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Würzburg
Samstagsbrief: Lieber Mark Rohde, willkommen in Würzburg auf der Dauerbaustelle Mainfranken Theater!
Der neue Generalmusikdirektor kommt in Würzburg an ein Haus, das in mehrfacher Hinsicht mitten im Umbau steckt. Es gibt trotzdem Grund zur Vorfreude, meint unser Autor.
Kandidat Mark Rohde bei seinem Moderationskonzert in diesem Oktober. Ab der Saison 2025/2026 ist er neuer Generalmusikdirektor am Mainfranken Theater Würzburg.
Foto: Thomas Obermeier | Kandidat Mark Rohde bei seinem Moderationskonzert in diesem Oktober. Ab der Saison 2025/2026 ist er neuer Generalmusikdirektor am Mainfranken Theater Würzburg.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 24.12.2024 02:36 Uhr

Lieber Herr Rohde,

erst einmal herzlichen Glückwunsch! Ab der Saison 2025/2026 sind Sie der neue Generalmusikdirektor des Philharmonischen Orchesters Würzburg. Sie haben sich in einem langen und intensiven Bewerbungsverfahren und einem "großen Bewerberfeld durchgesetzt", wie die Stadt Würzburg bekannt gegeben hat.

Sie finden hier in Würzburg ein Haus vor, das sich gleich in mehrfacher Hinsicht im Umbau befindet. Da sind zum einen die immer neuen Bauverzögerungen beim Theatergebäude in der Innenstadt und zum anderen waren da zuletzt die immer neu aufflammenden Diskussionen um den Intendanten. Willkommen also auf der Dauerbaustelle Mainfranken Theater!

Die "Baustelle Intendanz", wenn man sie denn so nennen will, wird Sie wohl nur noch zu Beginn Ihrer Amtszeit begleiten. Einen Tag nach Ihrer offiziellen Vorstellung im Rathaus in dieser Woche haben sich die Stadt und Intendant Markus Trabusch getrennt. Die Baustelle Theater allerdings wird Ihnen noch fünf Jahre erhalten bleiben - im besten Fall. 

Das heißt: Sinfoniekonzerte finden wie gehabt im großen Saal der Musikhochschule statt, Musiktheater allerdings in der Theaterfabrik Blaue Halle. Heißt auch: Richtig große Oper ist dort eher schwierig. Wagner zum Beispiel ist komplett unmöglich, will man ob der Lautstärke nicht das Gehör von Musizierenden und Publikum gefährden.

Trotz aller Schwierigkeiten fehlt es nicht an Engagement und Hingabe in diesem Haus

Und von Konzerten im neuen Kleinen Haus in der Stadt würde ich abraten. Sie haben es bei Ihrem Moderationskonzert in der letzten Runde des Bewerbungsverfahrens im Oktober vermutlich selbst gemerkt: Der Saal ist für Sprechtheater konzipiert und funktioniert dafür auch hervorragend. Musik aber unterstützt er nur sehr widerwillig bis gar nicht.

Umso bewundernswerter, wie sehr sich die Philharmoniker damals ins Zeug legten, um Sie und Johannes Zahn, die beiden Finalisten, am Dirigentenpult nicht hängenzulassen.

Wie viel Musiker, wie viel General, wie viel Direktor wird der neue Generalmusikrirektor  in Stellung bringen? Mark Rohde beim Moderationskonzert im Oktober.
Foto: Thomas Obermeier | Wie viel Musiker, wie viel General, wie viel Direktor wird der neue Generalmusikrirektor  in Stellung bringen? Mark Rohde beim Moderationskonzert im Oktober.

Und das bringt mich - endlich - zum Positiven: Sie finden eben auch ein Haus vor, dessen Angehörige immer wieder das Beste aus der schwierigen Situation machen. Oder besser: aus den schwierigen Situationen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich immer wieder auf widrige Umstände aller Art einstellen und tolle Arbeit abliefern. Für die Selbstachtung, für die Kolleginnen und Kollegen. Vor allem aber für das Würzburger Publikum.

