Erst Schlagzeilen wegen häufiger Managerwechsel, dann der Abgang des schillernden Firmengründers Bernd Freier, schließlich der Abbau von 370 Stellen in der Zentrale in Rottendorf bei Würzburg: Der Modekonzern s.Oliver hat unruhige Monate hinter sich. Der neue Vorstandschef Claus-Dietrich Lahrs schildert im Gespräch mit der Redaktion, was er mit dem namhaften Unternehmen vorhat, womit die Belegschaft rechnen muss und warum sich die Würzburger Bundesliga-Basketballer zumindest vorübergehend zurücklehnen können.
Claus-Dietrich Lahrs: Ich würde sagen, wir haben vieles getan, was wirklich notwendig war.
Lahrs: Die Organisation auf die Zukunft auszurichten. Unser Geschäft wird sich fundamental verändern. Das Thema Online bekommt eine Bedeutung, die wir noch vor einem Jahr in dieser Dimension nicht vermutet hätten. Wir werden uns bei der Entscheidungsgeschwindigkeit deutlich mehr bewegen. Das verlangt ein anderes Zusammenspiel zwischen den Entscheidern und den Abteilungen als das, was wir bisher tun konnten.
Lahrs: Mit viel Arbeit an künftigen Projekten. Wir sind ein kerngesundes Unternehmen – aber diesen Zustand kann man nicht festschreiben. Den muss man sich immer wieder schaffen. Meine Aufgabe und die des Managements ist es, diesen Zustand auch in Zukunft abzusichern. Was heute noch gilt, kann morgen schon in Gefahr sein. Damit das nicht passiert, sind wir eben durch diese Veränderung durchgegangen. Wir wollten dafür sorgen, dass die Zukunft dieses Unternehmens ohne Risiko ist, weil die Märkte sich national und international schon extrem verändert haben.
Lahrs: Das haben wir hinter uns. Das ist auch wichtig, dass man in einer ersten Phase mit der Führungscrew durch gewisse grundlegende Themen geht, um dann festzustellen: Machen wir das gemeinsam oder nicht? Das ist normal. Die Führungsmannschaft steht nun. Vor diesem Hintergrund wird in dieser Dimension nichts Großes mehr passieren.
Lahrs: Wir bleiben bei Mode…
Lahrs: In Deutschland für die Mitte der Gesellschaft. Dort sind wir extrem gut verankert, weil wir ein einzigartiges Preis-Leistungsverhältnis für gute Mode bieten und weil wir eine starke Distribution haben. Wer uns finden will, findet uns. Nicht nur in den großen Zentren, sondern auch in den überschaubaren Städten und in Einkaufszentren. Wir bieten ein ehrliches Produkt, spielen aber im internationalen Fashion-Kalender mit.
Lahrs: Wichtig ist, dass wir uns beim Thema Marke stärker aufstellen. Wir sind eine gute Marke, müssen es aber nun auch kommunizieren.
Lahrs: Alles, was ich hier an habe, ist von s.Oliver. Nicht nur für Sie jetzt. (Lacht.) So etwas trage ich jeden Tag.
Lahrs: Mit einem guten. Wir arbeiten mit einem Qualitätsanspruch, der deutlich höher ist als die Preise, die wir dafür verlangen. Das ist eine Stärke, die heute nur noch ganz wenige haben können. Diese Stärke nach außen zu kommunizieren, ist wichtig.
Lahrs: Wir kommen aus völlig verschiedenen Generationen. Bernd Freier ist ein Gründer. Er ist ein unglaublich talentierter Treiber von Prozessen, die heute noch nicht zu erkennen, aber morgen relevant sind. Er hat einen unglaublich ausgeprägten unternehmerischen Instinkt. Ich bin als Manager groß geworden und habe damit eine ganz andere Entwicklung hinter mir. Dass ein Gründer nach 50 Jahren sein Unternehmen in fremde Hände gibt, ist kein ungewöhnlicher Vorgang. Man muss sich dabei aber immer rechtzeitig auf klare Rollenverteilungen verständigen. Das haben wir hier getan.
Lahrs: Nein. Das wusste ich ja vorher schon. Ich glaube, es wäre ein Riesenfehler, wenn man versuchen würde, das auszublenden.
Lahrs: Nie. Er war bis jetzt noch kein einziges Mal hier. Das ist auch etwas, was ihn auszeichnet: Er hält sich an Vereinbarungen.
