Die Nachricht ist alarmierend: Die Krankenhäuser in der Region Main-Rhön sind fast schon wieder am Limit. Doch ursächlich dafür ist nicht in erster Linie die steigende Inzidenz. "Derzeit ist die Lage bei der stationären Versorgung von Covid-Patienten beherrschbar", sagt Dr. Michael Mildner, der mit dem Aufflammen der vierten Corona-Welle erneut zum "Ärztlichen Leiter Krankenhauskoordinierung" in der Region Main Region bestellt wurde. Was ihm mehr Sorge bereitet, ist die generell anhaltend hohe Auslastung der Intensivstationen in seinem Zuständigkeitsbereich. Diese liegt bei 94 Prozent (Stand 25. Oktober, 8 Uhr).
Ist das eine Nachwirkung von Corona? Werden jetzt aufgeschobene OP nachgeholt? "Nein", sagt Mildner. Der Grund für die hohe Auslastung der Intensivstationen in den Landkreisen Bad Kissingen, Haßberge, Rhön-Grabfeld und Schweinfurt sowie der Stadt Schweinfurt ist ein anderer: "Die Intensivbetten in unserer Region sind weniger geworden", so Mildner. "Aktuell sind es 114, wir hatten aber mal 120."
Und auch diese Zahl sei schwankend, weil ihr nicht die technische Ausstattung, sondern das zur Verfügung stehende Personal zugrunde liege. So könne es passieren, dass wegen Personalknappheit vorübergehend eine Schicht nicht besetzt werden könne. Die Rettungsleitstelle kann dann dem betroffenen Krankenhaus keine Notfälle zuweisen. "Es gibt Betten, es gibt Maschinen, aber es gibt keine Leute", fasst Mildner die Lage zusammen.
"Bei uns ist die Situation noch einigermaßen gut", weiß der ärztliche Krankenhauskoordinator. Er kenne aber Kliniken, die schon die Hälfte ihrer OP-Säle geschlossen hätten. So gebe es bereits jetzt Anfragen aus Südbayern, Patienten zu übernehmen. Mildner erwartet daher für die kommenden Monate eine weiter hohe Belastung der Akutkrankenhäuser in der Region, auch durch Covid-Patienten. Aktuell befindet sich in den Krankenhäusern der Region Main-Rhön laut Mildner eine mittlere zweistellige Zahl an Covid-Patienten in stationärer Behandlung, davon zehn Prozent auf Intensivstationen.
Einen kurz- bis mittelfristigen Ausbau der Intensivkapazitäten hält Mildner kaum für möglich. Nach über einem Jahr Corona stellt er eine zunehmende Personalermüdung vor allem im Pflegebereich fest. Dort arbeiten die Menschen am Rande ihrer Möglichkeiten.
Schaltstelle in der Corona-Pandemie
Zur besseren Steuerung und Verteilung von Patientinnen und Patienten in der Corona-Pandemie waren schon Ende vergangenen Jahres in den Landkreisen und kreisfreien Städten auf Ebene der Zweckverbände für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) bayernweit "Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung" eingesetzt worden. Mildner war bereits im Frühjahr 2020 und Ende 2020 bis Juli 2021 mit dieser Aufgabe betraut gewesen. Aufgrund der steigenden Corona-Zahlen erfolgte nun eine neuerliche Reaktivierung der Krankenhauskoordinatoren.
Diese Ärztlichen Leiter sind mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen ausgestattet. Ihre Aufgabe ist es, die Verteilung der Patienten auf Kliniken und Reha-Einrichtungen zu koordinieren. Dafür können sie laut dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege unter anderem die Verlegung von Patienten veranlassen und Covid-19-Schwerpunktkrankenhäuser bestimmen.
Landrat Florian Töpper bedankt sich bei Mildner für seine Bereitschaft, diese Funktion erneut zu übernehmen: "Dem Ärztlichen Leiter kommt in der aktuellen Phase der Corona-Pandemie eine zentrale Bedeutung zu." Mildner bringe dank seiner jahrelangen Tätigkeit als Chefarzt und ärztlicher Direktor des St.-Josef-Krankenhauses das Fachwissen und vor allem die nötige Erfahrung mit, um diese "äußerst anspruchsvolle und mit viel Verantwortung verbundene Aufgabe bewältigen zu können".