zurück
Würzburg/Gemünden/Schweinfurt
Sonne pur aber Freibad zu? Warum viele Schwimmbäder in Unterfranken im Sommer ihre Öffnungszeiten kürzen müssen
Freibadwetter - aber die Türen zu: Weil Bademeister fehlen, schränken einige Bäder in der Region ihr Angebot stark ein. Wieso Fachkräfte das Handtuch werfen.
Frühmorgens schwimmt hier keiner mehr: Das Würzburger Dallenbergbad bietet kein Frühschwimmen mehr an, weil Fachkräfte fehlen.
Foto: Silvia Gralla | Frühmorgens schwimmt hier keiner mehr: Das Würzburger Dallenbergbad bietet kein Frühschwimmen mehr an, weil Fachkräfte fehlen.
Corbinian Wildmeister
,  Jonas Keck
 und  Sebastian Strauß
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:11 Uhr

Nicht nur an Flughäfen, in Restaurants und Kliniken greift der Personalmangel um sich. Wer in diesem Sommer im Freibad seine Bahnen ziehen möchte, wird vielerorts feststellen: Das Bad hat seine Öffnungszeiten reduziert. Fachkräfte für Bäderbetriebe oder Rettungsschwimmer zu finden, ist nahezu unmöglich. Es fehlt an Nachwuchs und auch langjährige Schwimmmeisterinnen und Schwimmmeister hören auf.

Wie ein unterfränkischen Bademeister, der kürzlich seinen Job in einem städtischen Schwimmbad gekündigt hat und bald in einem ganz anderen Beruf arbeiten will. Dass viele Schwimmbäder große Probleme haben, Personal zu finden, hat ihm zufolge mehrere Ursachen. "Wir arbeiten, wenn andere Freizeit haben." Junge Leute wollten am Freitagmittag ihren Feierabend und am Wochenende auf Partys in Discos gehen. Für Bademeister im Sommer nicht so einfach möglich, weil man da abends lange arbeiten müsse.

"Wir arbeiten, wenn andere Freizeit haben."
Bademeister aus Unterfranken, der gerade gekündigt hat

Denn auch nachdem das Bad für die Gäste geschlossen hat, gibt es noch Arbeit. Bis alles aufgeräumt und für den kommenden Tag vorbereitet ist, könne es schon mal 22 Uhr werden, berichtet der Schwimmmeister. Auch mit einer Familie und Kindern ließen sich die Arbeitszeiten schlecht vereinbaren: "Du brauchst eine Frau oder eine Freundin, die da mitspielt."

Der Fachkräftemangel macht sich bei vielen Bädern in Unterfranken bemerkbar. Im Würzburger Dallenbergbad wird deshalb kein Frühschwimmen mehr angeboten: "Vor allem ausgebildete Schwimmmeister fehlen, aus Sicherheitsgründen können wir uns auch nicht mit Rettungsschwimmern aushelfen", sagt Susanna Blum von der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV).

Die Saisonkräfte fehlen - auch im Silvana in Schweinfurt

Das Sport- und Freizeitbad Silvana in Schweinfurt kann im Sommer nur das Freibad öffnen,  Hallenbad und der Saunabereich müssen geschlossen bleiben. Normalerweise stellen die Schweinfurter Stadtwerke für den Sommer Saisonkräfte ein. "Viele davon waren Skilehrer im Winter und Badeaufsicht im Sommer", sagte Oberbürgermeister Sebastian Remelé zu Beginn der Saison. Während der Corona-Pandemie habe sich inzwischen ein großer Teil dieser Kräfte umorientiert. 

Auch im Geisbergbad in Veitshöchheim (Lkr. Würzburg) und im Main-Spessart-Bad in Lohr musste man in dieser Saison die Öffnungszeiten kürzen. Frühschwimmen und Langbadetage können nicht mehr angeboten werden, weil es an Rettungsschwimmern fehlt, sagt Veitshöchheims Bürgermeister Jürgen Götz. Neben zwei hauptberuflichen Schwimmmeister setzt die Gemeinde auf 450-Euro-Kräfte als Aushilfen.

Doch die Resonanz auf Ausschreibungen "hält sich in Grenzen", so Götz. Man habe seit vielen Jahren den gleichen "Stamm" an Rettungsschwimmern, die zur Verfügung stehen. "Aber wenn jemand geht, wird es schwierig, Nachwuchs zu finden", sagt der Bürgermeister. Das sei auch darauf zurückzuführen, dass die Schwimmfähigkeit in der Bevölkerung insgesamt abnehme.

