Die Alte Mainbrücke: beliebter Treffpunkt, um einen Schoppen mit einzigartigem Ausblick zu genießen. Dass die Brücke für Menschen mit Behinderung eine Barriere darstellt, vergisst man bei der ausgelassenen Atmosphäre schnell. Ebenso möchte man nicht wahrhaben, wie schnell einen selbst eine körperliche oder auch geistige Beeinträchtigung treffen kann. Dabei kann eine Behinderung nicht nur angeboren sein, sondern auch infolge eines Schicksalsschlages oder mit fortschreitendem Alter auftreten.
Symbolträchtig war der gewählte Treffpunkt mit Katrin Langensiepen (Grüne/EFA) und Julian Wendel. Sie ist die erste weibliche Abgeordnete mit sichtbarer Behinderung im Europaparlament. Die zentrale Botschaft Langensiepens bei ihrem kürzlichen Besuch in Würzburg war neben den Stichworten "Inklusion" und "Barrierefreiheit" vor allem auch das selbstbestimmte Leben und die politische Teilhabe. Im Rahmen ihrer Kampagne "The Future Is Accessible" - zu Deutsch "Die Zukunft ist barrierefrei" - reist Langensiepen europa- und deutschlandweit.
Politische Teilhabe und Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung
Langensiepen engagiert sich politisch für die Rechte von Menschen mit Behinderung - "klar muss einem als Mensch mit Behinderung auch sein: wenn du nicht möchtest, dass es jemand anders macht, dann musst du es selbst machen". Für sie sei die "Initialzündung" gewesen, dass sie durch ihr politisches Engagement eine Vertreterin für Menschen mit Behinderung sein wollte.
Aktuell arbeitet Langensiepen am Europäischen Behindertenausweis, der es Menschen mit Handicap auf Reisen europaweit ermöglichen soll, "genau die gleichen Leistungen in Anspruch nehmen zu können, wie einem behinderten Menschen", der ansässig sei. Zudem fordert die Politikerin, dass "es möglich sein sollte, frei und barrierefrei zu reisen".
Langensiepen reist europaweit, um sich eine Idee von den Problemen im öffentlichen Raum für Menschen mit Behinderung zu machen. In Altstädten, wie in Würzburg, in denen viele Bauten "unter Denkmalschutz stehen, muss es möglich sein, dass sich Menschen mit Mobilitätseinschränkungen frei bewegen und leben können".
Der Werdegang der Politikerin zeigt, dass ihr Wunsch nach Sichtbarkeit und politischer Teilhabe von Menschen mit Behinderung möglich ist. "Nichts gegen Inklusionstische, aber wir brauchen nicht den zehnten runden Tisch für Inklusion. Wir brauchen Menschen mit Behinderung, die in den Ministerien etwas zu sagen haben" und Machtpositionen innehaben, so Langensiepen.
Julian Wendel, der Kommunale Behindertenbeauftragte der Stadt Würzburg, berichtet von den alltäglichen Hürden, mit denen Menschen mit Behinderung zu kämpfen haben - aktuell würde ein Taxi ausgebaut werden, um auch Rollstuhlfahrer befördern zu können, doch reiche ein Taxi in ganz Würzburg nicht aus, erklärt Wendel.
Gemeinsam mit dem Arbeitskreis Barrierefreies Bauen habe Wendel das neu sanierte Mainfranken Theater besucht und er wünscht sich, dass "man zumindest bei einzelnen Aufführungen auch einen Dolmetscher mit Gebärdensprache engagiere", denn für Gehörlose gebe es keine Möglichkeit für Teilhabe. Auch für Blinde gebe es theoretisch Techniken, Theaterstücke mit einer Audiodeskription aufzuführen. "Das wären alles Hilfsmittel, die Menschen mit Behinderung einen Theaterbesuch ermöglichen würden".