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Würzburg
Neuer Streit um Stromtrasse: Wird der SuedLink erweitert?
Aus zwei Leitungen mach drei? Geht es nach TransnetBW und einigen Bundesländern, könnte der SuedLink größer werden, als geplant. Das sorgt für Ärger in Unterfranken.
Die Idee, den SuedLink mit einer dritten Leitung zu erweitern, sorgt für Unmut in Unterfranken.
Foto: Symbolbild: Michael Reichel, dpa | Die Idee, den SuedLink mit einer dritten Leitung zu erweitern, sorgt für Unmut in Unterfranken.
Henry Stern
 und  Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:40 Uhr

Nach langem Ringen steht der Weg des SuedLink durch Unterfranken grob fest. Die Feinplanung beginnt, der Protest ist leiser geworden. Nun aber ist neuer Streit entbrannt. Im Kern geht es dabei um die Frage: Reicht die Kapazität des SuedLink – oder braucht es eine Erweiterung? Könnten also am Ende drei statt zwei parallele Leitungen durch das Land führen?

Genau das hatten die vier Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein im Sommer vorgeschlagen. Sie wollen den SuedLink mit einer zusätzlichen Leitung aufstocken, statt vier könnten dann sechs Gigawatt Strom transportiert werden. Vor allem in Thüringen stieß der Vorstoß auf vehemente Kritik. Vom Tisch aber scheint er nicht zu sein.

Bundestag berät über den Fahrplan für den Netzausbau

Von einigen Akteuren werde derzeit ein dritter Strang des Vorhabens als SuedLink 3 vorgeschlagen, um zusätzliche Stromübertragungskapazität von Nord nach Süd zu schaffen, bestätigt eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums auf Anfrage. Allerdings sei eine solche Erweiterung von den Netzbetreibern nicht im Netzentwicklungsplan beantragt worden. Sie wurde "folglich auch nicht von der Bundesnetzagentur geprüft oder bestätigt".

Momentan berät der Bundestag über das neue Bundesbedarfsplangesetz, den Fahrplan für den Netzausbau quasi. Im Regierungsentwurf sei das Vorhaben SuedLink 3 nicht enthalten, sagt die Ministeriumssprecherin. Und: Der Antrag, SuedLink 3 in das Bundesbedarfsplangesetz aufzunehmen, habe im Bundesrat keine Mehrheit gefunden.

"Es ist alles noch im Fluss", sagt die unterfränkische CSU-Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber zu den Verhandlungen über die Bedarfsplanung. Vor allem Baden-Württemberg dränge auf eine Erweiterung von SuedLink. Eine zusätzliche Trasse wäre dafür zwar nicht nötig, allerdings würde der Korridor durch Unterfranken für die Erdverkabelung in diesem Fall wohl breiter werden, warnt Weisgerber: "Ich lehne dies deshalb klar ab."

CSU-MdB Anja Weisgerber: Mehr Rückenwind aus Bayern gewünscht

Nach Weisgerbers Einschätzung hat auch das Bundeswirtschaftsministerium wenig Interesse an Veränderungen in der Trassen-Planung: Die Chance sei deshalb hoch, "dass es so durchgezogen wird, wie es bisher geplant war". Wie bei der erhofften Entlastung Unterfrankens bei der Wechselstrom-Trasse "P43" könnte allerdings auch hier mehr Unterstützung aus München kommen, kritisiert Weisgerber: "Wir würden uns in Berlin mehr Rückenwind vom bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger wünschen."

Im Ministerium in München heißt es auf Nachfrage knapp, Bayern sei gegen eine Erweiterung von SuedLink: "Wie bereits mehrfach betont und auch im Bundeswirtschaftsministerium bekannt".

Neuer Streit um Stromtrasse: Wird der SuedLink erweitert?

Die Idee einer Erweiterung: Eine dritte SuedLink-Leitung könnte von der Stadt Heide in Schleswig-Holstein bis nach Altbach in Baden-Württemberg führen und dabei im normalen SuedLink-Korridor verlaufen. Netzbetreiber TransnetBW hält diese Erweiterung für notwendig - und möglich. Denn durch den Einsatz leistungsstärkerer Erdkabel als ursprünglich geplant sei Platz eingespart worden. Dieser stünde nun für SuedLink 3 zur Verfügung, so TransnetBW-Sprecher Alexander Schilling. Neue Betroffenheiten, etwa von Anwohnern, gebe es nicht.

