
Auch fast vier Jahre nach seinem Bekanntwerden ist der Schweineskandal von Gelchsheim (Lkr. Würzburg) juristisch noch nicht vollständig aufgearbeitet. Einen Kostenbescheid gegen den verantwortlichen Landwirt über rund 200 000 Euro hatte das Verwaltungsgericht Würzburg im März 2019 aufgehoben. Erst kürzlich ließ der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) die Berufung gegen diese Entscheidung zu. Der Rechtsstreit um die Kosten für die Entsorgung der Kadaver und die Reinigung der Stallungen wird also demnächst vor dem VGH erneut aufgerollt.
Im April 2018 war bekannt geworden, dass ein damals 28-jähriger Landwirt aus dem südlichen Landkreis Würzburg in seiner Schweinemastanlage nahe dem Gelchsheimer Ortsteil Osthausen rund 2000 Schweine über Monate hinweg qualvoll hatte verhungern lassen. Aufgrund der Verwesungsgase konnten Mitarbeiter des Veterinäramts die beiden Stallgebäude nur mit Atemschutzgeräten betreten. Dort bot sich ihnen ein Bild des Grauens. Die toten Schweine befanden sich in unterschiedlichen Stadien der Verwesung. Spuren von Kannibalismus deuteten darauf hin, dass Tier begonnen hatten, vor Hunger ihre toten Artgenossen aufzufressen, bevor sie selber verendeten.
Ermittlungen wegen Schuldunfähigkeit eingestellt
Die Staatsanwaltschaft hatte zwar keinen Zweifel daran, dass der Landwirt den qualvollen Tod der Tiere verursacht hatte. Dennoch wurden die strafrechtlichen Ermittlungen nach eineinhalb Jahren eingestellt, weil die Staatsanwaltschaft aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens davon ausgehen musste, dass der Beschuldigte im Tatzeitraum schuldunfähig war. Lediglich ein lebenslanges Tierhalteverbot wurde gegen ihn ausgesprochen.
Im Mai 2020 wurde der Landwirt dann per Strafbefehl zu einer Geldstrafe in Höhe von 3600 Euro wegen des unerlaubten Betreibens von Anlagen verurteilt. Das Gericht ging dabei davon aus, dass der Schweinemäster bei der Erweiterung der Stallung in den Vorjahren durch die Gründung einer Scheinfirma vorsätzlich zwei getrennte Betriebe vorgetäuscht hatte, um so Genehmigungspflichten, insbesondere hinsichtlich des Immissionsschutzes, zu umgehen.
Bereits Anfang Mai 2018 hatte der Landwirt über seinen Anwalt dem Veterinäramt erklären lassen, dass er sich außerstande sehe, für die Beseitigung der Kadaver und die gefahrlose Belüftung und Reinigung des Stalls durch eine Fachfirma Sorge zu tragen. Das Landratsamt Würzburg hatte daraufhin auf dem Weg der Ersatzvornahme ein Unternehmen beauftragt, um die Kosten dem Landwirt später in Rechnung zu stellen.
Entsorgung der Kadaver ohne Ausschreibungsverfahren
Mit Hinweis auf die unmittelbare Gefahr, die von den Kadavern ausging, verzichtete man auf ein formelles Ausschreibungsverfahren. Die Eilbedürftigkeit begründete das Landratsamt unter anderem mit dem Risiko, dass Krankheitserreger an die Umwelt gelangen und nicht nur Menschen, sondern auch weitere Tierbestände im Umfeld der Stallanlage gefährden könnten.
Das Landratsamt erließ schließlich zwei Kostenbescheide über die Gesamtsumme von 198 385 Euro, gegen die der Landwirt vor dem Würzburger Verwaltungsgericht klagte. Als Begründung führte er unter anderem an, dass durch ein Ausschreibungsverfahren die Kosten wesentlich geringer hätten ausfallen können und das Landratsamt deshalb gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit verstoßen habe.
Das Verwaltungsgericht gab dem Kläger recht und hob die Kostenbescheide im März 2019 auf. Dabei beriefen sich die Richter auf formale Fehler des Veterinäramts. So sei die besondere Dringlichkeit, unter der der Auftrag freihändig vergeben worden war, nicht ausreichend nachgewiesen worden. Nachdem die Kadaver bereits seit Monaten im Stall gelegen hatten, wäre aus Sicht des Gerichts auch Zeit für eine Ausschreibung gewesen.
Das Landratsamt stellte Antrag auf Berufung vor dem Verwaltungsgerichtshof. Anders als bei Strafverfahren muss die Berufung vor dem VGH zunächst geprüft und zugelassen werden, erläutert ein Sprecher des Gerichts. Zugelassen wird die Berufung etwa dann, wenn das Gericht Zweifel an der Richtigkeit des Urteils hat, der Sachverhalt von grundsätzlicher Bedeutung ist oder die Beurteilung besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist.
VGH prüfte zweieinhalb Jahre lang
Mehr als zweieinhalb Jahre benötigte die 23. Kammer des VGH, um über die Zulassung der Berufung zu entscheiden. Ein Gerichtssprecher begründet die lange Verfahrensdauer mit umfangreichen Stellungnahmen, die dazu eingeholt werden mussten. Bei der jetzt erfolgten Zulassung beruft sich die Kammer auf die besonderen rechtlichen Schwierigkeit des Falls. Das VGH wird also erneut darüber entscheiden, ob der Landwirt doch noch zur Erstattung des Kosten herangezogen wird. Wie das Landratsamt Würzburg auf Anfrage mitteilt, wurde bisher noch kein Termin für eine Berufungsverhandlung festgesetzt.
Der Landwirt sei bereits mehrfach auf die Einhaltung des Tierhalteverbots hin überprüft worden, so das Landratsamt weiter. Bislang seien keine Verstöße festgestellt worden. "Etwaige Aktivitäten des Landwirts werden aufmerksam im Blick behalten", teilt die Behörde mit. Als Betriebsleiter tritt der Landwirt inzwischen nicht mehr in Erscheinung. Nach Informationen der Redaktion wird der Betrieb von einer Angehörigen geführt und hat auf ökologischen Landbau umgestellt.
Wer das trotzdem zu seiner Existenzgrundlage macht sollte schon gewisse Standards einhalten, Psyche hin oder her.
Es geht um 2000fache Tierquälerei mit Todesfolge, das ist schon eine absolute Schweinerei !
Der Bescheid wurde aus formalen Gründen für rechtswidrig erklärt.
Da muss ich Ihnen vollumfänglich Recht geben.
(Hätte nicht gedacht, dass ich das mal unter einen Kommentar von Ihnen schreibe 😉)
Dieser Mensch hat es geschafft, sich 2.000 Tiere anzuschaffen, damit vermutlich lange Zeit viel Geld gemacht.
Ihn nun einfach so davonkommen zu lassen, dass kann und darf nicht sein.