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Würzburg
Die Pandemie ist vorbei: Sollte man sich trotzdem nochmal gegen Corona impfen lassen?
Die Inzidenzen sind fast vergessen, die meisten Corona-Regeln aufgehoben. Ansteckungen mit dem Virus aber gibt es weiter. Wer braucht noch eine Impfung?
Eine vierte oder fünfte Corona-Impfung für gesunde, junge Menschen? Davon rät der Würzburger Virologe Prof. Lars Dölken ab.
Foto: Thomas Obermeier | Eine vierte oder fünfte Corona-Impfung für gesunde, junge Menschen? Davon rät der Würzburger Virologe Prof. Lars Dölken ab.
Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:24 Uhr

Die Impfzentren in Unterfranken sind zu, Inzidenzwerte fast vergessen und der Impfausweis wurde schon lange nicht mehr vorgezeigt. Für viele Experten ist die Pandemie vorbei – trotzdem stecken sich Tag für Tag Menschen mit Sars-CoV-2 an. Was heißt das für die Corona-Impfung? Wozu braucht es die noch und wer sollte sich künftig wie oft impfen lassen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wer gilt nach aktuellem Stand als vollständig gegen Corona geimpft?

Seit dem 1. Oktober 2022 liegt ein vollständiger Corona-Impfschutz laut Bundesgesundheitsministerium nach drei Einzelimpfungen vor. Dabei müssen zwischen der zweiten und dritten Impfung mindestens drei Monate Abstand liegen.

Ebenfalls als komplett geimpft gilt, wer zwei Einzelimpfungen erhalten hat und nachweislich mit Sars-CoV-2 infiziert war. Fand die Infektion dabei vor der ersten Impfung statt, muss das mit einem positiven Antikörpertest nachgewiesen werden. Eine Corona-Infektion vor oder nach der zweiten Impfung ist mit einem PCR-Test zu belegen.

Wer sollte sich jetzt noch gegen Corona impfen lassen?

Grundsätzlich empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) allen Personen ab zwölf Jahren eine Auffrischungsimpfung, idealerweise mit einem an die Omikron-Variante angepassten mRNA-Impfstoff. Dieser Booster sollte in der Regel sechs Monate nach der Grundimmunisierung oder nach einer Corona-Infektion erfolgen.

Danach gilt: "Gesunde Menschen unter 65 Jahren brauchen keine weiteren Impfungen", sagt der Würzburger Virologe Prof. Lars Dölken. Denn bei den meisten dreifach Geimpften könne man davon ausgehen, dass sie mittlerweile ein oder zwei Corona-Infektionen durchgemacht haben. Und: "Es gibt derzeit keine Studien, die einen Vorteil zusätzlicher Impfungen belegen würden." Auch dann nicht, so Dölken, wenn die letzte Impfung oder letzte Infektion schon über ein Jahr zurück liege.

Eine Ausnahme seien Personen mit stark geschwächtem Immunsystem, beispielsweise Menschen nach einer Stammzelltransplantation oder Tumorpatienten. Hier können laut Dölken weitere Impfungen sinnvoll sein – das sollte im Einzelfall und in Rücksprache mit Ärzten entschieden werden.

Für über 65-Jährige rät der Virologe vor einer zweiten oder dritten Booster-Impfung die Antikörper-Titer gegen Sars-CoV-2 kontrollieren zu lassen und nur erneut zu impfen, wenn nachweislich keine Corona-Infektion durchgemacht wurde und die Impftiter niedrig sind.

War die Corona-Impfung überflüssig?

Nein. Zu Beginn der Pandemie sei die Impfung lebensrettend gewesen, "weil unser Immunsystem dieses Virus noch nie gesehen hatte", sagt Dölken. Die Corona-Impfstoffe schützten und schützen extrem gut vor einem schweren Covid-Verlauf. Das war vor allem vor Omikron enorm wichtig.

Heute hat sich die Situation laut Dölken jedoch insgesamt verändert: Die meisten Menschen seien mehrmals in Kontakt mit Sars-CoV-2 gekommen, ihr Immunsystem kenne das Virus. Zudem kursiert die Omikron-Variante und damit verlaufen Infektionen im Vergleich zum ursprünglichen Virus in der Regel milder.

Wer sollte sich ein fünftes Mal impfen lassen?

Der Virologe Dölken hält eine fünfte Impfung nicht für sinnvoll – auch nicht für hochbetagte Menschen. Der Grund: Mittlerweile gibt es Medikamente, die den Verlauf einer Covid-Erkrankung bei Senioren oder Risikopatienten abschwächen. Diese seien "wahrscheinlich wirksamer als eine fünfte oder sechste Impfung", sagt Dölken. "Diese werden allerdings insbesondere bei Risikopatienten noch zu selten und vor allem zu spät eingesetzt." Wichtig sei, mit der medikamentösen Therapie innerhalb der ersten fünf Tage nach Krankheitsbeginn, besser noch innerhalb der ersten ein bis zwei Tage, zu starten. Dann ließe sich die Infektion bereits im Keim ersticken.

Wofür braucht man den Impfausweis noch?

