
Die Anzahl der Straftaten gegen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker in Bayern ist im vergangenen Jahr massiv angestiegen – und fast jede fünfte Straftat wurde in Unterfranken angezeigt. Dies teilte das Bayerische Innenministerium auf eine Landtagsanfrage der Grünen mit.
Von bayernweit 267 Fällen vor allem der Erpressung, Nötigung, Beleidigung, Verleumdung oder Bedrohung wurden 52 in Unterfranken registriert – knapp 20 Prozent aller Fälle und damit rund doppelt so viele, wie es dem Bevölkerungsanteil der Region entspräche. Bei Hasskriminalität gegen kommunale Mandatsträgerinnen und Mandatsträger ist der unterfränkische Anteil sogar noch höher: Von bayernweit 14 angezeigten Fällen stammen sieben aus Unterfranken.
Rund fünf Prozent aller bayerischen Fälle allein in Würzburg
Aber auch in Unterfranken selbst gibt es augenfällige regionale Schwerpunkte: 15 der 52 angezeigten Straftaten fanden in Würzburg statt – rund fünf Prozent aller Fälle in Bayern. Weitere Schwerpunkte waren die Landkreise Schweinfurt (13 Fälle) und Bad Kissingen (12 Fälle).
2019 waren in Bayern 158 Straftaten gegen Mandatsträger angezeigt worden – deutlich weniger als die 267 Fälle im Jahr 2021. Dabei hatten bereits vor drei Jahren in einer Umfrage dieser Redaktion rund zwei Drittel der antwortenden unterfränkischen Bürgermeister von wachsenden persönlichen Anfeindungen berichtet. Die bayerische Justiz hatte auch deshalb im Sommer 2020 Amts- und Mandatsträgern ein Online-Meldeverfahren für mögliche Straftaten ermöglicht.
"Schlage einen Grünen breit": Abgeordnete Kerstin Celina kritisiert Urteil des Oberlandesgerichts
Vor dem Hintergrund der wachsenden Aggression und Gewaltbereitschaft könne sie ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg noch weniger verstehen, sagt die unterfränkische Grünen-Landtagsabgeordnete Kerstin Celina. Das Gericht hatte kürzlich ein in Würzburg aufgehängtes großes Transparent mit der Aufschrift "Stoppt die Verschandelung Würzburgs. 'Nimm Dir fünf Minuten Zeit – Schlage einen Grünen breit'" als "eher flapsig formuliert" bewertet und deshalb nicht rechtlich beanstandet.
"In einem derart aufgeheizten Umfeld interpretiere ich 'Schlage einen Grünen breit' klar als eine Aufforderung zu Gewalt", kritisiert Celina. Die Einschätzung des Gerichts, das Plakat "eher als Einladung zu einem netten Gespräch" zu sehen, könne sie nicht nachvollziehen.
Innenstaatsekretär Sandro Kirchner: Angriffe auf Mandatsträger sind Angriffe auf die Demokratie
Auch Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (CSU) warnt in der Antwort auf die Grünen-Landtagsanfrage vor steigender Gewaltbereitschaft gegen Repräsentanten und Institutionen des Staates: "Der teilweise vorherrschende Hass wendet sich dabei letztlich nicht nur gegen einzelne Personen oder Gruppen, sondern vielmehr gegen das freiheitlich-demokratische Gesellschaftssystem", so Kirchner. Angriffe auf Amts- und Mandatsträger seien deshalb "immer auch Angriffe auf die Demokratie".
Wer sind die Täter und welche Rolle spielt das Internet?
Nach der Auswertung der Polizeistatistik werden von den 267 angezeigten Straftaten 119 sogenannten "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" zugeordnet. 50 Fälle standen im direkten Zusammenhang mit den staatlichen Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie.
Die ermittelten 195 Täter waren überwiegend männlich und zwischen 40 und 60 Jahren alt. In 105 Fällen wurde die angezeigte Straftat im Internet begangen. Aber "auch in der analogen Welt ist eine Zunahme solcher Vorfälle festzustellen", sagt Staatssekretär Kirchner.
Inwieweit der Anstieg auf eine gestiegene Bereitschaft der betroffenen Mandatsträger zur Anzeige zurückzuführen ist, "kann nicht hinreichend beurteilt werden", räumt das Innenministerium ein. Überall in Bayern verfolge die Polizei aber das Ziel, "durch eine umfassende und zügige Anzeigen-Bearbeitung Tatverdächtige einer raschen und konsequenten Strafverfolgung zuzuführen".
Keine Erklärung hat das Innenministerium für den hohen Anteil unterfränkischer Fälle. Ein Erklärungsansatz könnte ein Pilot-Projekt des Polizeipräsidiums Unterfranken sein: Die Beamtinnen und Beamten dort durchforsten laut Ministerium regelmäßig offen zugängliche Kanäle in sozialen Medien nach "möglichen Gefahrenquellen" für Kommunalpolitiker. Werden dabei strafbare Attacken entdeckt, werden die betroffenen Politikerinnen und Politiker direkt kontaktiert – und mögliche Reaktionen besprochen.
die leider auch in diesem Forum hier immer wieder zu bemerken ist, hat durch die jahrelang immer wieder gehörten Hass- und Hetzreden der Abwärts für Deutschland überhaupt keine Hemmungen mehr.
Bei denen gehört es doch zum guten Ton Demokraten zu beschimpfen und verleumden. Und dann ist es zur Bedrohung nur noch ein kleiner Schritt, den man sich um so leichter traut, wenn man unter Gleichgesinnten dafür sogar öffentlichen Beifall bekommt.