
Die Liste der Projekte, die in den letzten Jahren mithilfe des Bundesförderprogramms "Demokratie leben!" in Würzburg gefördert wurden, ist lang. Sie alle eint, dass sie schlagartig vor dem Aus stehen. "Das Bundesministerium für Familie hat Würzburg neben weiteren bayerischen Städten die Förderung komplett gestrichen", schreibt die Stadt am Donnerstag in einer Pressemitteilung. 160.000 Euro staatliche Fördergelder werden damit im kommenden Jahr nicht in die Projekte von Würzburger Vereinen und Organisationen fließen können, die fest mit einer Förderung gerechnet hatten.
Zu den Projekten, die in der Vergangenheit über den Fördertopf der Bundesregierung finanziert wurden, zählen etwa die bekannte Würzburger Woche gegen Rassismus, die Anne-Frank-Ausstellung, auch Formate wie die "Bunten Wände für Vielfalt", Konzerte, Lesungen, Theateraufführungen, der Christopher Street Day, die Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag von Yehuda Amichai. Betroffen wären etwa auch pics4peace, die JuKu-Karawane, Hermine, Malteser Hilfsdienst, die Gemeinschaft Sant'Egidio, der Förderverein Jugendzentrum Heuchelhof, die Studentische Kulturinitiative, die Inklusive Akademie oder die Omas gegen Rechts. Sie alle haben die gleichen Ziele: "Demokratie fördern, Vielfalt gestalten, Extremismus vorbeugen und Radikalisierungsprozesse unterbrechen oder vorbeugen", so die Stadt.
Organisationen in Würzburg ziehe es "den Boden unter den Füßen weg"
Auch die jüngst im Kulturspeicher zu Ende gegangene Ausstellung, die die rassistischen Morde an neun Menschen in Hanau 2020 zum Thema hatte, wurde aus diesem Topf gefördert. "Sie war eines von geschätzt 450 Projekten in Würzburg, die in 13 Jahren über die Förderung von 'Demokratie leben!' umgesetzt werden konnten", so die Stadt in ihrer Pressemitteilung.
Bindeglieder zwischen dem Bundesförderprogramm und den einzelnen Organisationen ist in Würzburg die Stadt und das Bündnis für Demokratie und Zivilcourage. In den Statements der Verantwortlichen liest sich jede Menge Wut und Verzweiflung: "Eine solch kurzfristige Mitteilung zieht der wichtigen Netzwerkstruktur und den vielen Organisationen für sämtliche Formate des nächsten Jahres regelrecht den Boden unter den Füßen weg", wird Sozialreferentin Hülya Düber in der Pressemeldung zitiert.

"Wir wissen nicht, wie es nach Dezember weitergeht. Zwei unserer Mitarbeitenden sind dann ohne Perspektive. Das Streichen der Förderung wirkt sich auch personell aus, noch dazu aufgrund der Kurzfristigkeit der Nachricht", meint Burkard Hose vom Bündnis für Demokratie und Zivilcourage.
Eigentlich standen alle Zeichen auf Grün, dann kam der Schock
Denn diese kam unerwartet: Eigentlich sieht das Bundesprogramm ein jährliches Ausschreibungsverfahren vor, für das sich die Städte bewerben müssen. Wie in den letzten 13 Jahren gab es auch dieses Jahr "positive Signale zur weiteren Förderung", wie die Stadt schreibt. Zehn Wochen vor Jahresende und damit nur zweieinhalb Monate vor dem Auslaufen der aktuellen Fördergelder kam nun die Absage. Die Stadt spricht von einer "kurz gefassten, lapidare Nachricht ohne Begründung".
Und nun? Können die fehlenden 160.000 Euro nicht aus anderen Quellen aufgebracht werden? "Der Integrationstopf, mit dem die Stadt Würzburg bislang parallel kleinere Projekte unterstützt, wird die hohe Bundesförderung auf keinen Fall auffangen können", stellt die Stadt in ihrer Pressemitteilung klar. Auf Nachfrage der Redaktion heißt es von der Pressestelle der Stadt, dass die Stadt etwa zehn Prozent der Demokratie-Förderung aus der eigenen Tasche zahlt, der Rest kommt aus dem Bundestopf.
In der Pressemitteilung kündigt Oberbürgermeister Christian Schuchardt an, sich gemeinsam mit den Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeistern der anderen betroffenen bayerischen Städte (unter anderem Nürnberg, Erlangen, Augsburg, Bamberg, Landkreis Bayreuth) direkt ans Bundesfamilienministerium wenden zu wollen. "Der Staat kann es sich nicht leisten, Engagement für die Demokratie zurückzufahren. Gerade heute nicht", wird er zitiert. Brisant wären die Auswirkungen, die Sache laufe "aktuellen gesellschaftlichen Anforderungen in Deutschland komplett entgegen und ist für mich völlig unverständlich."
und nicht Randgruppen permanent vorndran stellen. Das ist nicht ein Skill der Stadt WÜ.