
Blasen und schmerzende Füße sind programmiert bei den Ochsenfurter Wallfahrern, die sich am frühen Samstagmorgen auf den Weg zum 110 Kilometer entfernten Kreuzberg gemacht haben - wie seit über 170 Jahren am 26. August. Eine Auszeit vom Trubel des Alltags und das Gemeinschaftsgefühl der rund 170 Pilgerinnen und Pilger sind der Lohn für die Strapazen - endlich wieder, nachdem die Pandemie die letzte Wallfahrt vor zwei Jahren vereitelt hat.
"Man ist einfach aus der Welt, das ist das Faszinierende an der Wallfahrt", sagt Josef Pfeuffer. Dabei kann er dieses Aus-der-Welt-Sein wohl am wenigsten genießen. Seit 1997 ist er Präfekt der Ochsenfurter Kreuzbruderschaft – also praktisch ihr Vorsitzender –, und damit für den reibungs- und gefahrlosen Ablauf ebenso verantwortlich wie für die monatelange Vorbereitung. Und die hatte es nach der Pandemiepause wahrlich in sich.
Keine Massenunterkünfte mehr am Kloster Kreuzberg
Früher waren die Ochsenfurter Wallfahrer fast ausnahmslos in den Massenquartieren am Kloster Kreuzberg untergekommen, erzählt Pfeuffer. Das geht künftig nicht mehr. Weil Brandschutzauflagen nicht mehr erfüllt werden konnten, wurde das Kloster umgebaut, die Zahl der Schlafplätze auf höchsten 120 reduziert. Auch entlang der sechs Tagesetappen seien einige Quartiere weggefallen.
"Das größte Problem ist die Übernachtung", sagt Josef Pfeuffer. Eine Herausforderung für neue Quartiermeisterin Christine Schulz und zugleich ein Kostenfaktor, weil erstmals ein Bus angemietet werden musste, um die Pilgerinnen und Pilger am Abend ins Bett und am nächsten Morgen wieder zurück zum Startpunkt zu bringen. "Deshalb mussten wir die Wallfahrtspauschale drastisch erhöhen auf 25 Euro pro Teilnehmer", bedauert der Präfekt.
Außerdem war deshalb heuer erstmals eine Anmeldung zur Wallfahrt nötig. Früher reichte es Kurzentschlossenen notfalls aus, am 26. August früh mit dem Gepäck an der Stadtpfarrkirche St. Andreas zu erscheinen. Umso mehr freut sich Josef Pfeuffer über die 168 angemeldeten Wallfahrerinnen und Wallfahrer. "Das ist etwas weniger als früher, aber immer noch gut", sagt er. Der enorme Schwund der Pilger, wie ihn die Würzburger Kreuzbergwallfahrt in diesem Jahr beklagen musste, ist in Ochsenfurt also ausgeblieben.
1842 machte sich die Ochsenfurter Kreuzbergwallfahrt selbstständig
Dabei entstanden die beiden Wallfahrten aus den gleichen Wurzeln. Schon 1647, bei der Gründung der Würzburger Kreuzbergwallfahrt, schlossen sich Pilger aus Ochsenfurt dem Zug an. 1840 lösten sich die Ochsenfurter von der Würzburger Kreuzbruderschaft ab und riefen zwei Jahre später – mit päpstlicher Erlaubnis – eine eigene Wallfahrt ins Leben, die seither am 26. August beginnt. Mit einer Strecke von 220 Kilometern, die Pilgerinnen und Pilger innerhalb von sechs Tagen zurücklegen, ist es die längste Wallfahrt zum "heiligen Berg der Franken". Bis zur Corona-Pandemie musste sie nur in Kriegszeiten ausfallen.
Das Altersspektrum unter der Wallfahrerinnen und Wallfahrern habe sich kaum verändert, sagt Josef Pfeuffer. "Natürlich fehlen nach vier Jahren einige Ältere, aber es sind Junge nachgekommen." Überhaupt sei vieles beim Alten geblieben, auch bei den Fahrern der Begleitfahrzeuge. "Die Vorbeter sind die gleichen geblieben, und die Kreuzbergmusikanten auch", so Pfeuffer.
Die Wallfahrt ist vor allem ein religiöses Ereignis
Das macht deutlich, dass die Wallfahrt jenseits der körperlichen Herausforderung vor allem ein religiöses Ereignis ist, das aber allen Konfessionen und Religionen offensteht. Angesichts des Weltgeschehens steht die Wallfahrt unter dem Leitspruch: "Frieden verkündet der Herr seinem Volk". An diesem Motto sind auch die Gebete ausgerichtet, die das Vorbeterteam um ihren Leiter Alois Klüpfel und der geistliche Leiter der Wallfahrt, Stadtpfarrer Oswald Sternagel, vorbereitet haben.
"Die Anspannung ist schon groß, dass alles wieder klappt und alle wieder heil zurückkommen", sagt Josef Pfeuffer. Dabei ist es ein ums andere Mal die große Hilfsbereitschaft entlang der Strecke, die ihn freut. In Schnackenwerth bei Werneck etwa habe sich die örtliche Feuerwehr bereiterklärt, den Pilgerzug zu sichern, wenn er für ein kurzes Stück die Bundesstraße benutzen muss. In Bergtheim ist die Feuerwehr für die Verköstigung der Wallfahrer eingesprungen. Andernorts stellen die Anwohner kalte Getränke bereit, wenn sie wissen, dass die Wallfahrer durchziehen.
Nach Etappenzielen in Werneck und Burkardroth erreichen die Wallfahrer am Montag um die Mittagszeit den Gipfel des Kreuzbergs und werden anschließend am Kloster empfangen. Ein halber Tag Ruhe bleibt ihnen, bevor am Dienstag nach einem Frühgottesdienst der Abstieg beginnt.