Zeitungsannoncen, Mietvertrag, Übergabeprotokoll, Mülltrennung. Wohnen ist kompliziert und der Weg zur eigenen Mietwohnung häufig schwer. Auf dem angespannten Würzburger Wohnungsmarkt reicht manchmal schon ein fremd klingender Nachname oder der Bezug von Sozialleistungen, um nicht einmal zur Wohnungsbesichtigung eingeladen zu werden. Die Vorbehalte auf der Vermieterseite scheinen groß zu sein. Ein Workshop und ein Handbuch, entwickelt von dem Würzburger Sozialreferat, der Caritas, Malteser und der Stadtbau Würzburg, sollen helfen.
Mohamed Dweidari ist einer der acht Teilnehmenden, die beim ersten Workshop zum Wohn-ABC dabei waren. Der 29-Jährige brach 2015 sein Jurastudium ab und floh aus Syrien nach Deutschland. Seit 2016 hat er eine eigene kleine Wohnung etwas außerhalb von Würzburg und arbeitet seit 2020 als Elektriker. An dem Workshop habe er teilgenommen, weil er eine größere Wohnung für sich und seine Verlobte suche, sagt er. Sie sei noch in Syrien und dürfe erst kommen, wenn er eine Wohnung habe, die groß genug sei.
Dweidari erinnert sich, wie überfordernd die Wohnungssuche für ihn damals war. Es gebe viele Formalitäten und Regeln, die von Land zu Land unterschiedlich seien, die man aber kennen müsse, wenn man eine Wohnung sucht.
Heizkosten, Nebenkosten, Kaltmiete
Genau darum geht es in dem achtstündigen Workshop. Den Teilnehmenden soll in dieser Zeit das nötige Wissen vermittelt werden, wie sie eine Wohnung in Würzburg finden, worauf sie bei der Besichtigung, Vertragsunterzeichnung und Kündigung achten müssen und wie korrekte Mülltrennung und angemessenes Heizen und Lüften aussieht.
Herzstück des Workshop ist das 71-seitige Handbuch in dem die Teilnehmenden während des Workshops Aufgaben lösen und das Gelernte später nachlesen können.
Da sind zum Beispiel die Kosten einer Wohnung aufgelistet. Heizkosten, Nebenkosten, Strom, Kaltmiete. Dazu kommen Rundfunkgebühr, Internet, Versicherungen. Die einzelnen Posten werden auf mehreren Seiten in Diagrammen und Beispielen erklärt. "Versicherungen sind wichtig, falls etwas passiert", steht da. "Das gesamte Heft ist in einfacher Sprache geschrieben", erklärt Christine Blum-Köhler, Integrationsbeauftragte der Stadt Würzburg im Sozialreferat, "das war uns wichtig, damit das Projekt möglichst barrierefrei ist".
Rechte, Pflichten und: Wer muss am Ende bezahlen?
Auf den nächsten Seiten geht es um die Formalitäten des Mietens. Wie sieht eine Mieterselbstauskunft, ein Mietvertrag, ein Wohnungsübergabeprotokoll aus? Was bedeuten Kleinreparaturen, Schönheitsreparaturen und Instandhaltung? Und, wichtig: Wer muss das bezahlen?
Diese Informationen seien wichtig, sagt Dweidari, weil viele Menschen nicht wüssten, welche Rechte sie haben und aus Sorge, ihre Wohnung wieder zu verlieren, nichts sagen würden. Gleichzeitig sei es aber auch hilfreich zu wissen, welche Pflichten man als Mieter habe: "Wenn ich nicht weiß, wie die Regeln sind, kann ich mich auch nicht richtig verhalten".
"Ob ich ein guter Mieter bin hat nichts mit meinem Namen zu tun"
Der Workshop endet mit einem Test bei dem das Gelernte abgefragt wird. Danach erhalten die Teilnehmenden ein "Wohn-Zertifikat", auf dem bestätigt wird, dass sie sich "intensiv" mit den aufgelisteten Themen beschäftigt haben. Das Zertifikat kann in Zukunft bei Vermietern vorgelegt werden.
Ob er sich über das Zertifikat freue? Ja und nein, sagt Dweidari. Er habe bei dem Workshop viel neues gelernt, aber es sei auch ein merkwürdiges Gefühl, ein Zertifikat zu brauchen, um Chancen auf eine Wohnung zu haben. Und das nur, weil mit seiner Herkunft oder seinem Namen Vorurteile verbunden seien. "Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meinen jetzigen Vermietern, ich feiere zusammen mit der Familie Weihnachten und bekomme Hilfe beim Reifenwechseln. Ob ich ein guter Mieter bin, hat nichts mit meinem Namen zu tun."
Heike Mix vom Sozialreferat der Stadt Würzburg weiß um die Vorurteile unter denen manche Personengruppen auf dem Würzburger Wohnungsmarkt zu leiden haben. Aber das ist ein anderer Kampf. Sie formuliert es so: "Das Wohn-ABC ist eine vertrauensbildende Maßnahme zwischen Wohnungssuchenden und Vermietern". Es gehe vor allem um einen wohlwollenden Umgang. Ziel sei es jetzt, neben der Stadtbau, die Würzburger Genossenschaften und weitere Vermieter für das Projekt zu gewinnen.
Dweidari hofft auf bessere Chancen
Bei der Stadtbau kann man das Wohn-Zertifikat bei der Bewerbung bereits hochladen. "Schön wäre es, wenn auch andere Vermieter das Zertifikat anerkennen und unsere Teilnehmenden so bessere Chancen auf eine Wohnung haben", so Mix.
Dweidari ist weiterhin auf der Suche nach einer Wohnung, die groß genug ist für ihn und seine Verlobte. Immerhin ein Telefonat hatte er schon mit einem Vermieter, der "sehr positiv" auf seine Teilnahme an dem Workshop reagiert habe. Vielleicht meldet sich dieses Mal jemand zurück.
Wer am Workshop teilnehmen möchte, kann sich bei Barbara Griesbach, Leiterin des Integrationsdienstes der Malteser unter barbara.griesbach@malteser.org oder Tel.: 0175 94 24 881 melden. Wer Interesse an dem Handbuch oder mehr über das Wohn-ABC erfahren möchte, kann sich an Heike Mix, Sozialreferat Würzburg unter glanzpunkt@stadt.wuerzburg.de oder Tel.: (0931) 372345 wenden.
Ja Wahnsinn, was soll man bitte noch alles vorlegen?
Viele der angesprochenen Dinge solle man auch mal Vermietern zur Hand geben. Glaube kaum, dass einige Vermieter glücklich sind wenn sie plötzlich auf mögliche Mieter mit Zertifikat treffen die sich "auskennen".
Das Grundproblem in Würzburg und vielen anderen Studentenstädten ist einfach, dass es wenig bezahlbaren Wohnraum gibt bzw. die Wohnungen sich in fester Hand befinden und eben abkassiert wird.
Wer heute eine vor zig Jahren günstig erworbene, längst abbezahlte Wohnung oder ein Haus in einer Stadt erbt ist der Millionär von morgen. Und so geht es immer mehr Leuten.
Personen denen dieses Glück nicht beschieden ist werden sich auch wg. der laufenden Kosten selbst kaum was eigenes leisten können.