Netzbetreiber uneins über Nutzen einer dritten SuedLink-Leitung

Geht es nach TransnetBW, könnte der SuedLink 3 deshalb im Schnellverfahren angeschoben werden. Die Empfehlung des Netzbetreibers: Das Vorhaben soll ins Bundesbedarfsplangesetz aufgenommen werden - und zwar ohne die übliche Bundesfachplanung zu durchlaufen, "weil der bereits im SuedLink-Verfahren festgelegte Korridor (Stammstrecke) genutzt werden könnte". Auch ließen sich alle für die Trasse erstellten Unterlagen wie etwa Umweltuntersuchungen verwenden, so Schilling. Wenn die Behörden auf die Bundesfachplanung verzichteten, könnte direkt mit dem Planfeststellungbeschluss eingestiegen werden, sagt der TransetBW-Sprecher: "Wir könnten SuedLink 3 sofort mit einplanen."

Allerdings scheinen die anderen Übertragungsnetzbetreiber davon wenig zu halten. "Unsere Erfahrungen zeigen, dass es nicht förderlich ist, gravierende Änderungen der Planung in laufenden Projekten vorzunehmen", teilt Tennet-Sprecher Mathias Fischer mit. Er warnt vor Projekt-Verzögerungen, sollte eine dritte SuedLink-Leitung in das Bundesbedarfsplangesetz aufgenommen werden. Zudem sei die Stromversorgung in Süddeutschland auch ohne Erweiterung gewährleistet,  Bedarf für eine dritte Leitung gebe es nicht.

Auch in Unterfranken stößt die SuedLink 3-Idee auf Widerstand. "Wir halten das, wie die komplette Planung, für überzogen", sagt Matthias Göbel von der Bürgerinitative (BI) "Bergrheinfeld sagt Nein zu SuedLink". Die aktuell gebauten Leitungen seien ausreichend, wenn man sie modernisiere. Und: Die Umsetzung per Schnellverfahren wäre ein "weiterer Schritt, um den Bürgern jegliche Mitspracherechte zu nehmen".

Bauernverband lehnt Erweiterung der Stromautobahn ab

"Es kann nicht sein, dass in Berlin ohne Einbeziehung der betroffenen Region noch über weitere Stromtrassen durch Unterfranken entschieden wird", kritisiert auch Stefan Köhler, Präsident des unterfränkischen Bauernverbandes, in einer Mitteilung. Die Landwirte in der Region würden mit SuedLink und der Fulda-Main-Leitung jetzt "schon stark beansprucht". Köhler warnt: "Ein weiterer Kabelstrang zum SuedLink durch ganz Unterfranken brächte das Fass zum überlaufen." Der Bauernverband fordere die bayerischen Bundestagsabgeordneten wie auch die Staatsregierung daher dringend auf, die Diskussion um eine Erweiterung des SuedLink "zu beerdigen".

Der Würzburger Rechtsanwalt Wolfgang Baumann vertritt sogar die Auffassung, dass alle drei SuedLink-Trassen gegen EU-Recht verstoßen. Der Grund: Eine Kosten-Nutzen-Untersuchung sei "bisher nicht bekannt und liege wohl auch nicht vor", so der Jurist. EU-Verordnungen schrieben das aber zwingend vor. Deshalb, so Baumann, "werden wir das Bundesbedarfsplangesetz vor den Europäischen Gerichtshof bringen".

 
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  • M. R.
    Ich verstehe die Stromtrassen-Gegner nicht. Was sind die Alternativen? Man kann nicht immer nur dagegen sein. Wo sind die Alternativpläne, mit Solar und Windenergie die Trasse überflüssig zu machen? Oder mal ein Aktionsbündnis, um den Stromverbrauch zu senken? Hauptsache der Strom kommt aus der Steckdose!
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  • M. B.
    Verstehe die ganze Aufregung dahinter nicht.
    Eine Stromtrasse wird nun gebaut mit 4 GW Leistung. Man könnte direkt 6 GW daraus machen, ohne grössere Änderungen.
    Wenn man überlegt, dass in D. ca. 75GW im Peak benötigt werden, sind 4-6 GW nicht besonders viel für den Südwesten.
    Würde mich nicht wundern, wenn es in 5 Jahren heißt, „ohhh, da brauchen wir dann doch noch mal ne Trasse!“
    Das Thema Energie in Deutschland ist gespickt von Unvernunft und Kurzfristdenke...
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  • R. R.
    Solange die Politik die Selbstbedienung durch die Übertragungsnetzbetreiber zulässt, wird es weiter gehen mit dem sinnlosen und überzogenen Netzausbauplänen. Die Entscheider sitzen im Wirtschaftsministerium, wo die Lobbyisten ein- und ausgehen. Der Widerspruch der bayr. Politiker ist nicht glaubwürdig. Was machen die denn außer ab und an eine Pressemitteilung?
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