
Die Stadt Würzburg hat in der letzten Woche drei Straßenumbenennungen vollzogen: In der Heidingsfelder Lehmgrubensiedlung wurde die Nikolaus-Fey-Straße in Elli-Michler-Straße umbenannt, im Frauenland die Schadewitz- in Rosa-Buchbinder-Straße und in der Sanderau der Heiner-Dikreiter-Weg in Milly-Marbe-Fries-Weg. Im Bestand der Straßennamen in Würzburg dienten überwiegend Männer als Namenspaten. Mit der bewussten Entscheidung für nur Frauen macht die Stadt einen Schritt der Gleichstellung. Das teilt die Stadt Würzburg in einer Pressemitteilung mit, der auch die folgenen Informationen entnommen sind. Die Umbenennung der Hermann-Zilcher-Straße in Theresia-Winterstein-Straße fand bereits im März statt.
Mit einem Rückblick auf ihr Leben und Wirken würdigte Oberbürgermeister Elli Michler, die am 12. Februar 100 Jahre alt geworden wäre. Mit großer Freude und Bewegung nahm Tochter Barbara Michler diese Auszeichnung entgegen. Elli Michler sei in vielen Jahren zu vielen Lesungen eingeladen worden und hätte die Bedeutung ihrer Gedichte im Leben der Menschen erfahren. „Dass nun aber eine Straße nach meiner Mutter benannt wird, hatte ich nicht erwartet“, freute sich Michler.
Elli Michler: Eine gebürtige Würzburger Lyrikerin
Mit Elli Michler gedenkt die Stadt einer gebürtigen Würzburger Lyrikerin, die ihr Werk zeitlosen Themen im „Dienst der Lebenshilfe“ widmete, wie sie selbst sagte. Mit ihrem Gedicht „Ich wünsche Dir Zeit“ wurde sie international bekannt. 2004 waren über 275.000 Exemplare ihrer Bücher verkauft. 2010 wurde Elli Michler mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Vom lebensbejahenden Geist durchzogen sind auch die Gedichtbände „Hoffnung“, „Vertrauen“, „Liebe“, „Wandel“, die Tochter Barbara Michler beim offiziellen Akt der Straßenumbenennung den Anwohnerinnen und Anwohnern schenkte.

Auch im Frauenland gab es eine Straßenumbenennung. Sie wurde von zahlreichen Anwohnern begleitet, Dirk Terwey, der geschäftsführende Direktor des Mainfranken Theaters, erwies der Harfenistin ebenfalls die Ehre. „Rosa Buchbinders Biografie zeigt exemplarisch die zerstörerischen Folgen, die Antisemitismus, Rassismus, jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit für die Betroffenen haben“, mahnt Oberbürgermeister Christian Schuchardt.
Würzburg-Frauenland: Aus Schadewitz wird Rosa Buchbinder
Nur durch eine frühzeitige Emigration in die USA entging Rosa Buchbinder, geboren in Bad Kissingen, mit Mutter und Schwester wohl der Shoa. Sie konnte zwar ihr Leben retten, doch ihren Beruf und Lebensstandard verlor sie für immer, denn in den USA scheiterten Rosas Versuche, als Harfenistin weiter tätig zu sein. Rosa übernahm Hilfsarbeiten und arbeitete in einer Fabrik für die Hälfte des damaligen durchschnittlichen US-Einkommens. 1956 wurde ihr eine Wiedergutmachungsleistung der Stadt Nürnberg zugesprochen.

Geboren als Tochter eines Orchestermusikers des Stadttheaters Würzburg, hatte Rosa Buchbinder mit Schwester Elsa eine musikalische Ausbildung erhalten und war am Stadttheater Würzburg von 1916 bis 1929 als Harfenistin engagiert. Vater Karl war zu diesem Zeitpunkt bereits gestorben. 1929 wechselte sie als Harfenistin an das Stadttheater Nürnberg. 1933 wurde Rosa aufgrund ihrer Herkunft entlassen. 1937 emigrierte sie mit Mutter und Schwester Elsa in die USA. Schwester Hilde gehörte im September 1940 zu den frühen Opfern der NS-Krankenmorde.
Neu: Milly-Marbe-Fries-Weg am Vereinsgelände des Modell-Sport-Club-Würzburg
Die Würzburger Bildnis-, Blumen- und Landschaftsmalerin Milly Marbe-Fries galt in der NS-Zeit als „Halbjüdin“. Drei ihrer Cousinen mussten ins Ausland emigrieren, eine fiel der Shoa zum Opfer. Marbe-Fries, zeitweise Schülerin des Städel-Instituts in Frankfurt, heiratete 1908 den Psychologieprofessor Karl Marbe und zog 1910 mit ihm nach Würzburg. Hier schuf sie zahlreiche Kunstwerke, zumeist Stillleben, Landschafts- und Porträtbilder, womit sie sich in der Weimarer Republik einen Namen machte.
Ab 1932 bewohnte das Ehepaar die von ihnen errichtete „Villa Marbe“ im Judenbühlweg. 1935 übergab der NS-Oberbürgermeister von Würzburg Theodor Memmel noch ein Bild von Marbe-Fries zur Ausstattung des neuen Motorschiffs „Würzburg“, doch öffentlich ausstellen durfte sie ihre Bilder nicht mehr. Nach dem Krieg gehörte sie zu den ersten, deren Werke wieder in Unterfranken gezeigt werden konnten. Eine Reihe ihrer Bilder befindet sich heute im Museum im Kulturspeicher.
Der Milly-Marbe-Fries-Weg führt am Vereinsgelände des Modell-Sport-Club-Würzburg vorbei. Vereinsmitglieder waren bei der Benennung des Weges zugegen, ebenso wie Professor Armin Stock, Leiter des Zentrums für Geschichte der Psychologie an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität, der an Karl Marbe forscht.
Jetzt fehlt noch der "Zilcher-Brunnen" vor dem Gebäude der Musikhochschule in der Hofstallstraße...
Auch wenn das einigen Honorationen dieser Stadt nicht gefallen wird.