zurück
Schweinfurt
Zwischen Respekt und Häme: So reagiert das Netz auf den Rückzug von Schweinfurts Oberbürgermeister Remelé
Manches, das in den vergangenen Tagen zur Ankündigung des Amtsinhabers, geschrieben wurde, ist vor allem eines: verletzend. Doch es gibt auch andere Reaktionen.
Im Netz erfährt Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) viel Spott dafür, 2026 nicht mehr zur Wahl anzutreten.
Foto: dpa, Fabian Sommer | Im Netz erfährt Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) viel Spott dafür, 2026 nicht mehr zur Wahl anzutreten.
Katja Beringer
 und  Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 22.03.2025 02:31 Uhr

Dass sich Sebastian Remelé 2026 nicht mehr für das Amt des OB zur Wahl stellen wird, hat selbst einige Kommunalpolitiker überrascht. In der Bevölkerung war die Nachricht weitgehend ein Paukenschlag. Einer, der im Netz sehr unterschiedlich aufgenommen und vielfach kommentiert worden ist. In vielen Fällen kritisch, aber auch verletzend.

Besonders in den Sozialen Medien quellen die Kommentarspalten von Hohn und Spott nur so über. Viele Kommentatorinnen und Kommentatoren schieben Remelé die alleinige Schuld für angebliche Missstände in Schweinfurt zu. Unter anderem wird behauptet, der OB habe die Stadt "zu Grunde gerichtet", sei verantwortlich für wachsende Leerstände und eine drohende Verödung der Innenstadt.

Es gibt aber auch Gegenwind. Vor allem, was den harschen Umgangston in den Kommentarspalten betrifft. So danken Nutzer dem OB für seinen langjährigen Dienst und nehmen ihn in Schutz. Eine Person macht darauf aufmerksam, dass ein Bürgermeister nicht alles alleine entscheide, sondern hinter ihm Fraktionen und die eigene Partei stehe. Ein bekennender Nichtwähler Remelés schreibt: "Nachtreten ist einfach eine armselige Sache. Lieber mal Verbesserungen vorschlagen und mal selbst recherchieren, ob diese überhaupt umsetzbar wären."

Politische Gegner zollen Remelé Respekt

Bei politischen Gegnern stößt Remelés Entschluss auf Anerkennung. "Eine ehrenhafte Entscheidung, die in mir Respekt auslöst", kommentiert etwa Wolfgang Gutgesell, Kreisvorsitzender der Schweinfurter Linke, auf Facebook. Politischer Beistand kommt auch von außerhalb. So drückt Würzburgs zweiter Bürgermeister Martin Heilig (Grüne) sein Bedauern für den Rückzug Remelés aus. "Mit ihm verliert Schweinfurt einen OB, der über die Stadtgrenzen hinaus denkt und sich sehr engagiert für die Belange seiner Stadt einsetzt", schreibt Heilig unter einem Artikel dieser Redaktion auf mainpost.de. Mit Remelé habe man stets über Parteigrenzen hinweg konstruktiv und pragmatisch zusammenarbeiten können.

Anfeindungen gegenüber Kommunalpolitikern nimmt zu

Der Blick auf die Reaktionen zeigt ein bekanntes Muster. Während konstruktive Kritik eher selten stattfindet, dominieren polemische oder persönliche Angriffe die Diskussionen in den Sozialen Medien. Eine Entwicklung, die längst nicht nur Remelé betrifft. Eine aktuelle Auswertung des Bundeskriminalamts (BKA) zeigt, dass kommunale Amtsträgerinnen und Amtsträgern immer öfter von Hass, Hetze und Gewalt betroffen sind. Demnach gaben 35 bis 40 Prozent der Befragten an, Anfeindungen und Übergriffe erlebt zu haben. Auch Desinformationen und durch KI-generierte, verfälschte Inhalte – sogenannte "Deep Fakes" – spielen online eine immer größerer Rolle.

Wie weit derartige Attacken gehen können, zeigt der Fall des Schweinfurter Landtagsabgeordneten Paul Knoblach. Der Grünenpolitiker wurde 2023 an seinem Wahlkampfstand in Schweinfurt von einem Passanten mit dem Tod bedroht. Vergangenes Jahr wurde der damals 65-jährige Mann vor dem Schweinfurter Amtsgericht für die Tat verurteilt.

Die Folgen für die Kommunalpolitik beschäftigen auch den SPD-Stadtrat Ralf Hofmann. In seinen Augen führen diese Verunglimpfungen dazu, dass "sich immer weniger Menschen diese Ämter mehr antun wollen", sagt Hofmann. Fachlich seien er und OB Remelé oft "über Kreuz" gewesen, menschlich jedoch schätze er ihn durchaus. Die Häme, mit der in den Sozialen Medien Remelés Entscheidung kommentiert wird, findet Hofmann "unterirdisch".  

