
Seit November gibt es in Würzburg immer wieder Drogenkontrollen der Polizei: am Mainkai, Ulmerhof, Kranenkai und kürzlich am 4. Dezember in der Theaterstraße/Oberthürstraße. Die Bilanz der Polizei waren fünf Verfahren und ein Haftbefehl wegen des Verdachts des Handels mit Betäubungsmitteln und rund 40 Personen, die Betäubungsmittel bei sich trugen.
Ist das Vorgehen der Polizei mit Blick auf die Ergebnisse verhältnismäßig? Im Gespräch erklären Michael Libionka, Direktor der Polizeiinspektion Würzburg-Stadt und dessen Pressesprecher Joachim Hupp, die Schwerpunktkontrollen.
Michael: Libionka: Wir verstehen darunter alle Wahrnehmungen, die wir im Zusammenhang mit Drogen in den angesprochenen Bereichen machen. Daraus leiten wir dann das gesamte Portfolio unserer Maßnahmen ab, vom Umgang mit Konsumenten, über Präventionsarbeit, Vernetzung mit anderen Partnern bis hin zum Aufklären von Straftaten.
Libionka: Ich glaube, unter Drogenszene versteht jeder etwas Unterschiedliches und das ist auch in Ordnung. Situationen wie in anderen Großstädten mit einer offenen Drogenszene gibt es in Würzburg nicht und die wollen wir in Bayern auch nicht haben.
Joachim Hupp: Wir veranschaulichen den Begriff, indem wir in Presseberichten erwähnen, um welche Stoffe es sich handelt. Wir reden hier nicht von Crack oder Crystal Meth, was andernorts als Szene verstanden werden könnte. Diese Stoffe haben wir in Würzburg glücklicherweise nicht, oder nur in seltensten Fällen. Wenn man die Berichte genau liest, kann man das auch einordnen.
Libionka: Ich weiß nicht, ob Sie davon ausgehen, dass wir Personen verfolgen, die legal einen Joint am Main rauchen. Wenn Sie vor mir sitzen und zehn Gramm Cannabis in der Tasche haben, ist das nach neuer Gesetzeslage in Ordnung. Wir dürfen nicht rausgehen, Leute kontrollieren und deren Daten speichern, wenn sie Cannabis dabei haben. Der Handel mit Cannabis auf der Straße ist allerdings auch weiterhin strafbar und sollte keinesfalls verharmlost werden.
Libionka: Wenn wir einen solchen Pressebericht rausgeben, hat das einen Grund. Wenn wir in Würzburg 40 Personen mit Rauschgift antreffen, dann ist das für unsere Stadt nicht normal. Wir wissen, dass das nicht aus dem Eigenanbau stammt, auch wenn wir es nicht immer nachweisen können.
Libionka: Aus ihrer durchaus kritischen Fragestellung heraus lässt sich ein Bild zeichnen, wonach wir Leute aufgreifen würden, die am Main ihren legal angebauten Joint rauchen. Das ist nicht so. Es geht hier um einen illegalen Handel mit Drogen in der Öffentlichkeit. Ganze Gruppen finden sich hier zusammen, nehmen den öffentlichen Raum für sich in Beschlag, verkaufen Drogen und verdrängen normale Bürger, Besucher der Stadt und andere.
Libionka: Wir haben am Mainkai eine Szene und das wollen wir nicht verniedlichen. Da werden illegal Drogen verkauft. Wir haben die Händler beobachtet und wir haben keinen gesehen, der sich den Ausweis zeigen ließ. Es ist völlig egal, wer da hinkommt und wie alt die Person ist, es wird auch an Jugendliche verkauft. Es ist definitiv nicht der einzelne Konsument, den wir im Auge haben. Wir würden als Polizei niemals solche Schwerpunkte setzen, wenn es sich um Einzelfälle handeln würde. Wir hatten eine massive Beschwerdelage der Anwohner und der müssen wir nachgehen. Wir haben die Bereiche beobachtet und ein sehr konspiratives Verhalten auf Täterseite gesehen. Die stellen Späher auf, die einen halten die Ware bereit und wieder andere das Geld. Wir sprechen von ganzen Gruppen, die in der Öffentlichkeit mit Drogen handeln, also etwas Organisiertem.

Libionka: Das war der Einsatz der Kriminalpolizei, deshalb müssen wir uns da in Zurückhaltung üben. Trotzdem wollen wir gern die Fragen beantworten. Wir sind ganz aktiv von Anwohnern und Geschäftstreibenden darauf hingewiesen worden. Diese haben uns gesagt, dass sie die Örtlichkeiten meiden und das ist ein Moment, wo wir aufschrecken, wenn Geschäftstreibende und Anwohner uns ihre Sorgen berichten, weil im Eingangsbereich rumgelungert wird und Kunden wegbleiben. Es darf keine Angsträume in Würzburg geben.
Libionka: Wenn eine Gruppe junger Männer dort steht und Menschen sich nicht mehr vorbei trauen, dann kann man das gutheißen, solange keine Straftaten begangen werden. Wir hatten die Thematik in der Oberthürstraße vor einem Jahr. Das sind teilweise Täter, die inzwischen wieder entlassen sind und jetzt wieder mit demselben Verhalten in die Öffentlichkeit getreten sind. Sie dürfen da sein, aber sobald sie Straftaten begehen und anderen Menschen Drogen anbieten ist es nicht in Ordnung. Da kommen Menschen zu uns, die haben den Rucksack voller Drogen und fangen an, sie öffentlich in Würzburg zu verkaufen. Da müssen wir handeln.
