Bundesweit fehlen Hebammen. Auch in Unterfranken macht sich der Mangel längst bemerkbar. Geburtsstationen schließen, werdende Mütter müssen oft weitere Wege zum nächsten Kreißsaal in Kauf nehmen. Gab es laut Deutschem Hebammenverband vor knapp 30 Jahren in der Bundesrepublik noch mehr als 1100 Kliniken mit Geburtshilfe – waren es 2017 nur noch 672. Die Folge: Übervolle Kreißsäle und überlastete Hebammen. "Die arbeitenden Kolleginnen reichen für die steigenden Geburtszahlen nicht aus", sagt Susanne Weyherter, 2. Vorsitzende des Bayerischen Hebammenverbandes.
Beispiel Schweinfurt. Dort zeigte sich der Notstand Ende vergangenen Jahres deutlich. Der Kreißsaal des St. Josef-Krankenhauses musste von Weihnachten bis zum 1. Januar schließen, aus Personalmangel. Katharina Henkelmann arbeitet dort seit 34 Jahren als Hebamme. Sie rechnet damit, dass sich der Engpass in Zukunft verschärft – nicht nur in Schweinfurt, sondern in allen Kliniken. Henkelmann sieht deshalb die Politik gefordert: Jede Hebamme sollte nach der Ausbildung verpflichtend einige Jahre im Kreißsaal absolvieren, um Erfahrungen zu sammeln. Heute würden junge Kolleginnen oft die Freiberuflichkeit einem Job in der Klinik vorziehen, sagt die 60-Jährige. Aber "eine Hebamme gehört in den Kreißsaal".
Anders sieht das Ute Hammerl. Auch sie hat im St. Josefs gearbeitet, einige Jahre den Kreißsaal geleitet und dann die Klinik gegen eine eigene Praxis in Bad Bocklet (Lkr. Bad Kissingen) getauscht. Für sie war es eine Entscheidung für die Familie, gegen "Überstunden ohne Ende" und die Arbeit mit "Minimalbesetzung".
In Bayern werden immer wieder Geburtshilfeabteilungen geschlossen
Den Trend zu Freiberuflichkeit bestätigt Susanne Weyherter vom Hebammenverband. Von den bayernweit geschätzt 3500 Hebammen seien "nur sehr wenige fest angestellt". Warum aber konzentrieren sich viele der freiberuflichen Hebammen auf die Vor- und Nachsorge und betreuen keine Geburten mehr? Für Weyherter liegt das zum einen an den schlechten Arbeitsbedingungen in den Kreißsälen. Zum anderen an der Angst vor dem "hohen Haftungsrisiko". Und: Durch kurze Liegezeiten in den Kliniken sei der Betreuungsbedarf vor und nach einer Geburt gestiegen, mehr Hebammen würden auch hier gebraucht.
- Lesen Sie auch: Traumberuf Hebamme – Alle meine Babys
Die aber gibt es anscheinend nicht. So hat das St. Josef-Krankenhaus schon lange vor der Kreißsaal-Schließung nach Geburtshelferinnen gesucht. Erfolglos.
Tatsächlich ist der Schweinfurter Notstand kein Einzelfall. Allein in den vergangenen vier Jahren mussten aufgrund von Personalmangel im Freistaat mindestens zehn Geburtshilfeabteilungen vorübergehend oder komplett geschlossen werden. Den hohen Anteil an freiberuflichen Hebammen sieht die bayerische Krankenhausgesellschaft in diesem Zusammenhang kritisch und fordert, Hebammen eine bestimmte Mindestanzahl an Geburten vorzuschreiben.
Geburten bedeuten wenig Erlös, aber hohe Kosten für Kliniken
In Unterfranken gibt es in den Landkreisen Main-Spessart und Bad Kissingen keine Geburtsstationen mehr. Gleichzeitig werden immer mehr Kinder geboren. In der Region melden für 2019 zahlreiche Kliniken einen Geburtenanstieg, vor allem die großen Häuser.
- Lesen Sie auch: Die Unterfranken setzen wieder mehr Kinder in die Welt
Diese Entwicklung wird aus Sicht von Professor Achim Wöckel, Leiter der Frauenklinik der Uniklinik Würzburg, weitergehen. Denn für kleine Krankenhäuser mit weniger als 500 bis 600 Geburten pro Jahr werde es zunehmend schwierig, die personellen und strukturellen Ressourcen für eine Geburtsstation vorzuhalten.
Eine Einschätzung, die Professor Michael Weigel, Chefarzt der Frauenklinik am Leopoldina-Krankenhaus Schweinfurt, teilt. Geburten brächten wenig Erlös, dafür seien die Kosten enorm, allein durch die hohe Haftpflicht. In den nächsten zehn Jahren, so seine Prognose, "wird es eine weitere Zentralisierung geben müssen, weil kleine Kliniken dem wirtschaftlichen Druck nicht standhalten können".
"Runder Tisch" in Nürnberg soll neues Aktionsprogramm beschließen
Wie also sieht die Versorgung werdender Mütter in Bayern künftig aus? Das Gesundheitsministerium versucht dem Hebammenmangel bereits seit einigen Jahren beizukommen – etwa mit einem Bonus oder einer Niederlassungsprämie. An diesem Mittwoch soll bei einem "Runden Tisch" in Nürnberg ein neues Aktionsprogramm beschlossen werden.
längere Arbeitszeiten, weniger Ferien, denn wenn der Beruf nicht so attraktiv wäre, gäbe es auch sicher keinen Arbeitskräftemangel oder wie war das?
(Vorsicht - Sarkasmus)