
Wie kommt mein Kind zur Schule? Diese Frage stellt sich für alle Familien mit schulpflichtigen Kindern. Wer per öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) sein Ziel erreichen möchte, nutzt diesen als Schülerin oder Schüler bis einschließlich 10. Klasse in der Regel kostenfrei. Grundlage hierfür ist die in Bayern geltende Schulwegkostenfreiheit – vorausgesetzt, der Schulweg für Kinder bis zur 4. Klasse beträgt einfach mehr als zwei Kilometer und ab der 5. Klasse mehr als drei Kilometer. In Würzburg bekommen etwa 3200 Schülerinnen und Schüler ihre Fahrkarte erstattet.
Wer näher an der Schule wohnt, muss sein Ticket selbst bezahlen; das günstigste Ticket für Schüler und Schülerinnen in der Stadt ist das 365-Euro-Ticket, das ein Jahr lang gültig ist. Juliane Adelmann aus Würzburg findet, dass dies nicht dem Grundversorgungsgedanken entspricht und plant, ein Bürgerbegehren zu initiieren: "Allen schulpflichtigen Kindern sollte ein kostenfreier Schulweg mit dem öffentlichen Nahverkehr ermöglicht werden", ist die Mutter einer elfjährigen Tochter überzeugt.
Zu Fuß oder per Rad zur Schule ist für viele keine Alternative
Die Alternativen seien gerade für jüngere Schüler oft wenig geeignet: Eine Büchertasche wiege nicht selten bis zu zehn Kilo, was den Weg zu Fuß erschwert. Radwege, auf denen die Kinder sicher zur Schule kommen, seien in der Stadt nicht ausreichend oder teils gar nicht vorhanden, so die Mutter: "Die Strecken sind häufig alles andere als ungefährlich."
Das Ergebnis: Gerade jüngere Schülerinnen und Schüler würden von ihren Eltern mit dem Auto zur Schule gebracht – nicht zuletzt, da dies unterm Strich billiger als das 365-Euro-Ticket komme. "Der in der Stadt gut ausgebaute ÖPNV wäre ein guter Weg, um junge Menschen an klimafreundliche Mobilität heranzuführen, er ist aber zu teuer", sagt Adelmann. Ein 365-Euro-Ticket, um im gesamten Verbundgebiet fahren zu können, würden Stadtschüler nicht benötigen.
Nicht akzeptabel findet sie zudem, dass jeder Studierende in Würzburg den ÖPNV günstiger nutzen kann als Schüler – "und das, obwohl ein Studium frei gewählt ist, anders als Schule, die bis zur 9. oder 10. Klasse Pflicht ist". Das Semesterticket kostet laut Studierendenwerk Würzburg 90,90 Euro pro Semester; das sind 181,80 Euro pro Jahr.
Doch wie kann man die Situation ändern? Juliane Adelmann schlägt vor, dass die Stadt Würzburg ein 9-Euro-Monats-Ticket für Stadtschülerinnen und -schüler einrichtet. "Dabei geht es nicht darum, die bayerische Gesetzgebung zur Schulwegkostenfreiheit zu ändern, sondern den benachteiligten Stadtkindern und ihren Familien auf kommunalpolitischer Ebene etwas entgegenzukommen", betont sie. "Die jetzige Situation ist sozial ungerecht", schließlich könnten per ÖPNV neben dem Weg zur Schule auch Fahrten zu Sportaktivitäten oder Freunden zurückgelegt werden.
Mit ihren Kritikpunkten und Ideen hat sich Adelmann an die Stadt Würzburg gewandt – ein Gespräch mit dem zweiten Bürgermeister Martin Heilig, der auch das Umwelt- und Klimareferat leitet, habe allerdings zu keinem konkreten Ergebnis geführt. Auf Anfrage dieser Redaktion bezieht Heilig auch öffentlich Stellung zur Initiative Adelmanns.

"Meine Aufgabe ist es, den ÖPNV aus städtischer Perspektive zu gestalten und in diesem Kontext verstehe ich auch die Initiative von Frau Adelmann", sagt Heilig. Ein 9-Euro-Ticket für Schüler als neuer ÖPNV-Tarif "hört sich zunächst interessant an". Intern habe man überlegt, wie ein solches Ticket eingeführt werden könnte. "Letztlich würden wir für ein 9-Euro-Ticket für alle Schüler jährlich zirka 900.000 Euro aus dem städtischen Haushalt aufbringen müssen."
