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Ochsenfurt
Ochsenfurt: Wie die Kreuzbergwallfahrt im "Home Office" funktioniert
Wegen der Pandemie muss die Ochsenfurter Kreuzbergwallfahrt ausfallen - zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg. Trotzdem will die Kreuzbruderschaft Wallfahrtsgefühle erzeugen.
Von Hunderten Zaungästen werden die Kreuzbergwallfahrer normalerweise bei ihrer Rückkehr nach Ochsenfurt  mit Blumensträußen empfangen, wie hier bei der letzten Wallfahrt 2019.
Foto: Helmut Rienecker | Von Hunderten Zaungästen werden die Kreuzbergwallfahrer normalerweise bei ihrer Rückkehr nach Ochsenfurt  mit Blumensträußen empfangen, wie hier bei der letzten Wallfahrt 2019.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 18.02.2024 07:43 Uhr

Ganz egal, ob sie selbst den langen Fußmarsch auf sich nehmen oder die Pilger nur bei ihrer Rückkehr willkommen heißen - die Ochsenfurter Kreuzbergwallfahrt ist für viele Menschen aus dem südlichen Landkreis Würzburg eine geschätzte Tradition. Lange hat die Ochsenfurter Kreuzbruderschaft deshalb ihre Entscheidung aufgeschoben, die Wallfahrt in diesem Jahr abzusagen. Die Hoffnung, dass sich Pandemielage günstiger entwickelt als erwartet, blieb unerfüllt. Stattdessen gibt es, ähnlich wie in Würzburg, ein Alternativprogramm. Es ist erst das dritte Mal seit ihrer Gründung im Jahr 1842, dass die Wallfahrt außerhalb von Kriegszeiten ausfallen muss.

In allen ungeraden Jahren machen sich die Ochsenfurter Wallfahrer auf den 220 Kilometer langen Fußmarsch zum Kloster auf dem Kreuzberg und wieder zurück. Sechs Tage lang, immer vom 26. bis zum 31. August, sind sie unterwegs. "Wir haben lange hin und her überlegt, ob wir die Wallfahrt stattfinden lassen können, vielleicht auch nur in kürzerer Form", sagt Josef Pfeuffer, der Präfekt, also der Vorsitzende der Kreuzbruderschaft. 

Die letzten Male haben sich um die 170 Wallfahrer aus dem ganzen Ochsenfurter Gau auf den Weg gemacht. Weitere Pilger schlossen sich traditionsgemäß in Eßleben, Werneck und Geldersheim an, so dass der Zug am Ende weit über 200 Teilnehmer zählte. Genau da liegt eines der Hauptprobleme.  "Die Diözese erlaubt derzeit Wallfahrten mit bis zu 100 Teilnehmern", sagt Josef Pfeuffer, "wie sollen wir da entscheiden, wer mitwallen darf, und wen wir ausschließen müssen."

"Wie sollen wir entscheiden, wer mitwallen darf, und wen wir ausschließen müssen."
Josef Pfeuffer, Kreuzbruderschaft Ochsenfurt

Auch die Vergabe der Quartiere wäre schwierig. Viele erfahrene Wallfahrer haben feste Gastgeber. Freundschaften sind so entstanden, die auch in den wallfahrtslosen Jahren fortdauern. Über ihre örtliche Ansprechpartner hat die Kreuzbruderschaft die Gastgeber über die Absage informiert, sagt Josef Pfeuffer, viele seien enttäuscht gewesen.

Zu ihnen zählt auch Tobias Wegscheid vom Hotel Krone-Post in Werneck, das alle zwei Jahre Ochsenfurter Wallfahrer bewirtet und beherbergt. "Unser Restaurant hat Betriebsferien, wir hätten extra aufgemacht", sagt Wegscheid. Schwieriger noch wäre es gewesen, die Pilger an den anderen Übernachtungsstationen in Burkardroth, Arnshausen und Bergtheim unterzubringen. "Es sind viele Privatquartiere, denen wir das wegen Corona nicht zumuten können", so Josef Pfeuffer. Auch die Quartiere am Kloster Kreuzberg seien alles andere als pandemiegerecht.

"Unser Restaurant hat Betriebsferien, wir hätten extra wegen den Wallfahrern aufgemacht."
Tobias Wegscheid, Hotel Krone-Post Werneck

Das Gemeinschaftserlebnis, wohl der wichtigste Aspekt der Wallfahrt, hätte unter Abstands- und Hygieneauflagen empfindlich gelitten, sagt Josef Pfeuffer. Deshalb habe man sich am Ende auch gegen eine verkürzte Pilgerwanderung, vielleicht nur für einen Tag, entschieden. Stattdessen soll nun ein Alternativprogramm zumindest einige Eindrücke der Wallfahrt bewahren.