Lahrs: Na klar. Es gibt ja Situationen, in denen sich Gesprächspartner aus der Vergangenheit melden und sagen: Übrigens, wir haben da in der Vergangenheit was angefangen – wollen wir das jetzt fortsetzen? Dann rufe ich Bernd Freier natürlich an. Wir sprechen aber auch Themen an wie: Was machen wir markenbezogen? Wie viele Marken wollen wir in Zukunft unabhängig führen? Was legen wir zusammen? Aber eines ist klar, und das ist Bernd Freier auch bewusst: Mein erster Ansprechpartner ist der Beirat.
Lahrs: Das glaube ich nicht. Wir haben 80 Qualitätskontrolleure in Asien, die regelmäßig vor Ort sind. Wir müssen aufpassen, dass wir einen Fehler nicht machen: Dass wir Bangladesh mit minderwertigen Produktionsbedingungen gleichsetzen. Es gibt zum Beispiel in Bangladesh, in Pakistan, in Indien oder in Sri Lanka erstklassige Produktionspartner. Mit der großen Erfahrung, die wir uns über die Jahre in Asien aufgebaut haben, haben wir heute ein Netz an Lieferanten, die mit einem hohen Anspruch für uns arbeiten und die sehr schnell auf Dinge reagieren, die für uns von Relevanz sind. Beim Thema Plastikverpackungen zum Beispiel.
Lahrs: Sie ist Teil des Unternehmens. Es war immer schon früh mit neuen Themen vorne dran.
Lahrs: Das Engagement bei den Baskets ist fortgeschrieben worden - auf einem kleineren Niveau.
Lahrs: Für weitere zwei Jahre. Wir haben das fortgeschrieben, weil die Baskets schon Teil dieser Unternehmensfamilie sind. Was die Baskets machen, machen Sie für mein Empfinden gut. Sie sind zwar nicht unter den obersten Drei – das hat was mit den finanziellen Möglichkeiten zu tun. Aber sie sind für die, die professionell Basketball spielen wollen, ein ungemein wichtiges Sprungbrett.
Lahrs: Das hat etwas zu tun mit der Einschätzung, ob solch große Hallen in Zukunft noch gebraucht werden. Da muss man wohl ein bisschen warten, was auf uns zukommt. Die erste Frage, die sich die Investoren stellen müssen, ist: Ist das an diesem Standort notwendig? Aber letztendlich kann ich das nicht beurteilen. s.Oliver ist ja für die Halle nicht verantwortlich. Es gibt da keine direkte Verbindung. Das ist vielmehr die Entscheidung allein von Bernd Freier und nicht die Entscheidung des Managements der s.Oliver-Group. Das war ja aber vorher schon so.
Lahrs: Es wird eher größer werden. Denn ich glaube, dass die Anlässe für gemeinnütziges Sponsoring – also außerhalb des Sports – zunehmen werden. Die Rolle der Unternehmen wird in dieser Hinsicht in diesem Land größer werden. Der Staat wird an seine Grenzen kommen, weil er sich in vielen Bereichen übernimmt. Da komme ich zurück auf die Ursprünge der sozialen Marktwirtschaft, die einmalig für Deutschland ist.
Lahrs: Durchaus. Ehrbar heißt auch, dass man ein Unternehmen so führt, dass es letztendlich permanent stärker wird, um damit letztendlich auch Aufgaben der Gemeinschaft zu unterstützen.
Lahrs: Es kam nichts, was es nicht vorher schon gegeben hat. Wir werden in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr zwischen 15 und 20 Prozent weniger Umsatz machen. Das ist gewaltig. In der zweiten Hälfte des März: kein Umsatz, außer bei Online. April: kein Umsatz. Mai und Juli: sehr mühsame Anlaufphase. Wir haben nach wie vor eine deutlich geringere Besucherfrequenz in unseren Geschäften als im vergangenen Jahr. Wenn der Eindruck entstanden ist, in Deutschland wird alles wieder wie vorher, dann muss ich dem entgegentreten. Das Gegenteil ist der Fall.
Lahrs: Insgesamt positiv – trotz zahlreicher schwieriger und schmerzhafter Gespräche. Wir sind durch viele geplante und nicht so geplante Veränderungen gegangen. Ich glaube, dass wir jetzt schon positiv darauf zurückblicken können, die Firma in der Neuaufstellung auch mit der künftigen Erfolgschance gut positioniert zu haben.
Lahrs: Erst mal die fünf Jahre, die ich mit dem Beirat vereinbart habe. Ob darüber hinaus, hängt davon ab, wie erfolgreich wir sind. Aber ich habe mich hier auf eine längere Zeit eingestellt.