Es war der Tag, an dem aller Schrecken in dem Würzburger Seniorenheim seinen Lauf nahm: Am 8. März 2020 – vor genau einem Jahr – wurde der erste Bewohner von St. Nikolaus positiv auf das Coronavirus getestet. Vier Tage später starb der 83-Jährige in der Uniklinik. Er war der erste Corona-Tote in Bayern.
Allein in dem Würzburger Heim sollte die Pandemie in den kommenden Wochen weitere 24 Todesopfer fordern. 75 von rund 170 Bewohnern und 40 Pflegekräfte infizierten sich. Bundesweit geriet die Einrichtung der Stiftung Bürgerspital in die Schlagzeilen, ehe weitere Ausbrüche in Altersheimen überall in der Republik folgten.
Bürgerspital: Alle Mitarbeiter sollen am Montag eine Kerze anzünden
Für das städtische Bürgerspital ist der Jahrestag Anlass, zurückzuschauen – und dabei vor allem den Pflegekräften und anderen Mitarbeitern zu danken. Sie hätten sich in den schweren Wochen und bis heute über die Belastungsgrenze hinaus engagiert, sagt Stiftungsdirektorin Annette Noffz. Als Geste erhielten alle 600 Angestellten nun ein kleines Präsent und eine Kerze. Die sollen sie an diesem Montag alle zeitgleich um 20.15 Uhr anzünden. Ein stilles Gedenken zuhause, einzeln und doch vereint in der Erinnerung an einen "Albtraum", wie Noffz das Geschehen im März 2020 heute nennt.
Mit Schaudern erinnert sie sich an die Infektions- und Todesmeldungen aus dem Heim und an den verzweifelten Kampf: "Schutzanzüge, Teströhrchen – all das war Mangelware zu Beginn der Pandemie", sagt die Direktorin. Reihenweise sei wegen der Quarantäne-Anordnungen das Personal ausgefallen. "Wir wussten kaum mehr, wie wir das alles stemmen sollen. Es war eine schreckliche Zeit."
Und doch habe sie auch einen positiven Effekt gehabt: "Ungeheurer Teamgeist" und Zusammenhalt bei den Mitarbeitern seien entstanden. "Nur so haben wir das alles geschafft." Auch der Stiftungsrat des Bürgerspitals mit seinem Vorsitzenden, Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt, erinnert in einem Gedenk- und Dankschreiben an den Einsatz der Pflegekräfte. Nicht minder wichtig sei die Unterstützung aus anderen Abteilungen gewesen, von Rettungsdiensten oder auch durch Musik vor den Fenstern.
Gern verzichtet hätte man dagegen auf die Aufmerksamkeit penetranter Boulevardmedien und Kamerateams, die den Pflegekräften vor dem Heim auflauerten und die schwierige Situation noch skandalisierten. Kritische Fragen gab es ohnehin, auch das Gesundheitsamt musste sie sich gefallen lassen. Angehörige zeigten sich verunsichert, vermissten Informationen. Die Stiftung verwies auf die anfängliche Überlastung.
"Es dauerte gefühlt eine Ewigkeit, bis alle, auch die Pflegekräfte getestet werden konnten", heißt es im Schreiben des Stiftungsrates. Erst dann konnten alle Infizierten verlegt und isoliert werden. Ein Jahr später hat sich die Situation grundlegend geändert: Einmal pro Woche unterzieht sich das Pflegepersonal einem PCR-Test an der Würzburger Teststrecke, zusätzlich werde wöchentlich ein Schnelltest angeboten, so Stiftungsdirektorin Noffz.
Impfungen sorgen für Erleichterung
Die jüngste Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Aufhebung der Testpflicht für das Pflegepersonal in Heimen begrüßt Noffz zwar. Dennoch setzt man weiter auf – nun freiwillige – Tests, denn ein Großteil der Mitarbeiter sei noch nicht geimpft. Anders als die Bewohner. Seit diese auch die zweite Impfung erhalten haben, ist Erleichterung spürbar im Heim St. Nikolaus und im benachbarten Ehehaltenhaus, ebenfalls unter dem Dach des Bürgerspitals. Oder wie es die Direktorin sagt: "Ich atme leichter."