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Würzburg
Ein Jahr Videoüberwachung in Würzburg: Polizei zieht positive Bilanz – obwohl die Fallzahlen gestiegen sind?
Seit einem Jahr werden der Barbarossaplatz und der Bahnhofsvorplatz mit Videokameras überwacht. Besonders am Bahnhof sind die Kriminalitätszahlen gestiegen.
In den letzten Jahren hat sich der Barbarossaplatz in Würzburg laut Polizei zu einem Schwerpunkt für Kriminalität entwickelt. Führt die Videoüberwachung zu mehr Sicherheit?
Foto: Daniel Peter (Archivbild) | In den letzten Jahren hat sich der Barbarossaplatz in Würzburg laut Polizei zu einem Schwerpunkt für Kriminalität entwickelt. Führt die Videoüberwachung zu mehr Sicherheit?
Christoph Sommer
 |  aktualisiert: 30.09.2024 02:34 Uhr

Ein Jahr nach der Aufstellung von Überwachungskameras am Würzburger Bahnhofsvorplatz und Barbarossaplatz zieht die Polizei ein positives Zwischenfazit. Die Kameras übertragen Bilder in Echtzeit in einen Überwachungsraum der Polizeiinspektion Würzburg-Stadt. Dort können die Beamten live und bei Bedarf auch rückwirkend die Kameraaufnahmen ansehen.

Wie viele Straftaten werden durch die Videoüberwachung in Würzburg verhindert?

Laut Mitteilung der Polizei wurden die Kameras aufgestellt, weil sich beide Orte in den Vorjahren zu Schwerpunkten für Kriminalität mit steigender Tendenz entwickelt hätten. "Übergeordnetes Ziel der Polizei ist die Nutzung der Kameraaufnahmen zum Zwecke der Gefahrenabwehr. Durch Einsichtnahmen der Livebilder sollen bevorstehende Straftaten verhindert und unterbunden werden", teilt die Polizei mit.

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Die Beobachtung der Kameraüberwachungen in Echtzeit ermögliche den Beamtinnen und Beamten "häufig" ein zeitnahes polizeiliches Einschreiten. Zu sagen, wie oft genau, das sei "aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich", heißt es auf Nachfrage der Redaktion. Unter anderem, weil verdächtige Personen bis zum Eintreffen der Polizei bereits wieder verschwunden seien.

Für die präventive Wirkung der Überwachung nennt die Polizei unter anderem ein Beispiel aus dem November 2023: Circa 20 streitende und schubsende Personen seien am Barbarossaplatz über Video bemerkt worden. Nachdem Streifen vor Ort entsandt wurden, sei die angespannte Situation schnell aufgelöst und die Begehung von Straftaten verhindert worden.

Videoüberwachung in Würzburg hilft mehrfach bei Fahndung und Beweissicherung

Neben dem primären Zweck der Gefahrenabwehr diene die Videoüberwachung auch als wichtiges Beweis- und Fahndungsmittel in möglichen Strafverfahren. Insgesamt 193 Videoauswertungen im Zusammenhang mit Straftaten führte die Würzburger Polizei nach eigenen Angaben im ersten Jahr durch. Dabei wurden in mehreren Fällen Tatverdächtige identifiziert, Tatabläufe rekonstruiert oder weitere wichtige Ermittlungsansätze gewonnen.

Vor den Videobildschirmen verfolgen Polizistinnen und Polizisten live das Geschehen vorm Hauptbahnhof und Barbarossaplatz in Würzburg.
Foto: Daniel Peter (Archivbild) | Vor den Videobildschirmen verfolgen Polizistinnen und Polizisten live das Geschehen vorm Hauptbahnhof und Barbarossaplatz in Würzburg.

Erst vor kurzem vermeldete die Polizei Würzburg einen schnellen Fahndungserfolg durch die Videoüberwachung. Demnach wurde ein Verdächtiger auf den Videos identifiziert, nachdem er mutmaßlich eine 83-Jährige in der Würzburger Lindleinsmühle überfallen hatte.

Fälle wie dieser, in denen die Überwachung zur Strafverfolgung beiträgt, wirkten laut Polizei auch präventiv: Eine beweisfeste Überführung von Tätern schrecke vor der Begehung weiterer Taten ab.

Strafbare Sachverhalte am Würzburger Barbarossaplatz leicht gestiegen

Rein von den Statistiken scheint es auf den ersten Blick keinen Rückgang der Straftaten zu geben. Im Vergleich zum Vorjahr sind am Barbarossaplatz seit der Video-Installation die Straftaten und "Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung" – dazu zählt die Polizei etwa Verstöße nach dem Waffengesetz – um 4,7 Prozent auf rund 330 Fälle gestiegen.

Weil aber durch die Überwachung einfach mehr Fälle beobachtet würden, die zuvor unbekannt geblieben wären, "lässt der lediglich geringfügige Anstieg dennoch auf eine positive präventive Wirkung schließen", heißt es von der Polizei. Dies gelte insbesondere für Körperverletzungsdelikte. Im Vergleich zum Jahr vor der Inbetriebnahme der Kameras sind diese laut Polizei um gut 20 Prozent gesunken. 

20 Prozent mehr Fälle rund um den Hauptbahnhof Würzburg: Auch wegen der Bahnhofsmission?

Um 20 Prozent gestiegen sind dagegen die Straftaten und Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung vor dem Hauptbahnhof. Im Jahr seit der Videoüberwachung waren das der Polizei zufolge 470 Fälle. Wie am Barbarossaplatz, führt die Polizei den Anstieg teilweise auf die Beobachtung vorher unerkannt gebliebener Fälle zurück.

Die Überwachungskameras der Polizei überwachen den Bereich vor dem Würzburger Hauptbahnhof.
Foto: Silvia Gralla (Archivbild) | Die Überwachungskameras der Polizei überwachen den Bereich vor dem Würzburger Hauptbahnhof.

Allerdings sei der Anstieg auch auf etwas anderes zurückzuführen: "Gerade im Bereich der Hilfesuchenden bei der Bahnhofsmission Würzburg sind die Zahlen erheblich gestiegen." Was ist da dran? Zwar seien die Besucherzahlen in den vergangenen Jahren tatsächlich deutlich gestiegen, sagt Michael Lindner-Jung, Leiter der Bahnhofsmission. Es wäre allerdings ein "totaler Kurzschluss", die gestiegenen Kriminalitätszahlen auf die Arbeit der Bahnhofsmission zurückzuführen.

Seiner Erfahrung nach ist die psychische Belastung der Menschen zuletzt stark gestiegen. "Das äußert sich bei manchen in einer gestiegenen Grundaggression, bei anderen führt es zu Vereinsamung und Rückzug." Als Gründe nennt er zunehmend prekäre Lebenssituationen und fehlende Hilfsangebote. Die Hilfssysteme seien schlichtweg überfordert. "Ohne Andockung eskalieren Konflikte schneller", sagt Lindner-Jung.

 
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Kommentare
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  • Dietmar Eberth
    Videoüberwachung: reine Symbolpolitik
    https://www.zeit.de/digital/datenschutz/2013-04/videoueberwachung-panopticon/seite-2

    Mehr Sicherheit gibt es nur durch mehr Polizei auf der Straße.
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  • Klaus B. Fiederling
    gut dass es die Kameras gibt, aber: sicherer? Es passiert immer noch viel zu viel in Würzburg!
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