Jürgen Folk staunt jedes Mal aufs Neue, wenn er nach einigen Wochen wieder draußen auf dem Konversionsgelände ist und nicht im Büro der Stadtverwaltung. Er arbeitet im Stadtentwicklungs- und Hochbauamt, kümmert sich hauptsächlich um die Ledward Kaserne, aber auch den neuen Stadtteil Bellevue, einstmals Askren Manor. "Jedes Mal, wenn man hierher kommt, ist wieder etwas Neues entstanden", sagt Folk und Baureferent Ralf Brettin nickt lächelnd.
Im Moment sieht man das an zwei Stellen in Bellevue besonders gut – im Süden und im Norden. Am Amerika-Platz im Süden muss man ziemlich laut sprechen, denn entweder stört der Lärm vom Hämmern und Bohren oder vorbeifahrende Lastwagen sowie Bagger.
Die Projekte der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SWG laufen wie geschmiert, das erste neue Mehrfamilien-Wohnhaus gleich links am Eingang zu Bellevue wird dieses Jahr bezogen, gegenüber sieht man schon die ersten Mauern für das zweite Haus, das Ende 2022 bezugsfertig ist. Bis 2024 sind alle vier geplanten Gebäude gebaut, dann wird auch der Amerika-Platz und die Parkanlage neu gestaltet.
Alleine die SWG hat dann 121 neue Wohnungen gebaut, davon 78 Sozialwohnungen. Bereits jetzt leben über 200 Menschen in Bellevue, wenn alles fertig ist, sollen es bis zu 3000 Mitbürger sein. "Dieses Projekt ist sozusagen das Ausrufezeichen gleich am Eingang", so Brettin, "ein Ausrufezeichen der SWG in Sachen Baugeschwindigkeit, Architektur und Wohnungsaufteilung."
Ebenfalls schon beachtlich weit sind die Arbeiten bei der BayIOK, dem bayerischen Immobilien Kontor, das mehrere Wohnblocks entlang des Kennedy-Rings entkernt und saniert. Laut den Angaben auf der Unternehmens-Internetseite entstehen derzeit in vier Wohnblocks 30 neue Eigentumswohnungen, zwischen 27 und 126 Quadratmeter groß.
Die zwei bereits sanierten Wohnblocks seien schon "erfolgreich vermarktet worden", heißt es beim BayIOK. Im Marketing-Sprech wirbt das Unternehmen für die Wälzlagerstadt: "Wo sich Wachstum und Lebensqualität treffen, liegt die Mitte Europas: Schweinfurt."
In den sieben Jahren seit Abzug der Amerikaner bereits viel geleistet
Die Konversion in Schweinfurt, man kann sie auch unter die Überschrift stellen: "Wo es jeden Tag anders ausschaut." Baureferent Ralf Brettin ist durchaus stolz auf das, was die Verwaltung bisher erreicht hat. Der Begriff "Turbokonversion", den Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) schon vor Jahren prägte, bringt auf den Punkt, was hier seit 2014, als die letzten amerikanischen Soldaten den Standort verließen, passiert ist. "Aus meiner Sicht ist das seit dem Abzug der Amerikaner bis heute eine bemerkenswert schnelle Entwicklung", so Ralf Brettin.
Bei einem Rundgang durch das Gelände bemerkt man erst, wie viele Projekte derzeit gleichzeitig laufen. Nicht nur die großen Bauträger bauen fleißig, auch die Einfamilienhäuser, die im Westen Richtung Wern vorgesehen sind, entstehen bereits. "Wir haben für jedes Grundstück zumindest schon Interessenten", so Ralf Brettin. Außerdem denkt die Stadt im Moment darüber nach, ein kleines Areal von etwas mehr als einem Hektar, das man nicht für den Neubau der Körner-Schule mit Doppelturnhalle, Kindertagesstätte und Hort braucht, auch für Einfamilienhäuser zu planen. "So langsam belebt sich das Ganze hier und wird etwas Neues", so der Baureferent, der auch darauf verweist, wie grün das Gelände ist, insbesondere wegen des weitgehend erhaltenen alten Baumbestandes.
Neue Parkanlage in Bellevue soll bis 2024 fertig gestaltet sein
Apropos grün: Die Parkanlage, die sich ab dem Amerika-Platz von Ost nach West zieht und von Süden nach Norden, wird in jedem Fall gebaut, wohl aber erst 2024. Die Stadt, informierte Brettin, hat sich derweil von dem ursprünglichen Planer getrennt, "die Zusammenarbeit hat beidseitig nicht den Erwartungen entsprochen." Man habe es neu ausgeschrieben und einen neuen Landschaftsplaner gefunden. An den grundsätzlichen, im Stadtrat genehmigten Gestaltungsideen ändert sich gleichwohl nichts.
Vor allem im Norden von Bellevue, am Eingang von der Niederwerrn aus kommend, ist starke Veränderung zu sehen. Die alte Schule sowie die militärischen Sperranlagen sind schon lange weg, nun ist hier der neue Eingang von der B303 kommend mit einer großen Straße. Das 1,2 Millionen-Projekt ist schon seit dem Winter fertig, im Zeit- wie im Kostenrahmen geblieben, was angesichts der Corona-Krise und der Baukonjunktur auch nicht selbstverständlich ist.
Verhandlungen zwischen Stadt und Investor für Supermarkt-Gebäude
Wenn man von Norden nach Bellevue hineinfährt gleich auf der linken Seite liegt auch das Grundstück, auf dem in den nächsten Jahren eine Mischung aus Büro, Supermarkt und Wohnen entstehen soll. Man sei mit einem Investor in Verhandlungen, so Ralf Brettin. "Wenn es realisiert werden kann, wird es eine sehr hochwertige Anlage", betont Jürgen Folk.
Gegenüber dem Supermarkt entsteht die neue Schule, die zum Schuljahr 2024/25 bezugsfertig sein soll. Die Baugenehmigung soll dieses Jahr erfolgen, die Ausschreibung bis Anfang 2022 abgeschlossen sein, so dass im Sommer nächsten Jahres die ersten Bagger anrücken und man bis September 2024 komplett fertig ist mit neuer Schule, Turnhalle, Kindertagesstätte und Hort. "Das ist auch ein Bekenntnis zu dem Standort und seiner Wohnqualität durch die Stadt", betont der Baureferent.
Im Zeitplan liegen auch die Baustellen der Bauprojekte Schweinfurt GmbH & Co. KG, einer Firma, die zu gleichen Teilen die Bauunternehmen Glöckle und Riedel Bau betreiben. Sie haben in Schweinfurt zusammen auch schon Bauprojekte auf der Maininsel, in der Hadergasse oder das City-Karree am Georg-Wichtermann-Platz realisiert. In Bellevue hat Bauprojekte Schweinfurt mehrere so genannte Punkthäuser unter dem Namen „Living@ Manor“ gebaut, die teilweise schon bezogen sind. Die geplanten weiteren Wohnhäuser entstehen gerade.
Wenn Sie in Bellevue wohnen, wollen Sie dann lieber am Kennedyring entlang spazieren oder radfahren, als am Werngrund?
"Wir sind gewohnt, dass Menschen verhöhnen, was sie nicht verstehen" (Goethe)