Still und leise und ohne weitere Diskussion wurde im Hauptausschuss vergangene Woche das Thema "Überarbeitung des Konzepts Dallenbergbad" abgehandelt und mit 13:3 Stimmen beschlossen, dass der Antrag der Linken-Stadträtin Barbara Meyer - wie in der Vorlage empfohlen - nicht weiterverfolgt wird.
Neben dem Unmut über die Öffnungszeiten, den Wegfall des Frühschwimmens und die Kosten für Kleinkinder hatte sich Meyer auch über die Streichung des Rabatts für Menschen mit Behinderung geärgert. In den vergangenen Wochen hatte diese Redaktion mehrfach zum Thema berichtet und mit vielen Menschen mit und ohne Behinderung gesprochen, für die die Entscheidung der WVV, die seit vielen Jahren bestehende Ermäßigung für Menschen mit Beeinträchtigungen im Dallenbergbad zu streichen, nicht tragbar ist.
Verwiesen wurde in der Vorlage zum Beschluss auf ein Schreiben der WVV-Tochter, in der die Geschäftsführung der Würzburger Bäder GmbH (WBG) Stellung nahm und ausführte, wie sich der derzeitige Personalmangel auswirke, durch den man gezwungen sei, "die Öffnungszeiten einzuschränken".
Für nächste Saison Fitnessbereich in Planung
Weiter hieß es, dass der Wegfall der Ermäßigungen für verschiedene Besuchergruppen indes eine bereits länger geplante Maßnahme gewesen sei, "welche zur Harmonisierung der Preisstruktur in den durch uns betriebenen Bädern beiträgt". Diese sei jedoch während der Corona-Pandemie zurückgestellt und erst mit Beginn dieser Freibadsaison umgesetzt worden. "Eine Ungleichbehandlung der Gäste in den einzelnen Einrichtungen ist für uns nicht nachvollziehbar gewesen. Des Weiteren ist eine große Anzahl von Ermäßigungen in einem durch Automaten unterstützten Betrieb nicht umsetzbar", so das Statement der WVV-Geschäftsführung.
Um das Dallenberg attraktiver zu machen, sei im vergangenen Jahr ein neuer Spielplatz errichtet worden, ein Sonnenschutz für das Kleinkinderbecken sei in Planung sowie für die nächste Saison ein Fitnessbereich.
Für Stadträtin Barbara Meyer ist das Thema längst nicht erledigt
Für Stadträtin Barbara Meyer ist das Thema längst nicht erledigt. So wolle sie die Diskussion nochmals in die nächste Stadtratssitzung an diesem Donnerstag, 7. Juli, einbringen. In einem Telefongespräch mit dieser Redaktion sagte sie, dass sich die Attraktivität des Bades nicht über den Preis regeln lasse, sondern nur über das Angebot. Sie sei in der letzten Zeit immer wieder von Privatleuten auf die Änderungen im Würzburger Dallenbergbad angesprochen worden. "Momentan wird mehr darüber diskutiert als über das Stadttheater."
Den Wegfall der Ermäßigungen für verschiedene Besuchergruppen, also Rentner und Menschen mit Behinderung, mit der Harmonisierung der Preisstruktur in den - durch die Bäder GmbH betriebenen - Bädern zu begründen, sei "regelrecht ein Affront". Gerade umgekehrt müsste es laufen, "alle Bäder müssten mit Rentner- und Behinderten-Ermäßigungen auf eine Linie gebracht werden". Das bloße Grundangebot des Schwimmens könne sehr viel Prävention und Hilfe für viele Menschen bedeuten. "Hier nun mit dem Erstellen eines Fitnessbereiches zu werben, erscheint mir als Hohn für die BürgerInnen. Dieser nützt den Menschen, die sich den Eintritt nur schwer leisten können, wenig", so Meyer.
Auch im Aufsichtsrat der Würzburger Bäder GmbH rumpelt es. Wie Christiane Kerner, Stadträtin (ÖDP) und Mitglied im Aufsichtsrat, im Gespräch der Redaktion mitteilte, sei die Verwunderung über die Maßnahme der WVV-Geschäftsführung dort weiterhin groß. Dem Behindertenbeirat brachte Kerner die Nachricht aus der letzten Aufsichtsrats-Sitzung, dass die Beschlüsse rein rechtlich von der Geschäftsführung möglich waren und das Gremium hierbei wohl kein Stimmrecht habe. Trotzdem, so Kerner, sei sich der Aufsichtsrat einig: "Wir können das nicht auf sich beruhen lassen und gehen der Sache nach, ob wir Bewegung reinbekommen." Aufgabe des Aufsichtsrates sei ja die Kontrolle von Entscheidungen, "aber Kontrolle braucht auch Zeit", fügte sie an.
