Hinter dem Holzhaus in der Kürnacher Ortsmitte gackern die Hühner der Familie Eberth. "Wir wohnen hier ökologisch nachhaltig", sagt der Hausherr, der hier vor allem sonntags nach frisch gelegten Eiern sucht und sich aufs Frühstück mit der Familie freut. Vor der kleinen Garage im Hof, die gerade als Wahlkampfzentrale dient, steht ein Elektro-Auto. Mit diesem tourt Thomas Eberth eifrig durch den Landkreis. Manchmal kommt er dabei auch ganz schön ins Schwitzen. Nämlich dann, wenn er von Tauberrettersheim zurück nach Kürnach muss und der Batteriestand des Wagens sich vor dem Ziel immer mehr dem roten Bereich nähert.
Gezielt in den Norden geworfen
An diesem Morgen fährt Thomas Eberth Bus. Nach Zell am Main geht die Tour, denn dieses Ziel traf Eberth zwei Tage vorher, als er in der Lokalredaktion mit einem Pfeil auf die Landkreiskarte warf. Es hatte den Anschein, als ob der 44-Jährige sich gezielt auf die nördliche Hälfte des 968 Quadratkilometer großen Landkreises konzentriert. Der erste Pfeil landete irgendwo im Gramschatzer Wald, der zweite traf Zell ziemlich genau.
Von Kürnach aus ist die Fahrt nach Zell ein Katzensprung. Jede halbe Stunde fährt der Bus Richtung Würzburg. Dort wird es kurz mal spannend. Drei Minuten bleiben zum Umsteigen. Es wird ein Rennen gegen die Zeit. Von wo aus fährt Bus-Nummer 522? Eberth weiß kurz mal nicht, wo und wie es weitergeht – und erwischt den Anschluss am Ende doch noch.
Mit dem Bus fährt der junge Vater von zwei Kindern selten. Mal mit der Familie auf Kiliani, aber "im normalen Alltag bringt der Bus zu wenig Flexibiliät", sagt er während der Fahrt. "Überhaupt gilt es, bei öffentlichen Verkehrsmitteln auch die Realität zu sehen. Die individuelle Mobilität kann der ÖPNV nicht ersetzen." Und, vielleicht ein bisschen an jene gerichtet, die einen besseren Anschluss an den Nahverkehr fordern, fragt Eberth: "Ist es sinnvoll, zu bestimmten Zeiten leere Luft durch den Landkreis zu fahren?"
Thomas Eberth hat gezögert, als es darum ging, wer für die CSU zur Landratswahl antritt. "Einen Bürgermeister-Job aufzugeben, ist schon nicht einfach", sagt er ein bisschen wehmütig. Denn als Bürgermeister könne er den Menschen vor Ort helfen, ihr Lebensumfeld gestalten, ihnen beistehen in Freud und Leid. "Das ist in keinem politischen Beruf so."
Das Amt des Landrats, sollte Eberth gewählt werden, sieht er als neue Herausforderung. "Neue Impulse würden dem Landkreis gut tun", sagt er. Dazu gehört für ihn auch das Kommunalunternehmen, das zwar "leistungsstark" und "gut aufgestellt" ist, aber "wieder näher an die Politik gebracht werden muss". Und Eberth will nicht nur die Behörde leiten, sondern mitarbeiten um reinzuschnuppern: In der Pflege, als Müllmann, Fahrkartenkontrolleur und Putzfrau.
Und wenn es nicht klappt mit der Wahl? "Ich kann mir auch gut ein Leben außerhalb der Politik vorstellen", sagt der 44-jährige Betriebswirt, der zuletzt in der Unternehmensberatung tätig war.