Oberbürgermeister reagiert gelassen und verständnisvoll

Remelé selbst blickt gelassen auf die Reaktionen im Netz. Auf Anfrage erklärt er: "Auf meine Ankündigung, nicht mehr als Oberbürgermeister zu kandidieren, haben mich persönlich ausschließlich positive und respektvolle Rückmeldungen erreicht." Soziale Medien, erklärt er, begünstigten schnelle und ungefilterte Reaktionen. Durch die Anonymität im Internet werden häufig Dinge geschrieben, die im direkten Gespräch nicht gesagt würden. Abfällige Kommentare ohne konstruktive Kritik kommentiere er aber bewusst nicht, da dies aus seiner Sicht wenig hilfreich sei.

Dennoch könne er nachvollziehen, dass die Menschen verunsichert seien und dass diese immer stärker einen Adressaten für Krisen wie das Sterben der Innenstädte, die steigenden Lebenskosten oder den Stellenabbau in der Industrie suchen. "In einer Stadt ist dieser Adressat der Oberbürgermeister, und so bin ich es in Schweinfurt."

Um die Diskussionskultur zu fördern, setzen Städte zunehmend auf einfache Formen der Bürgerbeteiligung. So tauschen die Bewohner eines Würzburger Stadtteils mithilfe eines digital-analogen Briefkastens Informationen, Fragen und Antworten zu aktuellen Ereignissen in ihrem Viertel aus.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Katja Beringer
Marcel Dinkel
Amtsgericht Schweinfurt
Bundeskriminalamt
Bürgerbeteiligung
Facebook
Innenstädte
Kommunalwahlen
Leerstände
Martin Heilig
Paul Knoblach
Ralf Hofmann
Sebastian Remelé
Stadt Schweinfurt
Wolfgang Gutgesell
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Bernd Schuhmann
    Die Staatsquote ist zu hoch.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Martin Deeg
    Remelé ist doch gar nicht bei den Grünen - wie bitte soll der da die Stadt Schweinfurt "zugrunde gerichtet" haben....?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Georg Ries
    Ich würde von der MP erwarten, dass beleidigende / hetzerische Kommentare gelöscht werden!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Fred Reinshagen
    Nach vorne schauen. Eine Stadt steht und fällt mit dem OB. Die CSU sollte möglichst einen Kandidaten/tin a la Gudrun Grieser aufstellen. Sie übernahm SW 1992, als es das Armenhaus der Nation war. Und hinterließ eine völlig umgestaltete Stadt, dynamischste Stadt in D, mit 100 Mio. Euro Rücklagen, mit neuem Maintal für 10.000 Arbeitsplätze mit eig. BAB-AS, den der Bund nicht wollte und nicht finanzierte! Trotzdem kam er, weil sie wusste, dass ohne BAB-AS das Maintal nur halbsoviel wert ist. Dazu Haltepunkt SW-Mitte etc., etc., dazu Geniestreiche: 3 Probleme löste sie mit dem MGS: 1. Bauruine TG; 2. Stadtbücherei aus 6. OG Rückert-Centrum; 3. Passende Nutzung Ebracher Hof - während alle das MGS im Ebracher Hof wollten.
    Oder Sachs-Bad. Alle wollten es sanieren (das Geomaris lässt grüßen), sie sagte Nein; sondern Kunsthalle ins Sachs-Bad und Hallenbad als Freizeitbad am Sommerbad - ist viel effektiver.

    Die unpopuläre Wahrheit: OB kann man nicht lernen, man muss dazu geboren sein
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Walter Stöckl-Manger
    Genau, ein innerstädtisches traditionsreiches Hallenbad zu opfern, war nur eine eklatante Fehlentscheidung der Schweinfurter Lokalheiligen. Was für eine gänzlich überflüssige Schande!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Georg Ries
    Frau Grieser allein konnte das nicht entscheiden!! Es brauchte auch einen Stadtrat der mitzieht. Ob damals das "Miteinander" besser funktionierte?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Fred Reinshagen
    @Walter Stöckl-Manger
    @Georg Ries
    Ein Hallenbad (auch Hallenfreibad) kann man nicht sanieren. Das wird zum Millionengrab. Siehe Geomaris, das für die Stadt GEO zum finanziellen Mühlstein wurde.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Georg Ries
    ich habe mich zum Bad nicht geäußert!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Marc Stürmer
    Und weiterer Fakt: die Rücklagen sind nahezu aufgebraucht, knapp 70 Mio. Euro in zwei Jahren futsch.

    Die Stadt hat nur noch das gesetzliche Minimum.

    Was Grieser angespart hatte, wurde unter Remelé munter ausgegeben. Komisch - dabei kann doch die CSU angeblich so gut wirtschaften.

    Wer auch immer Schweinfurts in Zukunft regiert, wird ein schweres Erbe antreten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten