
Die Würzburger Polizei hat in der vergangenen Woche 16 Videoüberwachungskameras im öffentlichen Raum freigeschaltet: Acht dieser Kameras nehmen Bilder vor dem Würzburger Hauptbahnhof auf, weitere acht Kameras haben den Barbararossaplatz im Blick. In Schweinfurt wird schon seit Jahren der Roßmarkt videoüberwacht. Der Grund dafür: Diese Orte gelten in Unterfranken als besondere Kriminalitätsschwerpunkte.
Aber kann Videoüberwachung Kriminalität verhindern? Prof. Ralf P. Schenke, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Universität Würzburg, ist Experte für Sicherheitsrecht und forscht zur Videoüberwachung. Der 55-jährige Rechtswissenschaftler sieht die Situation differenziert.
Prof. Ralf P. Schenke: Die Antwort ist ein klares Jein. Einerseits führt Videoüberwachung dazu, dass bestimmte Deliktformen erschwert werden. Wenn man etwa Drogen verkaufen will, aber weiß, dass der Würzburger Bahnhofsvorplatz überwacht wird, dann bietet sich dieser Ort nicht mehr als Verkaufsstätte an. Durch Videoüberwachung können also bestimmte Deliktformen wie etwa der Drogenhandel zurückgehen oder unterbleiben. Videoüberwachung hat dann definitiv eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Täter.
Schenke: Doch, schon. Genau das passiert, natürlich suchen sich dann etwa Drogenhändler andere Verkaufsstätten als den überwachten Bahnhof. Trotzdem spricht der Umstand, dass Kriminalität durch Videoüberwachung verlagert wird, nicht gegen die Videoüberwachung an sich. Denn eine Gesellschaft hat natürlich daran Interesse, dass es bestimmte öffentliche Bereiche gibt, in denen ich mir relativ sicher sein kann, dass mir dort kein Unheil droht. Das gilt vor allem für die öffentliche Infrastruktur wie etwa Bahnhöfe, Busbahnhöfen oder Flughäfen. Hier ist das Interesse der Gesellschaft besonders groß, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrechterhalten wird und der Bürger vor Kriminalität geschüzt wird.
Schenke: Das Andererseits betrifft Affekttaten wie etwa vielfach Körperverletzung bis hin zur Körperverletzung mit Todesfolge. Da nützt Videoüberwachung überhaupt nichts. Wenn zwei Leute, vielleicht alkoholisiert oder unter sonstigem Drogeneinfluss, im Streit aufeinander losgehen, dann schauen die sich nicht erst um, ob irgendwo Videokameras aufzeichnen. Vielleicht wissen sie nicht, dass überwacht wird und dann haben diese Kameras keinen Effekt.

Schenke: Ja, natürlich. Und das muss man sehr nüchtern betrachten: Solche Taten kann Videoüberwachung nicht verhindern. Allerdings erleichtert Videoüberwachung die Aufklärung solcher Straftaten, was gegebenenfalls den Opfern oder ihren Angehörigen im Nachhinein hilft.
Schenke: Ja, definitiv. Nicht nur bei Straftaten, bei denen Gewalt im Spiel ist, ist so eine Aufzeichnung hilfreich, weil die Tat rekonstruiert und die Täter leichter identifiziert werden können.
Schenke: Flächendeckend bekommt man das nicht hin. Das würde neben rechtlichen Hindernissen, insbesondere dem Datenschutz, auf starke Widerstände stoßen und auf eine unzulässige Totalüberwachung der Bevölkerung hinauslaufen.
Schenke: Es gibt rechtliche Voraussetzungen, die für eine Videoüberwachung gegeben sein müssen. Sind sie nicht erfüllt, kann sich der Bürger dagegen zur Wehr setzen. Da gab es in Deutschland etliche Klagen, die erfolgreich waren. Wir brauchen für Brennpunkt-Überwachung eine Rechtsgrundlage. In Bayern ist das in Artikel 33 des Polizeiaufgabengesetzes geregelt. Voraussetzung ist unter anderem eine nachweislich erhöhte Kriminalität, wie etwa am Würzburger Barbarossaplatz.
Schenke: Dafür gibt es Kontrollräume der Polizei. Ein Dutzend Monitore rund um die Uhr zu überwachen, ist sehr ermüdend oder daher personalintensiv. Es gäbe auch die Möglichkeit der intelligenten Videoüberwachung, die gewisse Bewegungsmuster erkennt. Eine automatisierte Überwachung löst aber Ängste aus und bedürfte auch gesonderter Rechtsgrundlagen. Was in jedem Fall bleibt, sind die Aufzeichnungen, die zumindest im Nachhinein bei der Ermittlung eines Täters helfen können.
Theorie alleine ist aber nichts ohne Praxiserfahrung!
Als Ergänzung sollten in solchen gefährdenten Stadtbereichen uniformierte Fußstreifen unterwegs sein, die jederzeit ansprechbar sind und somit ein sehr hohes subjektives Sicherheitsgefühl ausstrahlen würden.
Rem acu tangit! -- Leider ist auch das nur ein "Teil der Wahrheit" ...