Wer meint, den Pflege- und Betreuungskräften in Krankenhäusern, Senioreneinrichtungen und der Behindertenhilfe gehe es vor allem um mehr Geld, der irrt. „Wir demonstrieren hier jeden Dienstag für bessere Rahmenbedingungen in den sozialen Arbeitsfeldern“, erläutert eine Vertreterin des Bündnisses, das inzwischen 27 Träger aus unterschiedlichen Bereichen in der Region umfasst und Ableger in München und Nürnberg gefunden hat. Der Mensch müsse wieder im Mittelpunkt stehen und nicht die Bürokratie, die sich in einer übermäßigen Dokumentationspflicht und einem behördlichen Kontrollwahn zeige, heißt es in einer Pressemitteilung der Caritas. „Wir müssen alles daransetzen, die sozialen Berufe für junge Menschen attraktiver zu machen.“
„Ich will meine Solidarität mit den Anliegen der Aktion zum Ausdruck bringen“, sagt Würzburgs Bischof Franz Jung, der sich ins Spalier der Demonstrierenden einreihte. Es genüge nicht, in der Pandemie für die Pflegekräfte zu klatschen, und dann ändere sich doch nichts. Passantinnen und Passenten lesen die Forderungen auf den grün-weißen Bannern und stimmen zu. Viele haben Angehörige, Freunde und Verwandte, die in der Pflege arbeiten oder in einer Einrichtung betreut werden. „Da muss sich was tun, denn das Personal ist notorisch überlastet oder fehlt gleich ganz.“ Harsche Kritik richtet sich gegen kommerzielle Unternehmen, die minimale Löhne zahlten, um maximale Rendite zu erzielen.
Hintergrundgespräch mit dem Bischof
Nach der halbstündigen öffentlichen Demonstration auf der Juliuspromenade findet ein Hintergrundgespräch mit Bischof Jung statt. Mit ihm sitzen Verantwortliche der großen Würzburger Stiftungen, Juliusspitalstiftung, Bürgerspitalstiftung und Blindeninstitutsstiftung, der Diakonie und Caritas sowie Leiterinnen und Leiter kleinerer Dienste und Einrichtungen am Tisch. Der Wahlkampf biete die Chance, das Thema endlich voranzubringen. „Wir steuern auf eine menschliche Katastrophe zu, wenn es uns nicht gelingt, die Pflege und andere soziale Berufe attraktiver zu machen.“
Im Raum stehen konkrete Vorschläge und Forderungen. „Wir brauchen schrittweise die 35-Stunden-Woche“, heißt es. „Die Freizeit der Pflegekräfte muss sicher sein“, ergänzt die Leiterin einer großen Einrichtung, denn viel zu schnell müssten Kolleginnen und Kollegen einspringen, um Personallücken zu schließen. „Wie wäre es, besonders anstrengende Schichtdienste, etwa in der Nacht, steuerlich zu entlasten?“
Jungen Leuten fehlt oft der Einblick
Der Austausch macht deutlich: „Geld ist nicht das Thema Nr. 1“. Gerade jungen Leuten, die früher im Zivildienst Kontakt zum Sozialen gehabt hätten, fehlte heute der Einblick. „Das Image vieler Berufsbilder muss verbessert werden“, ist sich die Runde einig. Das sei Aufgabe der Pflegekräfte selbst, aber ebenso Aufgabe der Politik und der ganzen Gesellschaft. „Wir sehen es jeden Tag: Die Frauen und Männer arbeiten gerne in ihrem Beruf. Und wir müssen alles tun, damit es so bleibt und sich mehr Menschen für diesen Dienst entscheiden.“
„Wir bitten Sie, unsere Anliegen immer wieder an geeigneter Stelle in der Bischofskonferenz und Politik einzubringen“, ergeht der Appell an Bischof Franz Jung. „Ich kann vor ihrem Engagement nur den Hut ziehen“, sagt Würzburgs Bischof abschließend und dankt für das Engagement. „Wenn sie wollen, hängen Sie eines der großen Banner ans Bischofshaus.“