
Wiedersehensfreude und Erleichterung - wer es bis hierher geschafft hat, auf den knapp 928 Meter hohen Gipfel des Kreuzbergs, den kann auch der Rückweg nicht mehr schrecken. Viele Freunde und Angehörige sind mit dem Auto zum Kreuzberg gefahren, um am späten Montagvormittag die Ochsenfurter Kreuzbergwallfahrer zu begrüßen. Diese freuen sich auf den Empfang in der Klosterkirche und die zünftige Mahlzeit danach; und natürlich auf den halben Tag Freizeit, an dem sie ihre geschundenen Füße hochlegen können, bevor am Dienstagvormittag der 110 Kilometer lange Heimmarsch nach Ochsenfurt beginnt.
Fritz Pfeuffer aus Hopferstadt erinnert sich, dass die Wallfahrt früher noch viel beschwerlicher war. "Die Wege waren schlechter, nicht asphaltiert wie heute. Da bist du tief im Dreck eingesunken, wenn es mal geregnet hat", erzählt er. Am Samstagmorgen beim Start waren die Wallfahrerinnen und Wallfahrer nur knapp einem heftigen Gewitterschauer entgangen. Dafür holte sie das Wetter am Sonntagnachmittag auf dem Weg von Bad Kissingen nach Stralsbach ein. "Das hätte nicht unbedingt noch sein müssen", sagt der Präfekt der Kreuzbruderschaft, Josef Pfeuffer, "aber wir wissen ja noch nicht, was uns auf dem Rückweg erwartet."
Ein Wolkenbruch traf die Wallfahrer kurz vor Stralsbach
"Es war ein kleiner Wolkenbruch, wir waren nass wie Pudel, aber alles gut", sagt Matthias Schäffer aus dem Vorstand der Kreuzbruderschaft. Auch die steile Kniebreche durch den Wald, der letzte Anstieg auf den Kreuzberg, war gut zu laufen, berichtet Schäffer. Angetrieben werden die Pilgerinnen und Pilger dabei von schwungvoller Marschmusik der Kreuzbergmusikanten.

Für den Hopferstadter Fritz Pfeuffer geht am hölzernen Gipfelkreuz ein Lebensabschnitt zu Ende. Vor genau 50 Jahren stand er hier zum ersten Mal, und seitdem alle zwei Jahre wieder. "Es ist fast wie eine Sucht. Wenn man einmal dabei war, will man immer wieder mit", erzählt er. Doch diesmal soll es seine letzte Wallfahrt sein. "Ich bin jetzt 74, da macht man das nicht mehr so leicht", so Pfeuffer, "aber die 25, die wollte ich noch voll machen." Für den Rückweg zieht er diesmal allerdings zum ersten Mal das Auto vor.
Stefan Fuchs wurde während der Wallfahrt geboren
Auch Stefan Fuchs aus Eichelsee hat eine ganz persönliche Bindung zur Kreuzbergwallfahrt. "Die ganze Familie ist dabei und viele Bekannte", sagt er. Schon seine Eltern und Großeltern seien leidenschaftliche Wallfahrer gewesen. Als seine Mutter mit ihm schwanger war, wallte der Vater alleine zum Kreuzberg. Am zweiten Tag erreichte ihn die Nachricht, dass seine Frau in den Wehen liegt. Er eilte nach Hause und erlebte die Geburt seines Sohnes mit. Der feierte nun am 27. August während der Wallfahrt seinen 40. Geburtstag.

Kreuzberg-Neuling ist Christian Halbig. Der Unternehmer aus Ochsenfurt fährt das Traktorgespann, auf dem das Gepäck der Wallfahrerinnen und Wallfahrer mitgeführt wird. "Ich bin zwar nicht richtig bei den Wallfahrern dabei, aber sehr beeindruckt, wie geordnet alles abläuft und wie menschlich sich die Leute begegnen", sagt er. "Da merkt man wirklich, was Bruderschaft bedeutet." Am tiefsten hat ihn der Choral beeindruckt, den die Kreuzbergmusikanten unter Leitung von Franz Ruchser zum Ende der kurzen Willkommensandacht in der Klosterkirche angestimmt haben. "Ein ergreifendes Erlebnis, man hat gehört, dass es von Herzen kommt", sagt er.

"Die Gemeinschaft in der Kirche bröselt, da tut es gut, diese Gemeinschaft während der Wallfahrt zu erleben", sagt Stadtpfarrer Oswald Sternagel. "Bemerkenswert ist, wie viel Engagement in einer solchen Wallfahrt steckt. Es tut gut, dabei zu sein." Dabei hängen die spirituelle und die körperliche Erfahrung der Wallfahrt für den Geistlichen eng zusammen. "Einmal an seine Grenzen zu gehen, vielleicht sogar darüber hinaus, das reizt auch."
Im Antonius-Saal spielen die Kreuzbergmusikanten zum Tanz auf
Einiges hat sich bei der ersten Ochsenfurter Kreuzbergwallfahrt nach der Pandemie geändert. Weil die Massenquartiere am Kloster zu normalen Gästezimmern umgebaut wurden, müssen einige der Pilgerinnen und Pilger in auswärtigen Quartieren untergebracht werden. "Das ist zwar nicht so bequem wie früher, aber es funktioniert", sagt Matthias Schäffer. Der gemeinsame Abend im Antonius-Saal, wo die Kreuzbergmusikanten dann sogar zum Tanz aufspielen, darf aber auch in diesem Jahr nicht fehlen.

Am Dienstagvormittag treten die Wallfahrerinnen und Wallfahrer nach dem Pilgergottesdienst und dem Wallfahrtssegen in der Klosterkirche den Rückweg an. Am Donnerstag gegen 18 Uhr werden sie über die Alte Mainbrücke in die Ochsenfurter Altstadt einziehen.