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Würzburg
Testpflicht: "Faktisches Besuchsverbot" für Seniorenheime
Ab Mittwoch dürfen in Bayerns Seniorenheime nur noch Besucher kommen, die einen negativen Corona-Test vorweisen. Doch wer soll sie testen? Aus den Heimen kommen Hilferufe.
Droht Heimbewohnern in Bayern nun doch eine Vereinsamung wegen der Corona-Einschränkungen? Ab Mittwoch dürfen nur noch Angehörige mit negativem Test zu Besuch kommen.
Foto: Symbolbild Frank Rumpenhorst, dpa | Droht Heimbewohnern in Bayern nun doch eine Vereinsamung wegen der Corona-Einschränkungen? Ab Mittwoch dürfen nur noch Angehörige mit negativem Test zu Besuch kommen.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:31 Uhr

In den Seniorenheimen laufen die Drähte heiß, bei Trägern und Heimleitungen herrscht Ratlosigkeit: Wie soll die ab Mittwoch in Bayern geltende Corona-Testpflicht für Besucher umgesetzt werden? Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte sie am Sonntag kurzfristig angekündigt, der Landtag gab an diesem Dienstag grünes Licht mit Stimmen von CSU, Freien Wählern und Grünen – als Teil eines Maßnahmenpaketes.

Es fehlt das Personal für die Schnelltests

Danach dürfen Besucher nur noch mit einem "aktuellen" negativen Coronatest ins Alten-, Pflegeheim oder in eine Behinderteneinrichtung. Dies kann auch ein Schnelltest sein. Nur: Wer soll all diese Tests durchführen? Von einem "faktischen Besuchsverbot", spricht Eva von Vietinghoff-Scheel vom Kommunalunternehmen (KU) des Landkreises Würzburg, das sieben Seniorenzentren mit derzeit 442 Bewohnern betreibt. Bei der Caritas befürchtet man, dass nun deutlich weniger Angehörige zu Besuch in die Heime kommen.

"Genau diese Situation wollten wir vermeiden", sagt Sonja Schwab, verantwortlich für die Altenhilfe bei der Caritas Unterfranken mit 50 angeschlossenen vollstationären Einrichtungen. Aus ihrer Sicht hätten die bisherigen Schutzmaßnahmen bei Besuchern, wie die vorgeschriebene FFP2-Maske, ausgereicht. Ähnlich ist die Einschätzung beim Kommunalunternehmen. Man schaffe es kaum, allein die Mitarbeiter zweimal pro Woche testen zu lassen – ebenfalls eine Vorgabe nach der bayerischen Corona-Verschärfung.

Pflegekräfte nicht mit weiteren Aufgaben zu belasten

Händeringend wird nach Lösungen gesucht – noch gibt es sie nicht. Klar ist: Das Pflegepersonal kann die Besucher-Schnelltests nicht machen. Selbst wo genügend Tests vorrätig wären, fehlt dafür die Zeit. "Wir sind am Limit!", macht Schwab deutlich. Seit Monaten arbeite man auf Anschlag. Pflege in Schutzausrüstung, ständig neue Anweisungen, Personalausfälle wegen Quarantäne: "Weitere Zusatzaufgaben sind den schwer belasteten Mitarbeitern nicht mehr zuzumuten", sagt auch Ulrike Hahn, Bereichsleiterin Senioren bei der AWO Unterfranken.

Sie verweist auf die allgemeinen Teststrecken. Mit einem negativen Ergebnis von dort habe man Zutritt in die Heime. Nur: Die Tests sollen tagesaktuell oder maximal 48 Stunden alt sein – so schnell liegt das Ergebnis oft gar nicht vor. Und was ist mit den Besuchern, die jeden Tag kommen? Müssen sie mehrere Tests pro Woche machen?

Mit Antigen-Schnelltests sollen in Bayern jetzt nun nicht nur Bewohner und Mitarbeiter, sondern auch Besucher vor Betreten der Heime getestet werden.
Foto: Sebastian Gollnow, dpa | Mit Antigen-Schnelltests sollen in Bayern jetzt nun nicht nur Bewohner und Mitarbeiter, sondern auch Besucher vor Betreten der Heime getestet werden.

Träger und Heime warteten bis Dienstagnachmittag vergeblich auf angekündigte Hinweise aus dem Ministerium, wie der Beschluss in der Praxis umgesetzt werden soll. "Handlungsempfehlungen? Wir brauchen Manpower!", ist Sonja Schwab von der Caritas verärgert.

Gesundheitsministerium: Hilfsorganisationen sollen unterstützen

Aus München kam am Dienstag lediglich ein "Appell" von Pflegestaatssekretär Klaus Holetschek (CSU): Die Einrichtungen sollten sich auf örtlicher Ebene an Hilfsorganisationen wie Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, Malteser oder Johanniter wenden. Sie hätten Unterstützung in Aussicht gestellt. Doch dass sie nur annähernd die benötigte Zahl an Tests leisten können, gilt als ausgeschlossen – zumal Mitarbeiter und Bewohner der Heime Vorrang haben. 

AWO-Verantwortliche Ulrike Hahn bringt den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) als mögliche Hilfe ins Spiel. Oder – so eine Überlegung von Caritas-Kollegin Sonja Schwab – bekommen Heimbesucher an den Teststrecken eigene Spuren? Auch dies eine Personalfrage. Hinzu kommt die Fehlerquote bei den Schnelltests, leicht wiege man sich in falscher Sicherheit: "Sie sind eine reine Momentaufnahme", warnt Eva von Vietinghoff-Scheel. Wegen der Unklarheit nutzten am Dienstag jedenfalls viele Angehörige nochmal die Gelegenheit zu einem Besuch im Heim. Ohne Test.

