Als Käthe vor einigen Jahren zum ersten Mal die gläserne Tür in der Maiergasse 2 öffnete, wusste sie nicht, was sie dahinter erwartet. Heute ist Käthe ein regelmäßiges Mitglied der offenen Gruppe, die organisiert, was im "Freiraum" passiert. Gemeinsam mit Dietmar, Annalena und Muffin musste sie sich aber in den vergangenen Wochen um den Abschied aus dem Raum in der Maiergasse 2 kümmern, der an diesem Ort sechs Jahre bestand.
Was ist eigentlich der "Freiraum"?
Für den Freiraum hätten sich die Gründer und Gründerinnen das "Luftschloss" zum Vorbild genommen, erklärt Ideengeber Dietmar, der wie die anderen seinen Nachnamen nicht veröffentlichen möchte. Das Luftschloss ist ein Umsonstladen in Würzburg, in dem alle Menschen kostenlos Kleidung und Dinge mitnehmen und spenden können.
Der Freiraum sollte eine Erweiterung dieses Konzepts sein, bei der nicht nur das Inventar, sondern auch der Raum selbst für alle Menschen umsonst zur Verfügung steht. "Wir hatten auch einen Umsonstladen, aber man durfte hier eben auch umsonst ein Konzert machen." Gleiches galt für Yogakurse, Vorträge, Kunstausstellungen oder Gruppen, die einfach nur einen Kaffee trinken oder etwas kochen wollten. Dafür bot der große Raum mit Küche genug Platz.
Besonders sei der Raum aber erst durch die buntgemischten Treffen geworden, so Dietmar. Sie ergaben sich zufällig und wie von selbst zu den Öffnungszeiten in dem Raum hinter den runden Schaufenstern, auf die jemand mit gelber und grüner Farbe das Wort Freiraum gemalt hatte. "Da saß eine stadtbekannte Flaschensammlerin neben einem Lehrer, neben einem Hippie und irgendjemand hat für alle gekocht", erinnert sich Dietmar. "Hier hat soziale Nähe stattgefunden." Am Ende sei es meist "eine gesunde Mischung" gewesen, erzählt Annalena, eine Mischung "aus Links und Öko und dann auch vielen Leuten, die sonst in einer Wärmestube oder so wären."
"Unser Ziel war es auf jeden Fall, alle einzuladen", betont Käthe. Doch Ende August, sechs Jahre, nachdem man mit dem Freiraum aus dem Inneren Graben in die Maiergasse gezogen war, fand das Team ein Schreiben der Vermieterin im Briefkasten. "Sie hat uns zwei Wochen gegeben, den Raum zu verlassen", erzählt Dietmar. Die fristlose Kündigung berufe sich darauf, dass die im Vertrag verankerte Staffelmiete nicht korrekt gezahlt wurde.
Nach sechs Jahren läuft die Zeit in der Maiergasse 2 ab
Das sei auch der Fall gewesen, bestätigt Dietmar. Man habe jedoch vor Vertragsabschluss offen kommuniziert, dass es unmöglich sei, die gestaffelten Mieterhöhungen zu bezahlen und mehr als den Grundbetrag von 855 Euro aufzubringen. Dieser Betrag würde die Grenzen des ausschließlich durch Spenden finanzierten Raums bereits aufs Äußerste ausreizen.
Vom Verhalten der Vermieterin sei man nach Vertragsabschluss überrascht gewesen. "Uns wurde bei Vertragsabschluss ein Gespräch zugesichert. Sie hat gesagt: Klar, da sprechen wir nochmal drüber", berichtet Käthe. Nach dem Vertragsabschluss seien jedoch alle Anfragen für eine Aussprache unbeantwortet geblieben. "Und wir haben dann sechs Jahre lang diese 855 Euro bezahlt." Die Vermieterin der Räumlichkeiten wollte sich auf Anfrage dieser Redaktion nicht dazu äußern.
Es habe sogar Überlegungen gegeben, sich aufgrund der mündlichen Vereinbarung rechtlich gegen die Kündigung zu wehren. Bei den vergangenen Treffen der Organisationsgruppe sei man jedoch zu dem Schluss gekommen, den Raum zu verlassen.
Die Suche nach einem neuen Raum läuft
Aktuell ist die Gruppe mit dem Auszug beschäftigt. Für die vielen gespendeten und geliehenen Instrumente, Klamotten und Möbel wollen die Macherinnen und Macher ein Zwischenlager finden – ein aufwändiges Unterfangen. Die geforderten zwei Wochen könne man nicht einhalten, eigentlich sei die Auszugsfrist Mitte September abgelaufen. "Das würde nicht zu uns passen: In einer Woche seid ihr raus und alles landet auf dem Müll", erklärt Käthe. Nun wollen sie bis Ende Oktober bleiben. Gleichzeitig läuft die Suche nach einem neuen Raum. Dazu wünscht sich das Freiraum-Team Hilfe, nicht nur von Privatpersonen.
"Jeder kennt den Freiraum. Die Stadt kennt den Freiraum und weiß auch was hier passiert. Ich fände es schön, wenn uns die Stadt einen kostenlosen Raum zur Verfügung stellt oder auch eine Privatperson. Ich halte das absolut nicht für unmöglich", sagt Käthe. Wie der aussehen soll, da ist das Orgateam offen – auch wenn eine Küche, ein Bad und ein möglichst barrierearmer Zugang von Vorteil seien. Mit Anregungen und Ideen könne man über die Website auf freiraumwuerzburg.wordpress.com melden.
"warum sollte irgendjemand so etwas finanzieren (und am Ende auch noch auf Kosten der Allgemeinheit)?"
Auf der anderen Seite kosten heutzutage Dinge Geld, die einmal "frei" waren. Ich hoffe nur, ich muss den Tag nicht mehr erleben, wo es nichts mehr gibt, was noch in Geldwert umgemünzt werden könnte...
Die Knappheit der Mittel wird wie immer zuerst im freiwilligen Sozialbereich sichtbar. Ich fürchte, wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung, die sich bisher in unserem reichen Land niemand vorstellen konnte.
Aufgrund der wie gewohnt unreflektierten Unterstützung der MP kann man aber wohl erwarten, dass die Gruppe um „Muffin“ tatsächlich Erfolg haben wird!