So waren und sind in der Blauen Halle immer wieder Produktionen zu erleben, die manchmal fast vergessen lassen, dass es sich um eine Behelfsspielstätte im Gewerbegebiet am Stadtrand handelt. Immer wieder gelingen hier mitreißende, bewegende oder unterhaltsame Theatererlebnisse. Und das vor allem deshalb, weil alle Beteiligten alles daransetzen, jeden Abend zu einem besonderen Abend zu machen. 

Lieber Herr Rohde, das kann und soll Sie optimistisch stimmen, wenn Sie sich auf Ihre neue Wirkungsstätte vorbereiten. Denn an Engagement und Hingabe fehlt es in diesem Haus nicht. Und dieses Haus wiederum dürfte sehr gespannt sein, wie Sie Ihre Rolle als Generalmusikdirektor definieren werden. In der Ausschreibung für die neue Intendanz und Trabusch-Nachfolge ist, im Verhältnis zu den anderen Spartenleitungen, immerhin von einer "herausgehobenen Stellung der Generalmusikdirektion für die Konzertsparte und deren Mitverantwortung für das Musiktheater" die Rede.

Schon ab dem Frühjahr könnte eine Zusammenarbeit mit der neuen Intendanz möglich sein

Ulrich Konrad, der prominente Würzburger Musikforscher, hat den - sehr deutschen - Titel des Generalmusikdirektors einmal so umschrieben: Es sei, als habe man der Windsbraut unter den Künsten, der Musik, zwei Wächter an die Seite gestellt. Links einen General, rechts einen Direktor. Als wolle man sie einhegen, weil sonst Anarchie drohe.

Wie viel General und wie viel Direktor werden Sie also in Stellung bringen, um die Windsbraut Musik einzuhegen? Vielleicht weder noch? Vielleicht braucht es den General und den Direktor ja nur, um einen einigermaßen geregelten künstlerischen Betrieb in einem Umfeld zu gewährleisten, das dank eingangs beschriebener Umstände möglicherweise ganz von allein immer wieder am Rande der Anarchie entlangschrammt?

Im kommenden Frühjahr, so die Hoffnung, soll bereits feststehen, wer neuer Intendant, neue Intendantin oder neues Intendanz-Team am Mainfranken Theater wird. Ab dann soll diese neue Intendanz auch schon beginnen können, die Saison 2026/2027 vorzubereiten, schließlich braucht ein Theaterspielplan eine Menge Vorlauf.

Sie, lieber Herr Rohde, werden dann schon mitten in den Planungen für die sinfonische Saison 2025/2026 stecken und sicherlich auch einige Ideen für 2026/2027 haben. Es geht also ansatzlos hinein in die Baustelle Mainfranken Theater. Ich wünsche Ihnen - und uns, dem Publikum - viel Spaß und Erfolg dabei!

Mit erwartungsvollen Grüßen

Mathias Wiedemann,
Redakteur

Persönliche Post: der Samstagsbrief

Jedes Wochenende lesen Sie unseren "Samstagsbrief". Was das ist? Ein offener Brief, den eine Redakteurin oder ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur. Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir von der Adressatin oder dem Adressaten Post zurück. Die Antwort finden Sie dann bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet sie auch Anlass für weitere Berichterstattung.
Quelle: MP
 
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  • Frank Stößel
    Der Vergleich mit dem General etc. ist, das auslaufende Desaster betreffend, ziemlich daneben geraten, weil zynisch und unvollständig. In der Aufzählung möglicher Gefahrenfelder fehlten nämlich: der Personalrat, die Gewerkschaften und die Zeitung. Der Samstagsbrief liest sich, als hätte die Main-Post mit ihrer Berichterstattung gar nichts zu tun gehabt mit dem auslaufenden Desaster. Die Abgrenzung der einzelnen Kompetenzbereiche im Gesamttheater ist für gelingendes Theater genauso wichtig wie die tragenden Brücken zwischen denselben. Das Universum Theater ist immer auch ein wenig wie Himmel und Hölle in einem. Daher "Hals und Beinbruch", Herr Rohde, alles Gute, und gute Zusammenarbeit stets auch mit der Presse zum Wohle wirklich aller Theaterleute. Dann läuft es auch noch die letzten Jahre bis zur Fertigstellung der Baustelle Staatstheater gut.
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