
Die vierte Corona-Welle trifft den Freistaat heftig. Aus den Kliniken werden die Notrufe dringlicher, freie Intensivbetten gibt es vor allem in Südbayern kaum noch. Mehr und mehr Patientinnen und Patienten müssen behandelt werden - doch dafür stehen immer weniger Pflegekräfte zur Verfügung. In vielen bayerischen Krankenhäusern herrscht akute Personalnot – teilweise können deshalb weniger Intensivbetten betrieben werden als noch vor der Pandemie. Ist die Lage auf den Intensivstationen in Unterfranken auch so brisant?
Die Versorgungskapazität von Kliniken sei immer schon von der Personalstärke abhängig gewesen, sagt Dr. Matthias Held, Ärztlicher Direktor und Lungenspezialist am Klinikum Würzburg Mitte (KWM). Der Personalstock sei grundsätzlich "nicht üppig", genau das werde in Extremsituationen wie einer Pandemie zum Problem. So schwanke auch am KWM die Zahl der Betten, die belegt und betrieben werden können, je nach Einsatzfähigkeit des Personals. Maximal könnten 34 Intensivbetten genutzt werden, sagt Held. Am Klinikum Würzburg Mitte seien derzeit etwa gleich viele Pflegestellen besetzt wie vor der Pandemie und "Zu- und Angänge halten sich die Waage". Doch gebe es im Moment vermehrt Krankheitsfälle.
Ein Drittel der Pflegenden denkt über Berufsausstieg nach
Bundesweit sind laut der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) allein seit Jahresbeginn rund 4000 der zuvor über 26 000 Intensivbetten weggefallen.In Bayern ist die Zahl laut Gesundheitsministerium um 20 Prozent eingebrochen. Nicht, weil zu wenig Geräte und Betten vorhanden seien – sondern eben, weil Personal fehle.
Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) warnt deshalb vor einem massiven Versorgungsengpass. Vor allem in der Intensivpflege sei die Situation "besorgniserregend". Einer aktuellen Umfrage des Deutschen Krankenhaus-Instituts (DKI) zufolge haben 72 Prozent der deutschen Krankenhäuser heute weniger Intensivpflegepersonal zur Verfügung als Ende 2020. Gründe dafür seien Kündigungen, interne Stellenwechsel oder Arbeitszeitreduktionen. Angesichts der angespannten Corona-Lage könnte sich diese Situation verschärfen: Ein Drittel der Pflegenden denkt laut Berufsverband über einen Berufsausstieg nach.
Was aber heißt das für die Erkrankten? In ganz Bayern waren laut Intensivregister an diesem Montag (Stand 15.11., 12 Uhr) 3097 Intensivbetten betreibbar. Davon waren 2791 belegt und 306 frei. Für die Kliniken in Unterfranken listete das Register insgesamt 438 Intensivbetten. Auch hier waren knapp 90 Prozent belegt.
Generell ist die Zahl der verfügbaren Intensivbetten in der Region jedoch etwa so hoch wie zu Beginn der Pandemie, wie eine stichprobenartige Nachfrage dieser Redaktion ergab. Auch gibt es in Unterfranken bislang keinen "Pflexit", also keinen massenhaften Berufsausstieg der Pflegekräfte. Allerdings kommt es den befragten Kliniken zufolge durch die anhaltende Arbeit am Limit immer häufiger zu Krankmeldungen und dadurch zu Engpässen.
Arbeit am Limit über viele Monate: Mehr Krankheitsfälle beim Pflegepersonal
So hat etwa die Würzburger Uniklinik "neben der auch sonst üblichen Fluktuation keine Pflegekräfte zusätzlich verloren", sagt Sprecherin Susanne Just. Es sei aber "eine erhebliche Arbeitsverdichtung zu beobachten". Insgesamt gibt es im Uniklinikum aktuell 74 Intensivbetten, eine direkte Vergleichszahl zur Zeit vor der Pandemie könne man nicht nennen, sagt Just: "Die Lage auf den Intensivstationen war, ist und bleibt angespannt." Allein schon durch den medizinischen Fortschritt nehme der Bedarf an Intensivplätzen zu - auch "vollkommen unabhängig" von Corona.
Auch im Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt hat die Pandemie bislang zu keinem Rückgang bei den Intensivbetten oder zu einem "Pflexit" geführt. Laut Sprecherin Julia Schüler stehen dort 41 Betten zur Verfügung, auf den Intensivstationen arbeiten 140 Pflegekräfte in Voll- und Teilzeit. Damit habe man das Niveau von Februar 2020 halten können, sagt Schüler. Jedoch mache sich bemerkbar, dass die Pflegekräfte "anstrengende und herausfordernde eineinhalb Jahre hinter sich haben". Und: Momentan seien etwa drei Viertel der Intensiv-Covid-Patienten nicht geimpft – "deshalb ist es nicht zu leugnen, dass sich eine gewisse Frustration bildet".
"Wir haben eine angespannte Situation", bestätigt Kathrin Kupka-Hahn, Sprecherin des Schweinfurter Krankenhauses St. Josef. Zwar würden wie vor der Pandemie 53 Pflegefachkräfte auf der Intensivstation arbeiten, darunter ein hoher Anteil von Teilzeitbeschäftigten. Dennoch habe Corona die Lage verschärft, viele Pflegende kämen an ihre gesundheitlichen Grenzen. "Krankheitsfälle häufen sich, was weitere Engpässe verursacht."
Täglich werde abgewogen, ob Operationen stattfinden könnten. Von den 14 Intensivbetten im Krankenhaus St. Josef seien alle besetzt. Aber auch "vor der Pandemie waren die Betten unserer Intensivstation zu rund 90 Prozent belegt", so Kupka-Hahn. Als Krankenhaus der Akut- und Regelversorgung versorge man generell "eine entsprechend hohe Anzahl von Notfallpatientinnen und -patienten".
Frustration über ungeimpfte Corona-Intensiv-Patienten
Im Helios St. Elisabeth-Krankenhaus in Bad Kissingen ist die Intensivstation momentan ebenfalls voll belegt, teilt Sprecher Ozan Kuhn mit. Die Bettenzahl sei unverändert, Notfälle könne man auch aktuell weiter aufnehmen. Ähnlich sieht es im Klinikum Main-Spessart aus.
In der Klinik Kitzinger Land gibt es laut Vorstand Thilo Penzhorn ein Intensivbett weniger als vor der Pandemie. Von einem massenhaften Berufsausstieg der Pflegekräfte merke man nichts. Auch das Klinikum Main-Spessart habe die Zahl von 20 Vollzeit-Pflegekräften im Intensivbereich seit Januar 2020 halten können, sagt Sprecherin Anja Hildenbrand. Aktuell seien sieben Intensivbetten belegbar, zwei weniger als vor der Pandemie.
Solange wie es nur noch um Gewinnorientierung im Gesundheitswesen geht, wird es bergab mit der Versorgung gehen. Da werden Krankenhäuser geschlossen und Aktiengesellschaften zu Krankenhausbetreiber gemacht. Da geht es doch nur darum dass die Damen und Herren Aktionäre am Ende Gewinne einfahren. Pflegekräfte werden unterbezahlt und somit davon abgehalten weiter in ihrem Beruf zu überleben. Betten werden reduziert und dann sind die ungeimpften daran Schuld dass es zu Überlastung kommt.