
Nachdem die "Unstimmigkeiten" zwischen der Stadt Würzburg und den übrigen acht Gesellschaftern jetzt ausgeräumt sind, kann's doch losgehen: Der neue Nahverkehrsverbund Mainfranken (NVM) wird nach mehr als sieben Jahren Arbeit und Vorbereitung wie geplant am 1. Januar 2025 starten. Ein Überblick darüber, was das für den öffentlichen Nachverkehr (ÖPNV) in der Region genau bedeutet - und was die Vorteile für die Nutzerinnen und Nutzer sind.
Was ist der Nahverkehrsverbund Mainfranken?
Der NVM ist eine Erweiterung des bisherigen Verkehrsunternehmensverbunds Mainfranken (VVM), der seit vielen Jahren den ÖPNV in der Stadt Würzburg und den Landkreisen Würzburg, Main-Spessart und Kitzingen organisiert. Neu dazu kommen Stadt und Landkreis Schweinfurt sowie die Landkreise Bad Kissingen, Haßberge und Rhön-Grabfeld.
Entstehen wird durch die Verbunderweiterung einer der größten Verkehrsverbünde in Bayern: Gemessen an der Einwohnerzahl (rund 950.000) der drittgrößte, bezogen auf die Gesamtfläche der zweitgrößte hinter Nürnberg.
Gegründet wurde die Nahverkehr Mainfranken GmbH mit den beiden Städten Würzburg und Schweinfurt und den sieben Landkreisen als Gesellschaftern bereits im Dezember 2017. Umgesetzt werden sollte die Kooperation aller beteiligten Verkehrsunternehmen ursprünglich bis Sommer 2022.
Was ist in den fast sieben Jahren seit GmbH-Gründung passiert?
Bereits beim offiziellen Startschuss wurden das Gesamtprojekt und die Verhandlungen als "komplex und langwierig" bezeichnet. Die Interessen aller Beteiligten mussten unter einen Hut gebracht werden.
Länger als ursprünglich geplant dauerte es dann unter anderem deshalb, weil eine umfangreiche Fahrgasterhebung im gesamten Verbundgebiet aufgrund der Corona-Pandemie erst zwei Jahre später als geplant durchgeführt werden konnte und erst Ende Oktober 2023 beendet war. Auch die zwischenzeitliche Einführung des 9-Euro-Tickets sorgte für eine Verzögerung, wie NVM-Geschäftsführer Christoph Alm im Juli im Rhön-Grabfelder Kreistag erläuterte.
Welche Vorteile haben die Fahrgäste durch den neuen Verbund?
Der große Vorteil: ein mit wenigen Ausnahmen einheitliches Tarifsystem für die gesamte Region Mainfranken.
"Ein Netz, ein Fahrschein und ein einheitlicher Tarif", heißt es auf der NVM-Webseite "nahverkehr-zaehlt.de". Künftig können alle Strecken der öffentlichen Verkehrsmittel auf der Straße und der Schiene vom Kreuzberg in der Rhön bis nach Marktheidenfeld im Spessart oder von Ochsenfurt im Landkreis Würzburg bis nach Bad Kissingen mit einem einzigen Ticket zurückgelegt werden.
Und dies ab dem 1. Januar 2025 auch komplett digital. Die Tickets können dann zwar weiterhin bar bezahlt, aber auch mit dem Smartphone über eine neue NVM-App gelöst und bezahlt werden.
Im aktuellen Beschluss der NVM-Gesellschafterversammlung vom 30. Juli 2024 klingt das übrigens so: "Ein quantitativ und qualitativ wertiges sowie gleichzeitig preiswertes und finanzierbares Angebot im ÖPNV für die Endnutzer". Als weitere Schritte soll die bargeldlose Zahlung in Bussen und Bahnen ermöglicht und das digitale Fahrgast-Informationssystem in Echtzeit ausgebaut werden.
Warum wird es auch Ausnahmen vom einheitlichen Tarifsystem geben?
Grund für Ausnahmen: Die Stadt Würzburg und ihre Tochtergesellschaft, die Würzburger Straßenbahn GmbH (WSB), wollen für den öffentlichen Nahverkehr im Würzburger Stadtgebiet eigene günstige Angebote aufrechterhalten oder neu einführen. Ziel: mehr Menschen zum Umstieg auf Straßenbahn und Bus zu motivieren.
Daran und an den damit verbundenen Finanzierungsfragen wäre der Start des NVM vor zwei Monaten fast gescheitert, Würzburg drohte mit dem Ausstieg in letzter Minute. Erst nach einer nichtöffentlichen Diskussion im Stadtrat gab es einen tragfähigen Kompromissvorschlag. "Unsere Positionen haben Zustimmung durch die anderen Gesellschafter erfahren", gab Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt kürzlich bekannt.
Das bedeutet, dass innerhalb der Stadtgrenzen und in der aktuellen Würzburger "Großwabe", zu der auch die stadtnahen Landkreisgemeinden Gerbrunn und Höchberg gehören, Angebote wie ein 6er-Ticket für Kinder, Firmenabos oder ein vergünstigtes Seniorenticket weiter möglich sind, ohne dass die NVM-Gesellschafter zustimmen müssen.
Was muss bis zum Start des neuen Verbunds im Januar 2025 noch passieren?
Der sogenannte "Konsortialvertrag" zur Verbunderweiterung muss unterzeichnet werden. Rechtzeitig vor der nächsten Gesellschafterversammlung am 30. September soll die Stadt Würzburg einen Antrag über die von ihr gewünschten zusätzlichen Stadt-Tarife stellen. Deren Umsetzung muss dann noch zwischen WSB und NVM abgestimmt werden.
Außerdem muss das Semesterticket, mit dem alle Studierenden der drei Würzburger Hochschulen derzeit den ÖPNV im VVM-Tarifgebiet nutzen, neu konzipiert werden. Zu den Dauerkarten-Angeboten im NVM soll übrigens auch das Deutschlandticket gehören.
Ich bin gespannt wie lange die Kommunen noch die Finanzkraft haben es zu stemmen.