Dieser Maßnahme stehe die angespannte Haushalts-Lage der Stadt gegenüber: "Würden wir einen solchen Betrag in weitere Ausweitungen des Fahrplanangebots stecken, könnten wir wesentlich mehr Fahrten neu auf den ÖPNV verlagern als mit einem 9-Euro-Ticket für Schüler, was dem Klimaschutz mehr helfen würde", erklärt Heilig.
Ein weiteres Problem eines 9-Euro-Tickets sei, dass sich die Zuschüsse des Freistaats im Rahmen des Gesetzes zur Schulwegfreiheit am günstigsten möglichen Ticket orientieren, in diesem Fall also dem 9-Euro-Ticket. Dadurch würde die Stadt "erhebliche weitere Mittel verlieren", so Heilig. "Es kann nicht sein, dass wir als Stadt fördertechnisch schlechter gestellt werden, wenn wir Tarife für Schüler vergünstigen."
Auch Jenifer Gabel, alleinerziehende Mutter zweier Kinder aus Würzburg, ist überzeugt, dass das jetzige Gesetz zur Schulwegkostenfreiheit "nicht mehr in Zeiten passt, in denen es darum geht, den Individualverkehr zu reduzieren und die Selbstständigkeit von Kindern zu fördern". Auch angesichts von Kinderarmut und einem hohen Armutsrisiko für Alleinerziehende sei die Kostenfreiheit des Schulwegs für alle Kinder und Jugendliche "ein Hebel, wo man Entlastung schaffen könnte". Gerade zu Beginn des Schuljahres würden neben dem 365-Euro-Ticket viele weitere Kosten für Schulkinder anfallen und Familien finanziell belasten.
Solidarmodell beim Semesterticket: Studierende müssen es kaufen
Die geringeren Preise für Semestertickets für Studierende erklärt Heilig mit dem sogenannten Solidarmodell für diese Tickets: "Das bedeutet, dass jeder Student das Ticket kaufen muss, auch wenn er es gar nicht nutzt oder will – nur dadurch sind die günstigen Preise möglich." Hierfür gebe es im Bayerischen Hochschulgesetz eine gesetzliche Grundlage; im Bereich der Schule gebe es diese nicht. Und: "Übertragen auf Schüler müssten auch die Eltern ein Ticket kaufen, deren Kinder direkt neben der Schule wohnen." Besser wäre laut Heilig, wenn der Freistaat ein günstiges Deutschland-Ticket für Schüler oder sogar ein kostenloses Ticket wie in Hamburg einführen würde.
Stadt Würzburg müsste 9-Euro-Ticket federführend umsetzen
Juliane Adelmann hat derweil noch andere Vorschläge: sei es ein stark ermäßigtes Ticket für Schülerinnen und Schüler aus dem Stadtbereich, das zumindest von sieben bis 19 Uhr genutzt werden kann oder ein 1-Euro-Tages-Ticket, das aufs Jahr gerechnet dem Preis des 365-Euro-Tickets entsprechen würde und ihrer Meinung nach das Problem der reduzierten Förderungen durch den Freistaat verhindern könnte. All diese Ideen sollten von Bürgermeisterseite dem Stadtrat vorgelegt und dann von der Stadt mit der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) diskutiert werden, wünscht sich Adelmann.
Bisher habe es noch keine Gespräche mit der WVV zu diesem Thema gegeben, erklärt Martin Heilig. Was ein 9-Euro-Ticket für Schüler angehe, "müsste dieses federführend durch die Stadt umgesetzt werden, die dann die Differenz zum normalen Tarif allen Unternehmen im Verkehrsverbund ausgleichen müsste".
alle unsere Politiker/innen müssten mit einer Tasche von ca. 25 % ihres eigenen Gewichtes die letzten drei km vom/ zum Arbeitsplatz laufen... diese Regelung würden die aber schnell abschaffen...
Wahrscheinlich würden sie da auch mit dem ÖPNV fahren oder doch das Auto nehmen und nicht laufen.
Mein Vorschlag: Den völlig überzogenen Zuschuß für das Bad des SVW05 in Höhe von ca. 750.000 € sofort abschaffen. Dann benötigt die Stadt für die Schulkinder "nur" noch ca. 150.000 €!!!
Nicht das sich unter Eltern noch herumspricht was Verkehrsbetriebe nicht gerne zugeben ;-)
https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stadtbahn-wenn-kinder-schwarzfahren-ist-die-ssb-machtlos.a26b5822-5f16-4114-9bc4-b036b369aab7.html