So soll am Abend des 26. August um 18 Uhr ein Wallfahrtsgottesdienst in der Ochsenfurter Stadtpfarrkirche stattfinden. An die Wallfahrer aus Eßleben, Werneck und Geldersheim, die sich den Ochsenfurter anschließen, hat die Kreuzbruderschaft ebenfalls gedacht. Sie sind am 27. August um 18 Uhr zu einem Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Sebastian in Eßleben eingeladen.

Gottesdienst am Fuß der Kniebreche

Am 29. August, wenn die Wallfahrer normalerweise den Kreuzberg erreichen, findet um 10 Uhr nahe Waldberg am Fuß des Kreuzbergs ein Gottesdienst unter freiem Himmel statt, und zwar genau am Beginn der sogenannten Kniebreche, dem letzten und beschwerlichsten Teil des Wegs. Der Frauenbund als Waldberg, der die Pilger normalerweise zu einer letzten Stärkung vor dem Aufstieg  empfängt, habe sich um die Organisation gekümmert, erzählt Pfeuffer. "Das sind die Beziehungen, die ich an der Wallfahrt so schätze."

Auch auf die Andacht, die am 31. August nach der Rückkehr in Ochsenfurt stattfindet, sollen die Wallfahrer nicht verzichten müssen. Sie findet diesmal um 18 Uhr auf dem Kirchplatz statt. Dass die Kreuzberg-Musikanten ebenfalls zugesagt haben, das Alternativprogramm zu begleiten, freut Josef Pfeuffer besonders. Und sogar Wallfahrtsbildchen, die die Wallfahrer als Andenken an die Teilnahme erinnern, hat die Kreuzbruderschaft drucken lassen.

Tagesgedanken begleiten durch die Zeit der Wallfahrt

Die Gottesdienste zelebriert Stadtpfarrer Oswald Sternagel, der normalerweise auch die Wallfahrt begleitet. Er hat ein Faltblatt mit Tagesgedanken ausgearbeitet, das dazu einlädt, jeden Tag der Wallfahrt zu Hause nachzuempfinden - "Das ist praktisch wie Wallfahrt im Home Office", sagt Josef Pfeuffer und fügt ganz pragmatisch hinzu: "Die Situation ist wie sie ist, wir haben versucht, das Beste draus zu machen." In zwei Jahren, davon ist der Präfekt überzeugt, werde die Wallfahrt wieder im gewohnten Modus stattfinden können. An diesem zweijährigen Rhythmus will die Kreuzbruderschaft festhalten. 

"Die Situation ist wie sie ist, wir haben versucht, das Beste draus zu machen."
Josef Pfeuffer, Kreuzbruderschaft Ochsenfurt

Die Geschichte der Wallfahrt reicht bis ins Jahr 1647 zurück. Im letzten Jahr des 30-Jährigen Krieges begründete die Kreuzbruderschaft in Würzburg die längste und älteste noch bestehende Wallfahrt zum Kreuzberg. Wie aus der Chronik der Kreuzbruderschaft hervorgeht, schlossen sich schon damals auch Pilger aus Ochsenfurt an, bevor sie 1840 beschlossen, eine eigene Bruderschaft zu gründen. Mit päpstlicher Erlaubnis fand 1842 die erste Ochsenfurter Kreuzbergwallfahrt statt. 

Absage aus "finanziellen Gründen"

Zu Beginn des ersten Weltkriegs 1914 führte die Wallfahrt nur bis nach Dettelbach und musste in den drei Folgejahren ebenfalls kriegsbedingt ausfallen. 1939 fand die Wallfahrt in den letzten Tagen vor Ausbruch de Zweiten Weltkriegs statt. Im Sommer 1945 nahmen die Gläubigen die Wallfahrt wieder auf, pilgerten aber zunächst nur zum Würzburger Käppele und im Jahr darauf nach Dettelbach. Seit 1947 fand die Wallfahrt wieder alljährlich statt. 1951 entschied man sich für einen zweijährigen Turnus. Außerhalb von Kriegszeiten musste die Wallfahrt bisher nur zweimal abgesagt werden - 1933 nach Hitlers "Machtergreifung" und drei Jahre zuvor - "aus finanziellen Gründen" heißt es dazu in der Chronik.

Wegen den Corona-Regeln bittet die Kreuzbruderschaft um Anmeldung zu den Gottesdiensten unter Tel. (0 93 31) 78 79 (17 bis 20 Uhr) oder Email: jo-the-pfeuffer@t-online.de.

 
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