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Würzburg
Kommentar zum Urteil gegen den Messerangreifer: Warum es richtig ist, Abdirahman J. in Deutschland wegzusperren
Die Trauer um die Opfer ist auch nach dem Prozess groß. Wie die Würzburger Stadtgesellschaft trotzdem zusammengerückt ist, ist alles andere als selbstverständlich.
Nach 15 Verhandlungstagen ging am Dienstag in der Weißen Mühle in Estenfeld (Lkr. Würzburg) der Prozess gegen den Messerangreifer vom Würzburger Barbarossaplatz zu Ende.
Foto: Fabian Gebert | Nach 15 Verhandlungstagen ging am Dienstag in der Weißen Mühle in Estenfeld (Lkr. Würzburg) der Prozess gegen den Messerangreifer vom Würzburger Barbarossaplatz zu Ende.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:53 Uhr

Das Urteil war keine Überraschung mehr. Abdirahman J., der Mann, der am 25. Juni 2021 in Würzburg drei Frauen getötet und neun Menschen schwer verletzt hat, wird in einer forensischen Psychiatrie untergebracht – wenn es sein muss: lebenslänglich. Die intensive Beweisaufnahme vor dem Landgericht Würzburg hat alle Vermutungen bestätigt, dass der Somalier schuldunfähig war, als er die heimtückischen Morde beging. Und dass diese sich jederzeit wiederholen könnten.

Für die Opfer, die Verletzten, die Angehörigen der Getöteten, kann das Urteil kein Trost sein. Ihr Leben hat sich von einem Tag auf den anderen komplett verändert, sie werden für immer unter den Folgen der Bluttat leiden. Der Rechtsstaat indes kann nicht mehr leisten, als den Täter jetzt dauerhaft wegzusperren. Und es ist richtig, dies hier in Deutschland zu tun, auch wenn es uns Steuerzahler viel Geld kostet. Abdirahman J. einfach nach Somalia abzuschieben, entspräche nicht rechtsstaatlichen Prinzipien.

Für die Opfer kann das Urteil kein Trost sein

Trotz der – nach den Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft – ziemlich eindeutigen Ausgangslage hat sich das Gericht drei Monate Zeit genommen, die Hintergründe der Tat aufzuklären. Auch dies nicht zuletzt im Interesse der Opfer, die neben ihrer Trauer Antworten auf viele Fragen erwarteten. Gab es ein politisches Motiv? Hätten Behörden und Mediziner die Morde durch ein konsequenteres Einschreiten verhindern können?

Nein, es gab keine rechtliche Grundlage, Abdirahman J. schon eher in einer geschlossenen Klinik unterzubringen. Dass er psychisch krank ist, war für die Ärzte, die ihn schon vor der Bluttat in Behandlung hatten, kein Geheimnis. Konsequenzen aber hätte er selbst ziehen – und beispielsweise regelmäßig Medikamente einnehmen müssen. Er hat es nicht getan. Stattdessen hat er durch Drogenkonsum seine paranoide Schizophrenie eher noch befördert.

Geflüchtete Menschen müssen intensiver psychologisch betreut werden

Die Morde, die der Somalier begangen hat, sind unentschuldbar. Gleichwohl ist es auch eine Erkenntnis des Würzburger Verfahrens, dass geflüchtete Menschen, die oft auf vielfältige Weise traumatisiert sind, nach der Ankunft in Deutschland einer intensiven, psychologischen Betreuung bedürfen. Hier die Angebote auszubauen, kostet ebenfalls jede Menge Geld. Am Ende aber profitiert neben den einzelnen Geflüchteten das Miteinander in der Gesellschaft.

Dieses Miteinander zwischen Einheimischen, Zugewanderten und Geflüchteten ist ein hohes Gut. In Würzburg wird es seit Jahren beständig, geradezu selbstverständlich gepflegt. Umso größer war der Schock nach den Morden am Barbarossaplatz  – nur knapp fünf Jahre, nachdem ebenfalls in Würzburg ein Flüchtling aus Afghanistan bei einem Axt-Attentat fünf Menschen schwer verletzt hatte.

Trotz der schrecklichen Bilder behielt die Zivilgesellschaft die Nerven

Es war die Zivilgesellschaft in Würzburg, die trotz der schrecklichen Bilder die Nerven behielt. Angeführt von Oberbürgermeister Christian Schuchardt trauerten und weinten die Menschen in der Stadt mit den Opfern und ihren Angehörigen. Gleichzeitig wiesen sie alle Versuche zurück, die Bluttat für eine Politik zu instrumentalisieren, die gegen das friedfertige Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Hautfarbe, Religion oder sexueller Orientierung gerichtet ist. So scheiterte auch die Absicht der rechtsradikalen AfD, aus der Empörung, der Wut über die Morde Kapital zu schlagen, am Würzburger Miteinander.

Gelingen konnte das auch deshalb, weil es neben einigen Einheimischen auch Menschen, die selbst geflüchtet sind, waren, die sich Abdirahman J. in den Weg stellten – und so noch mehr Tote und Verletzte verhindert haben. So schlimm der Alptraum auch war, die Würzburginnen und Würzburger, egal woher sie stammen, sind nach dem 25. Juni 2021 noch enger zusammengerückt.  

 
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