Libionka: Genau, teilweise kommen die aus Schweinfurt, teilweise sind es aber auch Würzburger.
Libionka: Man wirft der Polizei ja manchmal vor, dass wir mit Kanonen auf Spatzen schießen. Für uns ist es etwas Schönes, wenn wir sagen können: Nein, da sind keine harten Drogen in der Theaterstraße und keine Schwerverbrecher. Für uns war der Einsatz sehr erfolgreich. Wir wissen jetzt, wer die Drogenhändler sind und welche Drogen in Würzburg von ihnen angeboten werden. Wir wollten damit auch zeigen: Wir als Polizei sind da und handlungsfähig.
Hupp: Am Mainkai waren es auch verschreibungspflichtige Medikamente und vereinzelt Amphetamine. Es geht am Mainkai um Menschen, die untereinander Revierkämpfe austragen, mit dem Messer aufeinander losgehen und dann mit zerschnittenen Gesichtern bei uns stehen. Das sind Dinge, wo wir sagen: Das darf es in Würzburg nicht geben.
Libionka: Der Einsatz in der Theaterstraße war auf Beschlusslage der Justiz. Da gab es schon Ermittlungsverfahren wegen Handeltreibens im Vorfeld. Ein Dealer allein hört sich klein an. Aber wenn er jeden Tag seine Mitläufer losschickt und die verkaufen alle jeden Tag Drogen, dann kann man sich hochrechnen, was da am Tag verkauft wird. In der Theaterstraße war es so, dass fast jeder wusste: Wenn du Drogen haben willst, gehst du dahin und bekommst welche.
Libionka: Ja.
Libionka: Unsere Arbeit richtet sich definitiv nicht gegen den einzelnen Konsumenten, der irgendwo am Main sein legal angebautes Cannabis konsumiert. Sondern es geht um den beginnenden, offenen Handel mit Drogen in der Würzburger Innenstadt. Dies werden wir nicht zulassen, auch nicht, wenn es sich dabei um Cannabis handelt. Der polizeiliche Part und die polizeilichen Einflussmöglichkeiten sind in diesem Kontext erfahrungsgemäß sehr beschränkt. Hier ist aus unserer Sicht stets ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz zu wählen, an dem wir uns als Polizei gerne und sehr verlässlich beteiligen. Ist der Bedarf nach Drogen nicht mehr gegeben, wird es auch keinen Markt mehr für die Dealer geben.
Eine der Handlungsempfehlungen lautet:
"Öffentliche Bewertungen der Führungsebene über Sachverhalte, die in der Öffentlichkeit zu einer kritischen Berichterstattung geführt haben, sollten bis zur objektiven Ausermittlung des Sachverhalts (ggf. durch eine externe Dienststelle) unterbleiben."
Quelle: Handlungsempfehlungen Stabsstelle Moderne Führungs- und Wertekultur Stuttgart im Juli 2024
Mit anderen Worten: wie sich die Polizeiführung einlässt hat regelmäßig direkte Wirkung und Folgen für die Beamten auf der Straße - und kann diesen evtl. auch schaden.
Oder eben Respekt zeigen für unsere Polizei.
Sie dürfen als Außenstehender gerne Ihre persönliche Dankbarkeit und "Respekt" gegenüber der Polizei zum Ausdruck bringen - zu fordern, dass jedoch gefälligst alle so einen Diener machen, zeugt von Selbstüberschätzung und Unkenntnis des Rechtsstaates und der Gewaltenteilung.
An Frau Thiel gerichtet möchte ich feststellen, daß es sich auf dem Bild des Beamten mit zwei Sternen auf der Schulterklappe um den Pressesprecher handeln kann, es sich vermutlich jedoch um den Stellvertreter der PI WÜ handeln dürfte.
Die Führung des Interviews zeigt eindeutig Ihre Haltung zur Polizei, weswegen die Antworten auch nicht so rüberkamen.
Vielleicht lassen Sie es in Zukunft, über unsere Polizei und deren Maßnahmen zu berichten? Ist doch eh nicht Ihr Ding!
Das dürfte doch bekannt sein?
Dass es da keine harten Drogen gibt kann ich einfach nicht glauben. Wahrscheinlich werden die nicht so offen gehandelt und die Polizei müsste aktiv danach suchen.
Es geht um gewerbsmäßige Handlungen und da ist die Gesetzeslage eigentlich eindeutiger als hier wahrgenommen werden will.
Für meine Wahrnehmung muss die Polizei mehr Präsenz zeigen, um die Nachzucht der Inverkehrbringer kleinzuhalten.
Nur mit unverhofften Kontrollen und dann schnellen Verurteilungen wird das was werden. Aber es wird konsequent dagegen geredet und inkonsequent gekniffen.
Wenn, wie hier, die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit bzw. der Sinn des Vorgehens in Zweifel stehen, ist es m.E. die Pflicht der Medien, nachzuhaken.
Eine Regionalzeitung ist kein Erfüllungsgehilfe der Polizei, kritische Distanz ist auch bei privilegierten Quellen zu wahren.