Kerner bestätigte, dass "bevor Corona kam und der Ukraine-Krieg begann", eine sogenannte "Harmonisierung der Preise" beschlossen worden war. Aber: Man könne die Zeit heute nicht außer Acht lassen und "manchmal muss man seine Entscheidungen überdenken". Die Stadträtin selbst habe über Streichung des Behindertenrabatts aus der Presse erfahren und sei sehr überrascht gewesen.
In ihrer Funktion als wie sie sagt "sozial engagierte Stadträtin" erklärt sie: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass im Würzburger Stadtrat ein Mitglied sitzt, das nicht für den Rabatt ist, auch wenn die Entscheidung dagegen eine wirtschaftliche ist".
Offizielle Stellungnahme des Behindertenbeirats
Auch vom Behindertenbeirat gibt es inzwischen eine offizielle Stellungnahme. Darin heißt es unter anderem, "dass eine für Menschen mit und ohne Behinderung gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft nur möglich ist, wenn für alle die gleichen Voraussetzungen herrschen". Laut Julian Wendel, Vorsitzender des Behindertenbeirats Würzburg, bezieht sich dies auf bauliche Kriterien, soziale Kriterien oder auch finanzielle Kriterien. Wenn gleiche Voraussetzungen nicht gegeben sind, müssten Kompensationsmaßnahmen als eine Art Nachteilsausgleich dienen. "In unseren Augen stellt eine Ermäßigung für Badegäste mit Schwerbehinderung solch eine unbedingt notwendige Kompensationsmaßnahme dar."
Denn, so führt Wendel aus, sei ein großer Teil der Menschen mit Schwerbehinderung auf dem zweiten oder dritten Arbeitsmarkt beschäftigt oder empfange Grundsicherung. Aufgrund des geringen Verdienstes (circa 150 Euro pro Monat für Beschäftigte der Werkstätten), "können es sich diese Menschen selten bis gar nicht leisten, gesellschaftlichen Aktivitäten nachzugehen".
Behindertenbeirat lässt keine wirtschaftliche Begründung gelten
Eine wirtschaftliche Begründung für die Streichung der Ermäßigungen erschließt sich dem Behindertenbeirat nicht, führt Wendel weiter aus. "Eventuelle finanzielle Deckungslücken sollten bei einem öffentlichen Schwimmbad, das nicht nur eine Freizeit-, sondern auch eine Gesundheitseinrichtung darstellt, durch die öffentliche Hand getragen werden." Alternativ sollten von Seiten der Leitung Möglichkeiten gefunden werden, die Kosten zu decken, "ohne diejenigen mit ohnehin geringem Einkommen weiter zu belasten oder gar auszuschließen".
Leider, so der Vorsitzende des Behindertenbeirats, sei die Gesellschaft noch zu weit entfernt davon, für alle Menschen gleiche Voraussetzungen zu schaffen, so dass kein Nachteilsausgleich mehr nötig wäre. Fazit: "Deshalb ist eine Ermäßigung für Gäste mit Schwerbehinderung im Dallenbergbad unbedingt notwendig." Nur so lasse sich die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung erreichen.
Dass der Stadtrat Bäder nicht als Gesundheitseinrichtung für seine Bürger ansieht beweist sich am Beispiel Sandermare, das seit Monaten für die Öffentlichkeit geschlossen ist.
Natürlich halte ich es nicht für gerechtfertigt, dass es für die Arbeit in einer WfbM nur eine Vergütung von ca. 150 € gibt.
Hartz 4-Satz oder Grundsicherung sind ebenfalls zu wenig.
Vielleicht sollten Sie mal die Augen öffnen und sich in den entsprechenden Personengruppen umsehen. Das ist oft kein Leben sondern überleben. Vergünstigungen zu streichen ist daher eine Schande!
Daher machen unterschiedliche Eintrittsgelder keinerlei Sinn. Im Supermarkt gibt es ja auch keine unterschiedlichen Preise für die Lebensmittel abhängig von den Einkommen der Kunden.
Ansonsten kann ich mir nur wundern, dass die Mainpost immer wieder derart persönliche Attacken von Leuten veröffentlicht, die keine Argumente haben aber in einer Weise im Forum gegenüber ihnen unbekannten Menschen die Fresse aufreißen, wie sie es in der persönlichen Begegnung nie wagen würden.
Der Stadtrat braucht Ihre "Unterstützung" sicher nicht.