Die meisten Corona-Vorschriften sind mittlerweile außer Kraft, eine Ausnahme ist beispielsweise die FFP2-Maskenpflicht für Besucher in Krankenhäusern oder Pflegeheimen. Strenge Zugangsbeschränkungen nach der 2G- oder 2G-Plus-Regel gibt es hingegen nirgends mehr, auch die einrichtungsbezogene Impfpflicht im Gesundheitswesen ist Ende 2022 ausgelaufen. Der Impfstatus ist somit in weiten Teilen des privaten und beruflichen Lebens nicht mehr relevant.

Eine Ausnahme kann das grenzüberschreitende Reisen sein. So ist laut ADAC beispielsweise für die Einreise in die USA nach wie vor ein Corona-Impfnachweis nötig. Dabei ist zu beachten, dass die digitalen Impfzertifikate der EU 270 Tage nach Abschluss der Grundimmunisierung ablaufen. Erst wenn eine Booster-Impfung registriert wurde, ist das digitale Impfzertifikat der EU wieder und zeitlich unbegrenzt gültig.

Was ist mit Kinderimpfungen – gibt es hierfür eine Empfehlung?

Die Stiko gibt je nach Alter und Risikofaktoren unterschiedliche Impfempfehlungen für Kinder. Demnach sollten vorerkrankte Kinder von sechs Monaten bis zu vier Jahren geimpft werden, genauso wie Kinder mit engem Kontakt zu Risikopersonen. Gesunden Kindern unter vier Jahren wird derzeit keine Covid-Impfung empfohlen. Für alle gesunden Fünf- bis Elfjährigen empfiehlt die Stiko eine Impfstoffdosis, für Kinder in diesem Alter mit Vorerkrankungen eine Grundimmunisierung und zwei Auffrischungsimpfungen.

Aus Sicht des Würzburger Virologen Prof. Lars Dölken wird die Corona-Impfung wohl keine Regelimpfung für Kinder (Symbolbild).
Foto: Daniel Reinhardt, dpa | Aus Sicht des Würzburger Virologen Prof. Lars Dölken wird die Corona-Impfung wohl keine Regelimpfung für Kinder (Symbolbild).

Der Virologe Dölken hingegen hält eine Corona-Impfung von gesunden Kindern aktuell für nicht mehr erforderlich. Bei Kleinkindern unter einem Jahr verlaufe eine Infektion meist "sehr leicht", ältere Kinder bis zwölf Jahre "hatten in aller Regel schon mehrfach Corona". Das hätten auch die Ergebnisse der großangelegten Würzburger Kita-Studie gezeigt, so Dölken. Demnach hatten bereits im Sommer 2022 mehr als 70 Prozent der beteiligten Kinder eine Corona-Infektion durchgemacht. "Jetzt sind es wohl an die 100 Prozent", sagt der Experte. Aus seiner Sicht zeichnet sich damit ab: "Corona wird keine Regelimpfung für Kinder".

Wie häufig sollte der Corona-Impfschutz in Zukunft aufgefrischt werden?

Wie lange der Impfschutz gegen Corona anhält, ist noch nicht abschließend geklärt. Während einige Forscher mit einer künftig jährlichen Impfung ähnlich der Grippeimpfung rechnen, gehen andere von anhaltender Immunität aus.

Der Würzburger Virologe Lars Dölken sagt: "Ich denke, für alle Jüngeren wird es nicht nötig sein, den Impfschutz jährlich aufzufrischen." Das Risiko von seltenen Nebenwirkungen der Corona-Impfstoffe, wie Herzmuskelentzündung oder Herzrhythmusstörung, müsse man durch jährliche Auffrischungen nicht eingehen. Nach drei Jahren Leben mit Corona sei die Immunität in der Gesamtbevölkerung hoch, durch zusätzliche Impfungen werde "bei den aktuell weltweit zirkulierenden Virusmutanten nichts mehr gewonnen".

 
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  • A. M.
    Corona ist vorbei....ich lach mich schlapp.....so viele selbsthilfegruppen für post covid wie im moment gegründet werden.....so viele die jetzt noch heftig erkranken.....aber corona ist vorbei....****kopfschüttel
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  • O. S.
    Jeder sollte für sich entscheiden ob er sich impfen lassen will oder nicht.
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  • E. M.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de (Behauptung ohne Beleg, die seltenen Nebenwirkungen waren allgemein bekannt, u.a. wurden die Empfehlungen für den Astrazeneca-Impfstoff entsprechend angepasst). Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • P. S.
    Selbst Experten lernen dazu, auch wenn sie Fehler nicht eingestehen wollen.
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  • G. K.
    So ein Quatsch …

    Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Menschen auf diesem Planeten:

    Die einen, die ausgehend von empirischen Beobachtungen logisch begründete Schlussfolgerungen ziehen – die dann immer wieder gegen weitere empirische Beobachtungen validiert und verbessert werden.

    Und die anderen, die einfach eine Meinung haben – und bis zum Ende ihrer Tage davon ausgehen, Recht zu haben …
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  • P. S.
    So isses - Amen!
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  • C. J.
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  • P. G.
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