da Mark und Sarah beide einkommensteuerpflichtige Erwerbstätige sind. Wichtig zu wissen: Diese Entlastungsmaßnahme ist einkommensteuerpflichtig und landet somit nicht in voller Höhe auf dem eigenen Konto.
Fazit: Die Meiers sollten durch die Energiepauschale als Familie die Mehrkosten für einen Monat auffangen können, jedoch fallen die Kosten dauerhaft an, weshalb die einmalige Energiepauschale die Kosten nur für kurze Zeit ausgleichen wird.
3. Sprit und öffentlicher Nahverkehr
Vater Mark pendelt für seinen Job mit dem Auto 17 Kilometer von Ochsenfurt nach Würzburg – das entspricht ungefähr der Wegstrecke eines Durchschnittspendelnden in Deutschland (2021: 16,9 Kilometer). Sein Auto verbraucht auf 100 Kilometern 7,4 Liter, laut Umweltbundesamt ist das der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch von Pkw und Kombis im Jahr 2020. Bei im Schnitt 21 Arbeitstagen im Monat musste Mark im Jahr 2021 monatlich 80,42 Euro für Super-E10-Kraftstoff (Durchschnittspreis: 1,522 Euro) bezahlen. Im April 2022 lag der Durchschnittspreis für den Liter Super E10 laut ADAC bei 1,97 Euro. Mark Meier musste also 104,09 Euro für den Sprit zur Arbeit zahlen - eine Mehrbelastung von 23,67 Euro im Monat.
Mutter Sarah nutzt den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), um nach Winterhausen zur Arbeit zu kommen. Für ihr Abonnement zahlt sie im Monat laut Verkehrsunternehmens-Verbund Mainfranken (vvm) 52,80 Euro. Dieser Preis hat sich in den vergangenen Monaten nicht verändert.
Entlastung: Mutter Sarah profitiert zwischen Juni und August vom 9-Euro-Ticket. Für sie bedeutet das eine Einsparung von 43,80 Euro im Monat. Bei Vater Mark wirkt sich die Senkung der Energiesteuer für drei Monate zwischen Juni und August, der sogenannte Tankrabatt, und die damit einhergehende Einsparung von rund 35 Cent pro Liter Benzin wie folgt aus: Er zahlt statt der aktuellen 104,09 Euro nur 85,59 Euro im Monat - vorausgesetzt, dass der Tankrabatt komplett an die Endverbrauchenden weitergegeben wird, wie dies von der Bundesregierung beabsichtigt ist. Die hierdurch erzielte Einsparung zum aktuellen Kraftstoffpreis, den Mark aufwenden muss, liegt bei 18,50 Euro.
Außerdem hat die Bundesregierung beschlossen, dass die Entfernungspauschale für Fernpendler ab dem 21. Kilometer des einfachen Arbeitswegs von 35 auf 38 Cent steigt. Mark Meier nützt das nichts: Sein einfacher Arbeitsweg beträgt nur 17 Kilometer.
Fazit: Familie Meier kann durch das Entlastungspaket sogar Geld im Vergleich zum Vorjahr sparen – im konkreten Fall 38,63 Euro im Monat. Grund dafür ist aber ausschließlich, dass ein Familienmitglied den ÖPNV nutzt und vom 9-Euro-Ticket profitiert. Autofahrer Mark Meier hat trotz Tankrabatt eine Mehrbelastung von 5,17 Euro im Monat im Vergleich zum vergangenen Jahr. Der Unterschied bei Dieselfahrzeugen ist sogar noch höher: Hier liegt die Differenz am Ende nach Abzug der 17 Cent Rabat pro Liter Diesel immer noch bei 24,78 Euro im Monat für den Beispiel-Vater.
Positiv wirkt sich im Bereich Sprit und öffentlicher Nahverkehr aus, dass sowohl 9-Euro-Ticket als auch Spritpreissenkung Entlastungen für drei Monate (Juni bis August) sind. Beim Sprit sind die Kosten zusätzlich noch von der Menge abhängig.
Gesamtfazit: Entlastungspakete zeigen Wirkung - zumindest bedingt
Die Belastung von Familie Meier wird durch die Maßnahmen der Bundesregierung somit teilweise aufgefangen. Allerdings handelt es sich bei einem Teil um einmalige Unterstützungen - also eine Wirkung für begrenzte Zeit. Die Pauschalen sind schnell aufgebraucht, vor allem, weil die Preisentwicklung dynamisch ist und sich in den nächsten Monaten noch verändern kann. Durch die Entlastungspakete der Bundesregierung, in denen unter anderem Steuersenkungen (erhöhter Arbeitnehmerpauschbetrag auf 1200 Euro, angehobenen Grundfreibeitrag auf 10.347 Euro) rückwirkend zum 1. Januar 2022 beschlossen wurden, werden weniger Steuern vom Einkommen abgezogen, was sich ebenfalls entlastend auswirkt.
Das Monatsticket kostet Euro 117.30.
Wo kann ich das o.e. preiswerte Ticket erwerben?
Einnahmen und auch Ausgaben sind nicht unrealistisch. Da es ein Durchschnitt ist, sind fast alle Familien irgendwie darüber oder darunter.
Der erhöhte Pauschbetrag und die Anhebung des steuerfreien Grundfreibetrags wurden erwähnt, aber nicht konkret berücksichtigt. Die offizielle Inflationsrate kann für die Familie auch nur eine begrenzte Aussagekraft haben. Destatis bietet aus diesem Grund auch den individuellen Inflationsrechner an.
Mein Fazit ist eher eine Prognose:
Die ganzen Maßnahmen werden die Wohlstandsverluste nicht ausgleichen. Und manche Teuerungsfaktoren sind von der Politik selbst verursacht und werden jetzt von der Politik wiederum mit Subventionen gemildert. Und viele politische Maßnahmen gegen Russland verpuffen, während sie hier für Kollateralschäden, hohe Kosten und steigende Schulden sorgen.