 
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  • J. G.
    Ja die Aussage vom Palmer ist zwar hart, aber trifft doch den Kern der Situation. Ansonsten hat er echt ein gutes Management. Auf der Seite von Tübingen ist schon veröffentlicht, wo es ab Mitte Dezember FFP2-Masken für Risikogruppen gibt. So macht man es richtig und andere Städte können sich davon eine Scheibe abschneiden. Hier ist es wieder mal so, dass die ganze Verantwortung beim Pflegepersonal liegt. Die Politik sollte nicht nur heiße Luft verbreiten, sondern auch im Sinne aller Beteiligten handeln. Konsequenz wäre eigentlich, dass jeder - soweit möglich - seine Angehörigen aus den Heimen holt.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    @Celina underline Kerstin.... freilich haben Sie Recht. Söder hat zu Beginn der Krise und lange danach, vor allem sich selbst im Blick gehabt. Dabei ist das ein oder andere, gerade auch in Bayern, auf der Strecke geblieben. Auch in den Alters und Pflegeheimen. Gerade deshalb ist jetzt freiwilliges und auch ehrenamtliches Engagement gefragt. Vielleicht schaffen Sie es im Kreistag eine Initiative zu starten.
    Die Grünen haben im Landtag als einzige Oppositionspartei dem Maßnahmenpaket der Regierung, trotz aller Kritik zugestimmt. Damit zeigen sie, dass bei ihnen die Sache im Vordergrund steht. Thx.
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    Generell FFP2 Masken in den Alters und Pflegeheimen. Dort, wo die Inzidenz hoch ist, sind auch Schnelltests für alle Besucher/Personal notwendig. Mit etwas guten Willen, lassen sich auch freiwillige Helfer finden, die den Abstrich professionell durchführen.
    Das Virus muss unter allen Umständen von den Pflegeheimen ferngehalten werden, sonst steigt die Anzahl der Coronatoten steil an und die eh schon knappen Ressourcen in den Krankenhäusern werden nicht mehr ausreichen.
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  • P. K.
    Einige Kommentatoren finden im konkreten Zusammenhang einen gewissen Boris Palmer, noch OB von Tübingen, als gutes Vorbild.
    Boris Palmer sagte u.a. folgendes "Ich sag es Ihnen mal ganz brutal: Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären"
    Seither gilt Boris Palmer eher als Unmensch.
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  • T. M.
    Ja genau PKD der Boris Palmer! Wenn ich’s mir recht überlege muss man den Erfolg in Tübingen auch noch anderen zuschreiben, wie zb dem Stadtrat, dem Gesundheitsamt, den Bürgern Tübingens sowie vielen anderen in dieser Stadt die solche Zahlen erst möglich machen.
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    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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  • R. H.
    Das ist ein Besuchsverbot. Ich erhielt heute einen Anruf, dass ich nur noch mit aktuellem Test meinen Vater besuchen darf. Somit müsste ich jede Woche einen halben Tag Urlaub nehmen um einen Test machen zu lassen, dessen Ergebnis unter Umständen nicht rechtzeitig kommt. FFP 2 Masken und Abstand haben sich gut bewährt. Eine 100%ige Sicherheit werden wir sowieso nie erreichen. Die zumeist dementen Bewohner im Seniorenheim müssen darunter leiden !!!
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  • T. M.
    Geht uns leider genauso!
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  • A. K.
    Das hätte man schon sehr viel früher machen sollen. Anstatt die Zeit zu verplempern und dann mit sinnlosen Massentests nichts zu erreichen, hätte man sich ein Konzept ausdenken sollen, dass darauf aus ist, maximalen Schutz für derartige Einrichtungen zu gewährleisten, da doch eine sehr hohe Anzahl der Verstorbenen hier raus kommt.
    Warum hat man es nicht hinbekommen, jeden Mitarbeiter vor jedem Dienst mittels Schnelltest zu testen. Das selbe bei jedem Besucher. Nein, lieber hat man viel viel Geld für Massentests rausgehauen und doch nichts erreicht. Wie Tommy33 hier schon schrieb: Tübingen machts vor. Da funktioniert der Schutz der Alten. Und sind wir uns doch mal ehrlich, darum gehts doch im wesentlichen.
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  • P. K.
    Und Hei_Do meint, dass genau das mit dem Schnelltest zu viel Aufwand wäre.
    Was nun?
    Erhöhte Sicherheit mit Aufwand oder weniger Sicherheit mit einem eigentlich minimierbaren Risiko den Tod mit zu bringen.
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  • R. H.
    Sie haben falsch gelesen. Schnelltest wäre ok, nur wer soll das machen.
    Zuviel Aufwand sind die "normalen" Tests. Urlaub und auf Ergebnisse warten und das wöchentlich
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  • K. C.
    Aus der Hüfte geschossen, grottenschlecht vorbereitet und breitbeinig verkündet - dieser Söder-Beschluss lässt die Einrichtungsleiter*innen, die Verwandten und die Bewohner*innen ratlos zurück. Es fehlt jegliche konkrete Regelung zu mobilen Testteams - so bleibt erst mal nur Frust bei allen Betroffenen. Nach fast einem Jahr Corona fehlt immer noch eine durchführbare, gut vorbereitete Strategie, wie die Oma im Pflegeheim besucht werden kann.
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  • T. M.
    Dabei müsste man nur mal zu Palmer nach Tübingen schauen wie man es richtig macht!
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  • M. Z.
    Was macht der denn? Bzw. was läßt der machen?
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