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Würzburg
Krise wegen Corona: Freie Plätze in Unterfrankens Pflegeheimen
Bayernweit und damit auch in der Region kämpfen Seniorenheime mit Pandemie-Folgen. Vielerorts bleiben Plätze frei, vor allem weil Personal fehlt. Drohen nun höhere Kosten?
Die Corona-Krise hat Seniorenheime hart getroffen. Jetzt machen sich die ersten Folgen bemerkbar: Plätze bleiben frei, Personal fehlt.
Foto: Symbolbild: Sina Schuldt, dpa | Die Corona-Krise hat Seniorenheime hart getroffen. Jetzt machen sich die ersten Folgen bemerkbar: Plätze bleiben frei, Personal fehlt.
Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:48 Uhr

Aufnahme-Stopp und Besuchsverbote, Corona-Ausbrüche und Personal-Notstand: Die Pandemie hat Pflegeheime in den vergangenen Monaten schwer getroffen. Nun sind in vielen Einrichtungen Bayerns Plätze frei – auch in Unterfranken stehen Betten leer. "Wir haben aktuell freie Plätze, die wir nicht belegen können", sagt beispielsweise Annette Noffz, leitende Stiftungsdirektorin des Würzburger Bürgerspitals, auf Anfrage. Woran aber liegt das? Und drohen durch die Unterbelegung Konsequenzen für Bewohner und Angehörige?

Für Annette Noffz ist der Grund für den Leerstand klar: "Wir haben einfach nicht genug Pflegepersonal". Wie viele Plätze deshalb genau frei seien, könne sie nicht sagen, sagt die Stiftungsdirektorin. Es gehe aber um einen zweistelligen Prozentsatz. Dabei gebe es nach wie vor viele Anfragen.

Noffz: Kein Imageschaden durch Schlagzeilen über Corona-Ausbrüche

Einen Imageschaden durch die Pandemie, durch Schlagzeilen über Corona-Ausbrüche mit zahlreichen Toten wie etwa im Würzburger St. Nikolausheim, sehe sie deshalb nicht, so Noffz. Allerdings habe die Pandemie natürlich Spuren hinterlassen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien in fast allen Pflegeinrichtungen erschöpft. "Wir haben Menschen, die einfach nicht mehr können."

"Corona hat die bereits vorher sehr knappen Ressourcen mehrfach vollständig aufgebraucht", bestätigt Elisabeth Richter, Leiterin der Senioreneinrichtungen des Bürgerspitals. Das habe die negative Personalentwicklung in der Altenpflege beschleunigt und verstärkt. "Viele Pflegekräfte verlassen den Beruf", sagt Richter. Neue Bewerbungen gebe es kaum.

Ähnlich angespannt schildern andere Träger in der Region die Situation. Beispiel Diakonie: In vier von sieben stationären Senioreneinrichtungen im Raum Schweinfurt, Bad Kissingen und Kitzingen gebe es derzeit freie Plätze, sagt Pfarrer Jochen Keßler-Rosa, Diakonie-Beauftragter für Unterfranken. "Das ist mehr als vor der Pandemie." Dabei mangele es in keinem der Heime an Nachfragen, sondern schlicht an Pflegefachkräften. Nach mehr als 16 Monaten Corona-Krise und Arbeit am Limit, würden sich nun die Folgen zeigen – beispielsweise "in Form von nachvollziehbaren Krankmeldungen".

Dass durch Corona vielleicht auch eine gewisse Angst vor den Heimen entstanden sein könnte, glaubt Keßler-Rosa nicht. "In der Anfangszeit mag das so gewesen sein", so der Pfarrer. "Da helfen inzwischen die Impfungen sehr." Durch die Unterbelegung verschlechtere sich aber die wirtschaftliche Lage der Einrichtungen.

"Wir haben einfach nicht genug Pflegepersonal."
Annette Noffz, leitende Stiftungsdirektorin des Würzburger Bürgerspitals

Vom Caritasverband der Diözese Würzburg heißt es, es gebe vereinzelt freie Plätze in den unterfränkischen Pflegeheimen. Die Nachfrage sei zwar "ungebrochen hoch", sagt Sonja Schwab, Fachbereichsleiterin Gesundheit und Alter. Man stehe jedoch ebenfalls vor der "Herausforderung, dass wir wegen Fachkräftemangel mitunter nicht alle Plätze belegen können". Das sei aber von Region zu Region und Einrichtung sehr unterschiedlich.

So verzeichnet beispielsweise der AWO-Landesverband Bayern vor allem in Heimen, die schlimm von Corona-Ausbrüchen betroffen waren, große Leerstände. "Im Durchschnitt ist jeder zehnte Platz nicht belegt. Es gibt aber auch Einrichtungen, die nur zu 70 Prozent ausgelastet sind", sagte Stefan Wolfshörndl, Co-Landesvorsitzender der AWO, vor Kurzem der Deutschen Presseagentur (dpa). Und: "Einrichtungen mit traditionell langen Wartelisten haben nun die Wartezeiten abgebaut".

Laut Wolfshörndl, der auch Bürgermeister von Gerbrunn (Lkr. Würzburg) ist, spielen sicherlich wirtschaftliche Gründe eine Rolle bei dieser Entwicklung. Hinzu komme die Angst vor weiteren Corona-Ausbrüchen und einer erneuten Verschärfung der Besuchsregeln. Man hoffe, dass die Belegungszahlen durch einen verbreiteten Impfschutz und das Abflauen der Pandemie wieder steigen werden.