Eberth setzt nicht auf den CSU-Bonus
Fürchtet Eberth um den CSU-Bonus? "Es ist fraglich, ob es den überhaupt noch gibt", sagt er und spricht über ein paar Fehlentscheidungen seiner Partei auf Landesebene. Die kostenlose Kinderbetreuung sieht er beispielsweise kritisch. "Das verpufft. Mehr Geld für Qualität und Ausstattung der Kitas wäre sinnvoller gewesen". Und zum Schutz der Bienen wäre es ihm lieber gewesen, in die politische Auseinandersetzung zu gehen, um den Artenschutz auf eine breite Basis zu stellen – statt die Positionen des Volksbegehrens gleich in einem Gesetz zu übernehmen.
In Zell scheint die Sonne. Beim Spaziergang durch den schattigen und engen Altort blüht Eberth auf. "Die Entwicklung von Ortskernen – das ist mein Steckenpferd." Wenn er Landrat wird, will er auch eine Task-Force, also eine Gruppe aus Experten einsetzen, die Gemeinden wie Zell zur Seite steht. Denn alte Häuser gehörten zur Identität einer Gemeinde. "Wenn so etwas leer steht, muss überlegt werden, wie sich das Gebäude erhalten lässts." Im Judenhof, zwischen Laubhütte und historischen Baudenkmälern, sagt Thomas Eberth dann: "Zell verkauft sich unter Wert."
Ein paar Meter weiter am Main wird in Zell gerade gebaut. Ein Spielplatz entsteht neben der Anlage für Skater, Fitnessgeräte für Senioren sind schon aufgebaut, ist Eberth wieder zufrieden. "Das bedeutet Lebensqualität für eine Gemeinde", sagt er. Auch das zu fördern sei Aufgabe der Kreispolitik. Überhaupt möchte er, dass davon wieder mehr wahrgenommen wird. Landrat Eberth, sofern er es wird, möchte raus auf die Dörfer, Sprechstunden in den Rathäusern abhalten und die Anliegen der Bürgermeister und der Bürger hören. "Ich will nicht nur die Bürgermeister unterstützen, sondern auch die Menschen vor Ort", sagt der Kandidat.
Und es wird ihm im Kreistag zu wenig darüber diskutiert, was mit dem Geld der Gemeinden, der Kreisumlage, passiert. Es gehe nicht um die Frage, wie viel Prozentpunkte gehen wir hoch oder runter, sondern darum, was mit dem Geld passieren könnte. Zu lange sei über die Sanierung der Förderschulen und über das Wolffskeel-Bad im Kreistag gesprochen worden, kritisiert er. "Wir müssen den Bürgermeistern auch mal sagen können, das passiert mit dem Geld eurer Gemeinde."
Sind das alles nur große Reden vor der Wahl? Ist Thomas Eberth ein Show-Man? "Wer das sagt, hat die letzten Jahre in Kürnach nicht mitbekommen", antwortet er. "Jedes Mal, wenn ich in der Öffentlichkeit stehe, steckt dahinter intensive Arbeit. Keine Show." Als Beispiel nennt er das Gasthaus Stern in Kürnach, das von der Gemeinde gekauft und auf ihre Kosten hergerichtet wurde. "Ein Leuchtturm für die Innenentwicklung. Danach kann man es auch mal krachen lassen."
In Zell wird gerade über ein Ärztehaus diskutiert. Die medizinische Versorgung, vor allem im ländlichen Raum, ist für Eberth eine der Herausforderungen in den nächsten Jahren. "Leider werden wir auch in größeren Gemeinden nicht mehr den Arzt vor Ort haben", sagt er. "Ärztezentren zusammen mit Apotheken und Therapeuten werden die Zukunftsprojekte sein." Und was Zell betrifft, hätte ein gemeinsames Ärztezentrum mit Margetshöchheim, wo es ein solches bereits gibt, sicher funktioniert, ist er überzeugt.
In der Hauptstraße bleibt er vor dem Weinhändlerpalais stehen. Über dem Portal steht die Jahreszahl 1844. "Wenn sich hier kein Privatmann findet, muss die Gemeinde ran", sagt er. "So etwas darf nicht verfallen", schwärmt er weiter vom Zeller Altort und dem Potenzial das hier hinter alten Mauern verborgen ist.