Vorsitzender des Landesverbands fordert "guten Lohn und mehr Anerkennung"

Wie kann man den Beruf attraktiver gestalten? Fragt man Ralf Großmann, Vorsitzender des bayerischen Landesverbands für Schwimmmeister, ist die Antwort eindeutig: "Mal ein Wochenende frei, guten Lohn und mehr Anerkennung", wünscht er sich und seinen Berufsgenossen. In erster Linie sei es die Arbeit am Wochenende und die schlechte Vereinbarkeit mit dem Privatleben, die bei vielen Kolleginnen und Kollegen für Verdruss sorge. Im Sommer habe er kein freies Wochenende, sagt Großmann: "Wenn meine Frau und ich uns sehen möchten, muss sie auf einen Kaffee im Schwimmbad vorbeikommen."

Vielerorts werden händeringend Bademeister gesucht, viele Freibäder können wegen Personalmangels nicht öffnen - zumindest nicht zu den üblichen langen Zeiten (Symbolbild).
Foto: Philipp Schulze, dpa  | Vielerorts werden händeringend Bademeister gesucht, viele Freibäder können wegen Personalmangels nicht öffnen - zumindest nicht zu den üblichen langen Zeiten (Symbolbild).

Seit 30 Jahren arbeitet der Schwimmeister aus dem schwäbischen Meitingen in Bädern: "Ich lebe und liebe meinen Job." Angesichts der Bedingungen habe er aber Verständnis dafür, dass mancher dem Schwimmbad den Rücken kehrt oder den Beruf erst gar nicht in Erwägung zieht. Dem Vorsitzenden des Landesverbandes zufolge brechen zwei Drittel der Auszubildenden die Lehre ab. In Bayern kommen deshalb nur etwa 50 Fachangestellte für Bäderbetriebe pro Jahr neu auf den Arbeitsmarkt, sagt Großmann. "Viel zu wenig – aber immerhin können sie sich aussuchen, wo sie arbeiten wollen."

Dem Bundesverband Deutscher Schwimmmeister zufolge verdient ein Fachangestellter für Bäderbetriebe mit zehn Jahren Berufserfahrung knapp unter 3000 Euro brutto, wenn er nach Tarif bezahlt wird.

Der unterfränkische Bademeister, der nun seinen Dienst am Beckenrand quittiert und anonym bleiben möchte, sagt: "In der Fabrik verdient man in 35 Stunden mehr Geld als bei uns." Dort hätten Angestellte auch nicht so viel Verantwortung wie Schwimmmeister: "Du bist das Mädchen für alles. Und vor allem musst du gucken, dass niemand ertrinkt. Sonst stehst du mit einem Bein im Knast."

Azubi Daniel Herbert: Warum der Gemündener Schwimmmeister werden will

Doch es gibt auch gute Gründe, im Schwimmbad arbeiten zu wollen. Einer, der sich vor noch nicht allzu langer Zeit für den Beruf des Bademeisters entschieden hat, ist Daniel Herbert aus Gemünden (Lkr. Main-Spessart). Der 18-Jährige ist gerade im zweiten Jahr seiner Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe. Er habe nach einem Beruf gesucht, in dem er anderen helfen könne, sagt Herbert. Beim Kanutraining seien mal Kinder, die noch nicht Schwimmen konnten, ins Wasser gefallen. Herbert eilte zur Rettung: "Da musste jemand reinspringen und nach dem Rechten sehen." In so eine Richtung wollte er gerne auch beruflich gehen.

In der Mittelschule machte der Gemündener zuerst ein Praktikum bei einer Schreinerei. "Das hat mir überhaupt nicht gefallen." Anders ging es ihm mit der Arbeit im Gemündener Freibad. Als regelmäßiger Badegast seit Kindertagen kam er öfter mit den Schwimmmeistern dort ins Gespräch. Sie bestärkten ihn, sich um die Ausbildung zu bewerben. 

Eine motivierte Badeaufsicht: Daniel Herbert aus Gemünden ist Auszubildender zum Fachangestellten für Bäderbetriebe im zweiten Lehrjahr. 
Foto: Corbinian Wildmeister | Eine motivierte Badeaufsicht: Daniel Herbert aus Gemünden ist Auszubildender zum Fachangestellten für Bäderbetriebe im zweiten Lehrjahr. 

Er möge "das Abwechslungsreiche" an dem Job, sagt der Azubi. Langweilig sei seine Arbeit jedenfalls nicht, er gucke auch nicht bloß anderen beim Schwimmen zu. "Es steckt richtig viel dahinter." So ist er nicht nur als Badeaufsicht und möglicher Lebensretter im Einsatz, sondern auch als Techniker oder Gärtner. Außerdem sei der richtige Umgang mit den Badegästen extrem wichtig, gerade bei Jugendlichen. "Wenn einer jeden anschreit, dann machen die noch mehr Chaos, um den Bademeister zu ärgern", sagt Daniel Herbert. "Es kommt immer darauf an, wie du selbst rüberkommst."

