Am Kürschnerhof in Würzburg hat sich in den vergangenen Monaten einiges getan. Seit der Bekanntgabe der Schließung des Modeladens Hallhuber im Juni 2023 ist beinahe kein Monat vergangen, an dem nicht ein Geschäft geschlossen oder neu eröffnet hat. Es herrscht ein reger Wechsel an dem kleinen Straßenstück zwischen Domstraße und Schönbornstraße.
Mitten drin ist Hans Schiborr mit seinem Optikergeschäft. Seine Firma ist das, was man alteingesessen nennt. Das Unternehmen gibt es bereits seit 1852, seit 1919 befindet sich das Geschäft am Kürschnerhof. Hans Schiborr führt es gemeinsam mit seiner Frau Katja Schiborr mittlerweile in fünfter Generation. Nachdem der Familienvater den Optikerladen 1993 von seinem Onkel übernommen hat, sanierte er das gesamte Haus 2008 und 2021. Inzwischen ist der Optiker das einzige inhabergeführte Geschäft am Kürschnerhof.
Langfristige Leerstände schlecht für das Stadtbild von Würzburg
Er beobachtet die Veränderungen am Kürschnerhof in Würzburg seit längerem und ist froh, dass die Leerstände in ehemaligen "Hussel"- und "eyes and more"-Geschäft nur von kurzer Dauer waren. Lediglich die beklebten Fensterscheiben am ehemaligen Hallhuber-Geschäft sind von der Schließungswelle noch übrig geblieben. Dort soll im Mai ein Vodafone-Standort eröffnen. "Längere Leerstände wären nicht schön für das Straßenbild", sagt er.
Immerhin profitiere auch sein Geschäft davon, wenn die Innenstadt um ihn herum für die Kundinnen und Kunden attraktiv ist. Dass das Optikergeschäft "eyes and more" gleich nebenan aufgegeben hat, stört ihn weniger. Auswirkungen habe das auf sein Geschäft nicht gehabt – auch keine positiven. "Wir bedienen hier eine ganz andere Sparte", sagt Katja Schiborr.
Schiborr will Sterben des Einzelhandels entgegenwirken
Sorgen macht sich das Ehepaar um den Erhalt ihres Geschäftes nicht. "Wir haben uns gut für die Zukunft aufgestellt", sagt Katja Schiborr. Neben dem Verkauf von Brillen und Kontaktlinsen setzen sie vermehrt auf den Dienstleistungsbereich. "Man weiß ja nie, ob irgendwann einfach eine Brille aus dem Automaten erfunden wird", sagt Hans Schiborr. Deshalb besuchen seine Frau und er immer wieder neue Fortbildungen, um "am Puls der Zeit zu bleiben".
Und noch etwas kommt den Schiborrs entgegen: Sie zahlen keine Miete für das Geschäft, da sie selbst Hauseigentümer sind. "So können wir natürlich schlechte Zeiten besser überstehen, weil wir keinen Mietdruck haben", sagt Hans Schiborr.
Volle Innenstadt und trotzdem schlechte Umsätze
Und was würde sich der Unternehmer für die Zukunft am Kürschnerhof wünschen? Mehr inhabergeführte, individuelle Geschäfte. "Die machen doch den Charme einer Stadt erst aus." Er glaubt, dass viele Kundinnen und Kunden das inzwischen erkannt hätten und in Städten nach eben diesen Läden suchen. Allerdings müsse die Stadt für die Menschen gut erreichbar sein, meint Schiborr, und nennt fehlende Parkplätze und hohe Parkgebühren als Probleme.
Stefano Birner ist Inhaber des Juweliergeschäfts Endres in der Domstraße. Er beobachtet schon seit längeren, dass weniger Menschen zum Kürschnerhof und den oberen Teil der Domstraße kommen. "Das liegt auch daran, dass auf dem Stück weniger attraktive Geschäfte sind", spielt er auf die Leerstände an. Und er sagt, dass beispielsweise an Samstagen zwar viele Menschen in die Würzburger Innenstadt kämen. Er habe aber häufig am Samstag sehr schlechte Umsätze. "Da hat sich das Kaufverhalten völlig geändert."
Die aktuellen Neueröffnungen würden eher jüngere Menschen unter 30 Jahren anziehen, die dann aber hauptsächlich im Billigpreissegment einkaufen würden. Zwar freue er sich, dass mit Pandora, Bijou Brigitte und Vodafone die Leerstände erstmal gefüllt seien, aber: "Das Klientel dieser Läden ist nicht das unsere." Er würde sich daher ebenfalls mehr inhabergeführte Geschäfte mit mittel- bis höherpreisigen Produkten wünschen.
Der Wunsch: Branchenmix und inhabergeführte Geschäfte
Inzwischen gibt es auf dem kurzen Stück zwischen Kürschnerhof und oberer Domstraße fünf Schmuckgeschäfte. Für Birner ist das nur teilweise ein Problem. "Christ gibt es schon länger, der ist einfach ein Mitbewerber." Die zwei neuen Schmuckgeschäfte würden ihm ohnehin nicht die Kundinnen und Kunden wegnehmen, da diese ein ganz anderes Publikum ansprächen. Im Gegenteil: "Vielleicht wird das Eck damit sogar attraktiver." Besser als Leerstände sei es allemal.
Stefano Birner glaubt trotzdem weiter an den Einzelhandel und gibt zu bedenken: "Wir würden gern attraktiv bleiben, aber am Ende entscheidet der Verbraucher, wie die Innenstädte in zehn Jahren aussehen."
Wenn es nach Hans und Katja Schiborr geht, ist die Vision für die Zukunft jedenfalls klar. Sie wünschen sich "einen breiten Branchenmix" am Kürschnerhof. Und natürlich mehr inhabergeführte Nachbargeschäfte "mit einer langfristigen Strategie". Das würde die Eheleute auch rein menschlich freuen, wenn sie wieder mehr mit den Nachbarinnen und Nachbarn ins Gespräch kommen könnten.
Aber die Vermieter sind nicht sozialverträglich. Die wollen vermieten zum Höchstpreis. Gemeinwohl ist denen nicht wichtig.
aber verkaufen kann man auf Dauer nur, was sich so gut verkauft, dass es auch die Kosten trägt.
Das Angebot in WÜ-Innenstadt war früher mal unheimlich vielfältig, aber nachdem die Interessent/innen sich heutzutage im Fachgeschäft oft genug höchstens noch beraten lassen und dann ein paar € billiger im Internet kaufen, ist das Leben für die Läden schwierig geworden. Das können sich dann tatsächlich nur die "Großen" leisten, die ihr "Ferner-Liefen"-Angebot durch die Umsatz- bzw. Gewinnträger quersubventionieren können.
Die alten Zeiten, fürchte ich, kriegen wir hingegen nicht wieder.