Ansonsten wären die finanziellen Auswirkungen auf die Bewohner "verheerend", warnt Wolfshörndl. "Da die entsprechenden Kostensteigerungen – nach Auslaufen des Pflege-Rettungsschirmes zum 30.9.2021 – auch in unseren gemeinnützigen Einrichtungen auf sie umgelegt werden müssten."

Experten haben bereits im Frühjahr vor einem "Pflexit" gewarnt

Davon geht Bürgerspital-Chefin Annette Noffz nicht aus. Höhere Kosten müssten Bewohner und Angehörige nicht fürchten, da die angespannte Situation "noch nicht lange so anhalte". Und: "Wir hoffen, dass sich die Lage nach den Sommerferien bessert", so Noffz.

Klar ist: Überraschend kommt die Personalnotnicht. Bereits im Frühjahr warnten Experten auch in Unterfranken vor den Folgen der Corona-Belastung und einem drohenden "Pflexit", einem massenhaften Berufsausstieg aus der Pflege. 

"Generelles Problem in allen Heimen ist die Verfügbarkeit von Pflegepersonal", bestätigt Walter Herberth, Leiter der Stiftung Juliusspital Würzburg. Es gehe daher nicht darum, dass freie Plätze jetzt zu Entlassungen führen könnten – sondern "umgekehrt führen nicht besetzte Stellen zwangsweise dazu, dass Pflegeplätze nicht belegt werden können". Zwar seien im Juliusspital derzeit nur zwei Plätze frei, von anderen Heimen wisse er aber, dass es Leerstand gebe. Und das liege eben "nicht an einem Image-Problem nach Corona, sondern am fehlenden Fachpersonal".

Nach wie vor demonstrieren deshalb jede Woche Vertreterinnen und Vertreter der Pflegebranche in Würzburg und mittlerweile auch in München, Nürnberg und Amberg. Durch die Corona-Krise werde, so Herberths Eindruck, die Arbeit in der Pflege zwar wieder mehr geschätzt. Das alleine reicht aber nicht. "Es braucht grundlegende Verbesserungen, wie zum Beispiel mittelfristig die 35-Stundenwoche", sagt Herberth. Nur dann sei auch in Zukunft, auch nach der Pandemie, eine gute Betreuung für pflegebedürftige Menschen möglich.

Mit Informationen von dpa

 
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Kommentare
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  • saaleufer
    Mir stellt sich allerdings die Frage, wer hat die letzten Jahre fleißig die Parteien gewählt, die an dem Dilemma schuld sind? Wer hätte nur ein müdes Schulterzucken übrig, wenn Institutionen und Heime dem freien Markt zugänglich gemacht wurden.? Jetzt wundert es plötzlich manche, wenn die Versorgung immer schlechter wird? Keinen juckt es, wenn sich gierige Kapitalisten auf dem Rücken von kranken und alten Menschen bereichern. Es ist eine Schande, daß sich das die Bürger gefallen lassen. Da sag ich nur eins: auf geht's, greift ihnen noch mehr in die Geldbeutel, daß sie aufwachen.
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  • austroewer
    Noch teurer, geht ja fast nicht mehr. Die Pflegeheime sind schon jetzt sehr teuer, aber die Mitarbeiter werden trotzdem schlecht bezahlt. Ich glaube, dass die Pflegeheim Besitzer, (Caritas, Rotes Kreuz, usw) kräftig absahnen!. Wenn die Ihre Mitarbeiter anständig bezahlen würden, hätten sie auch Personal.
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  • marent1@hotmail.de
    Auch hier hat die Pandemie, wie so oft nur das Brennglas auf eine eh schon schwierige bis desaströse Situation gelegt. Bund und Land sind gefordert: Bessere Pflegeschlüssel, flexiblere Arbeitsmodelle, bessere Tarife, evtl. früherer möglicher Renteneintritt und mehr in die Pflegekassen - dafür zahle ich lieber mehr Abgaben als für andere Themen, ehrlich!!!
    Es finden nur noch die Heime Personal die extrem attraktiv für die MItarbeitenden sind, also da ist Kreatitivität und Arbeitnehmerfreundlichkeit gefragt. Und vielleicht ist auch die Zeit der großen Einrichtungen vorbei, ich würde im Alter auch lieber in einer WG oder zuhause leben wollen...
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  • saaleufer
    Politisch alles verschlafen, es hätte schon längst etwas passieren müssen, um die Pflegekräfte im Job zu halten. An allem also selbst schuld.
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  • info@softrie.de
    "Davon geht Bürgerspital-Chefin Annette Noffz nicht aus. Höhere Kosten müssten Bewohner und Angehörige nicht fürchten, da die angespannte Situation "noch nicht lange so anhalte". Und: "Wir hoffen, dass sich die Lage nach den Sommerferien bessert", so Noffz."

    Wie soll das funktionieren? Die Kosten werden von den Gemeinden getragen, da die Regierung ja das Pflegegesetzt geändert hat. Wer über 100.000 Euro verdient, muss halt mehr bezahlen.
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  • jutta.noether@web.de
    Wer über 100.000 € verdient, ZAHLT bereits mehr.
    Genauer gesagt: die Tagessätze in Pflegeheimen werden erst mal über die Rente bezahlt.
    Reicht die nicht: Wer selbst Vermögen hat, oder zahlungsfähige Kinder o.ä., muss den Rest privat zahlen.
    Fallen diese Möglichkeiten weg,
    werden die Differenzkosten von der Krankenkasse/Pflegekasse teilweise oder ganz übernommen.
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  • MelanieS
    Kündigungswellen, und ständig wechselndes Personal !! Die Bewohner sind die Leidtragenden!! Es muß etwas geändert werden!!Die armen Bewohner haben kaum noch Optionen!!
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