Für den 18-Jährigen ein weiterer Vorteil seines Berufs: "immer an der frischen Luft" zu sein und nicht im Büro festzustecken, "wo man Rückenschmerzen vom Sitzen bekommt". Und die Arbeitszeiten? "Mir wurde immer gesagt: Die Arbeitszeiten sind anders als normal." Probieren wollte er es trotzdem, bis jetzt komme er damit klar: "Ich habe genug Zeit, dass ich noch was unternehmen kann." Allerdings ende für ihn als Azubi und "Verstärkung" für die beiden festangestellten Kräfte in Gemünden die Schicht auch schon, bevor das Schwimmbad schließt.

Anzeige für den Anbieter Google Maps über den Consent-Anbieter verweigert
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Schweinfurt
Lohr
Veitshöchheim
Gemünden
Corbinian Wildmeister
Jonas Keck
Sebastian Strauß
Auszubildende
Fachkräftemangel
Jürgen Götz
Mittelschule Höchberg
Mädchen
Sebastian Remelé
Silvana
Sommer
Stadtwerke Würzburg
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Veraltete Benutzerkennung
    Leider steht Ihnen die Kommentarfunktion auf mainpost.de nicht zur Verfügung. Deshalb werden wir Ihren Kommentar nicht veröffentlichen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Auf eigenen Wunsch gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • B. F.
    was hat Ihr Kommentar, mit dem Beruf eines Bademeisters zu tun?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • T. L.
    @Barbara
    Ich glaube, wer den Kommentar verstehen WILL, kann ihn auch verstehen:
    Mit "Handwerkslehre" hatte meefisch wohl jeden nicht-akademischen Beruf gemeint, also auch den des Bademeisters...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • U. S.
    In den Sommermonaten als Bademeister malochen und im Winter dann Überstunden zwangsweise abbauen, das kann’s halt auch nicht sein. Weil es nicht in allen Gemeinden die Möglichkeit gibt, dass man von Freibad ins Hallenbad wechselt.
    Wenn die Schwimmbäder erst um 12 Uhr öffnen, hat das auch Konsequenzen für den Schwimmsport der Schulen. Der fällt nämlich aus und das, obwohl immer mehr Kinder nicht schwimmen können. Was geht da bitte falsch?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. A.
    Bedanken darf man sich bei der Industrie, die es nie verstehen wollte, ihre ach so wichtigen Gewerkschaften einzuschränken. Hier begann das ganze Dilemma, welches das Handwerk als erstes auszubaden hatte. Jetzt kommt der „Rest“ halt auch hinterher und jeder Schüler mit Abschluss bekommt schon mit, dass es kein Leistungsprinzip mehr gibt. Es wird jedem einfach zu viel hinterher geworfen. Das beginnt beim Verständnis und endet damit, dass das Amt bei Bedarf alles zu locker bezahlt…
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • U. A.
    Solange die Lohnersatz-Leistungen bzw. Sozial-Leistungen in Deutschland so hoch sind, dass es sich für niedrieg(st)/ nicht qualifizierte Leute nicht lohnt sich Arbeit zu suchen wird es immer schlimmer werden.

    Immer mehr Lohn und Freizeit für immer weniger Arbeit hat schon im Kommunismus früher nicht funktioniert.

    Wenn dann auch noch die armen Tagelöhner aus Osteuropa wegbleiben wird ganz zappenduster.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Auf eigenen Wunsch gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • S. K.
    vielleicht sollte man einen Studiengang "Bachelor of Bademeister" einführen...
    scheinbar sind Berufe ja nur noch was wert wenn man studiert hat😶
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. A.
    Mein Gott, wenn jeder so denken würde würde Deutschland still stehen. In etlichen berufen muss auch auch am Wochenende bzw. rund um die Uhr gearbeitet werden, ganz egal bei welcher Temperatur und Tageszeit. Wenn die Pandemie eines gezeigt hat, dann das viele eigentlich nichts arbeiten wollen aber trotzdem alles wollen und noch mehr. Vielleicht denken die Herren und Damen Bademeister-innen einfach mal daran wenn sie das nächste mal einen Arzt brauchen, zum Einkaufen gehen oder im Club feiern gehen etc., denn auch zum feiern müssen Leute arbeiten damit überhaupt gefeiert werden kann.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. B.
    Is schon was dran, aber…
    wenn es für das normale Leben kaum mehr reicht und man trotzdem Spätabends/Wochenende arbeiten muss, wird der Arbeitsplatz so unattraktiv, dass man wechselt.
    Und derzeit werden überall Leute gesucht.
    Der Job muss einfach besser bezahlt werden.
    Klar, das würde wieder die Eintrittspreise verteuern, aber anders geht es nicht.
    Die Wertigkeiten verschieben sich!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. B.
    Is schon was dran, aber…
    wenn es für das normale Leben kaum mehr reicht und man trotzdem Spätabends/Wochenende arbeiten muss, wird der Arbeitsplatz so unattraktiv, dass man wechselt.
    Und derzeit werden überall Leute gesucht.
    Der Job muss einfach besser bezahlt werden.
    Klar, das würde wieder die Eintrittspreise verteuern, aber anders geht es nicht.
    Die Wertigkeiten verschieben sich!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten