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Kommentar: Die Politik schenkt den Pflegern keine Wertschätzung
Bis zu 1500 Euro steuerfrei wurden den Pflegekräften versprochen -  doch die wenigsten werden sie auch bekommen. Wertschätzung sieht anders aus.
Ohne Pflegekräfte können Kliniken und Pflegeheime gar nicht exisitieren. Dennoch tut sich unsere Gesellschaft schwer, den Beruf aufzuwerten. 
Foto: Anand Anders | Ohne Pflegekräfte können Kliniken und Pflegeheime gar nicht exisitieren. Dennoch tut sich unsere Gesellschaft schwer, den Beruf aufzuwerten. 
Folker Quack
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:36 Uhr

Das ist schon eine Posse. Da verspricht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn den Pflegekräften 1000 Euro, die die Länder oder auch der Arbeitgeber noch um bis zu 500 Euro steuerfrei aufstocken können. Weil die Pflegeberufe nun mal in der Corona-Zeit so viel geleistet haben, sollen sie nicht nur Applaus und schöne Worte bekommen. Tolle Idee, doch leider wurde sie so schlecht umgesetzt, dass sie sich ins Gegenteil verkehrt. Denn von den Krankenpflegern werden nur die allerwenigsten die 1000 Euro bekommen. 

Immer in Gefahr, sich anzustecken

Zugegeben, es gibt auch andere Berufe, die in der Corona-Zeit besonders belastet waren und an ihr Limit gehen mussten. Aber die Pflegerinnen und Pfleger standen nun mal in der ersten Reihe, mussten umfangreiche Sicherungsvorkehrungen treffen und liefen dennoch ständig Gefahr, sich und ihre Familie anzustecken. Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen ließ sich das auch in den Kliniken und Arztpraxen nicht vermeiden. Zumal es zu Beginn der Pandemie an Schutzkleidung und Sicherheitsrichtlinien fehlte.

Im ganzen Land haben sich nach Angaben des RKI rund 14 000 Menschen in Arztpraxen und Krankenhäusern infiziert. Übrigens in der zuletzt im Fokus stehenden Fleischindustrie waren es "nur" 4500. Dennoch hat Deutschland die Krise bislang gut gemeistert, obwohl es nicht sonderlich gut auf eine solche Pandemie vorbereitet war. Zu verdanken haben wir das auch dem Einsatz der Pflegerinnen und Pfleger, den Ärzten, Rettungsdiensten und vielen anderen Mitstreitern im Gesundheitswesen.  

Corona warf ein Schlaglicht auf den Pflegeberuf, den schon davor massive Nachwuchs- und Strukturprobleme plagten. Schichtdienst, schlechte Bezahlung und ein viel zu geringes Ansehen. Es ist fast schon zu spät, das endlich zu ändern. 

Doch die Politik tut sich mehr als schwer. Da sollen keine Steuergelder in die Hand genommen werden, weil es auch andere wichtige Berufe gibt. Also wird über Pflege- und Krankenkassen finanziert. Schon der erste Denkfehler. Wer bitteschön füllt die Kassen der Kranken- und Pflegeversicherung? Sind das nicht dieselben Protagonisten, die auch dem Staat den Säckel füllen? Warum dann nicht gleich wie bei den 500 Euro, die Bayern für alle Pflegekräfte drauflegt, in die Haushaltskasse greifen?

Amtsschimmel statt Wertschätzung

Das hätte zumindest die Irrungen und Wirrungen beseitigt, wer jetzt aus welchem Topf die Förderung bekommt. Mit dem Ergebnis, dass viele leer ausgehen. In einem Faktenblatt empfiehlt die Bundesregierung den Krankenhäusern die 1000 Euro den mit  Corona beschäftigten Pflegerinnen und Pflegern zu bezahlen und über die Krankenkassen abzurechnen. Und dann folgt dieser Satz: "Wir gehen davon aus, dass die Corona-Pandemie ein (...) sachlicher Grund ist und deshalb auch Prämien, die Krankenhäuser für die Pflege am Bett zahlen, von den Kassen finanziert werden." Wir gehen davon aus heißt, wir wissen es nicht genau, wir haben es nicht einmal geprüft. Da tönt kein bisschen Wertschätzung, da wiehert der Amtsschimmel.   

Für die Pflege gibt es nur etwas, wenn auch wirklich noch was übrig ist

Immerhin wollen Gesundheitsminister Jens Spahn und Finanzmister Olaf Scholz nach einem Kassensturz im Herbst verhandeln, wie sich ein Bundeszuschuss für die Pflege verstetigen lasse. Eine gute Nachricht. Aber: Gab es diesen Kassensturz vor der Zusage, die Lufthansa mit neun Milliarden Euro zu unterstützen. Gab es diesen Kassensturz, bevor das Konjunkturpaket mit einem Umfang von 130 Milliarden Euro beschlossen wurde?

Für die Pflege gibt es nur etwas, wenn auch wirklich noch was übrig ist. Eine Milliarde Euro kostet dieser Pflegebonus den Bund. 2,5 Milliarden hätte es gekostet, ihn allen Pflegeberufen aus Steuermitteln zukommen zu lassen. Das hätte es uns wert sein müssen.      

 
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