zurück
Schweinfurt
Windräder: Auch da steckt Schweinfurt und SKF drin
Windkraft hat sich zum einem Kerngeschäft bei SKF entwickelt. Welche Rolle das futuristische Test-Center dabei spielt.
Ein Windrad (Standort Schwanfeld) mal aus einer anderen Perspektive.  Die Produktion von Lagern für Windräder hat sich zu einem Kerngeschäft von SKF entwickelt. 
Foto: Anand Anders | Ein Windrad (Standort Schwanfeld) mal aus einer anderen Perspektive.  Die Produktion von Lagern für Windräder hat sich zu einem Kerngeschäft von SKF entwickelt. 
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:47 Uhr

Ein Stück Industriegeschichte steht hier, ein Stück Schweinfurt, ein Stück Zukunft. Die Rede ist von Werk 3 von SKF, am 6. Mai 1971 als Fabrik auf der "grünen Wiese" eröffnet. "Der Blick ist freier. Die Luft ist sauberer", hieß es damals vor 50 Jahren bei der Eröffnung. Der Sprung über den Main, in das unter Oberbürgermeister Georg Wichtermann erschlossene Gewerbegebiet Hafen, wurde Mitarbeitern und Stadtgesellschaft in den allerschönsten Worten ausgemalt: "Und vom nahen Wald ein Hauch Frische", schrieb SKF in einer Mitteilung zum Jubiläum. 

Von der Autofabrik zur Windkraft

Werk 3 war anfangs eine "Autofabrik". Gefertigt wurden Rad- und Getriebelager. Heute geht es um Windkraft. Gigantische Rotorlager wie das SKF Nautilus mit einem Durchmesser von vier Metern, am Standort Schweinfurt gefertigt, sichern hunderte Arbeitsplätze. Knapp 900 Beschäftigte arbeiten hier. Etwa genauso viele wie vor 50 Jahren. Seit 2017 hat das Werk einen futuristischen Nachbarn: Das SKF Sven Wingquist Test Center. Was von außen aussieht wie eine  Raumstation ist das leistungsfähigste Großlager-Prüfzentrum der Welt: ein 40-Millionen-Projekt.  

Das Sven Wingquist Test Center: Hier werden Großlager getestet. 
Foto: Josef Lamber | Das Sven Wingquist Test Center: Hier werden Großlager getestet. 

Windkraft Kerngeschäft bei SKF 

Windkraft hat sich zu einem wichtigen Bestandteil von SKF entwickelt, erzählen Martin Johannsmann, SKF-Deutschlandchef, und Martin Göbel, der Leiter des  Testzentrums. "Wind ist ein Kerngeschäft bei SKF", betont Martin Johannsmann. "Wir gehen davon aus, dass es sich weiterentwickelt." Generell spiele das Thema erneuerbare Energien eine große Rolle bei SKF. Unter anderem baut SKF die Turbine für ein schottisches Gezeitenkraftwerk. 

Die Nachfrage nach den Lagern, die für Windkraft produziert werden, war so groß, dass das Werk teilweise an der Kapazitätsgrenze war, sagt Johannsmann. Schweinfurt ist übrigens eines der drei Werke weltweit, in denen Großlager für Windkraft gebaut werden. Die anderen beiden SKF-Standorte  sind in Göteborg in Schweden und in Dalian in China. In China verzeichne man den größten Zuwachs an Windenergie, auch Indien sei ein wichtiger Markt.  

Blick in das Sven Wingquist Test Center: Hier testet SKF  Großlager. Im Bild Martin Göbel, Leiter Test Center, und Martin Johannsmann, Vorsitzender der Geschäftsführung. 
Foto: Susanne Wiedemann | Blick in das Sven Wingquist Test Center: Hier testet SKF Großlager. Im Bild Martin Göbel, Leiter Test Center, und Martin Johannsmann, Vorsitzender der Geschäftsführung. 

Was wird genau im Test Center gemacht? 

"Wir haben einen Teststand gebraucht, um die Grenzen der Großlager zu sehen", sagt Martin Göbel. In der Halle lässt sich ein Jahrhundertsturm simulieren. Auf den beiden Prüfständen des "Sven Wingquist Test Centers" werden die Lager extremsten Belastungen ausgesetzt. "Der größere Prüfstand kann Lager mit einem Außendurchmesser von bis zu sechs Metern aufnehmen. Der etwas kleinere Prüfstand treibt Großlager für den Schiffbau, den Bergbau, die Papierindustrie oder auch den Zement- oder Stahlbereich an ihre Belastungsgrenze", hieß es 2017 in unserem Wirtschafts-Jahresrückblick. Laut Martin Göbel sei das Test Center das einzige weltweit, das nicht nur ein einzelnes Hauptlager für Windturbinen testen kann, sondern eine komplette Lagerungseinheit. Johannsmann formuliert das so: "SKF investiert in technische Marktführerschaft." 

Ein Großlager wird verladen als Schrägtransport.
Foto: Werner Schimmel | Ein Großlager wird verladen als Schrägtransport.

Das Test Center hilft aber auch bei der Grundlagenforschung, so Martin  Göbel. Es gehe nicht um Qualitätstests. "Qualität wird produziert", sagt er. Zum Beispiel im Werk 3, ein paar Schritte entfernt. Bei den Tests gehe es um die Festlegung und Entwicklung der Konstruktionsregeln. Realitätsnah werden kritische Betriebssituationen hervorgerufen. Auch um das Thema Zustandsüberwachung geht es. Alles, was man von extern kontrollieren und steuern kann, macht den Windradbetreibern das Leben leichter und effizienter. Die Tests sind auch ein Teil des Risikomanagements der Betreiber. Ein dreimonatiger Test zu Beispiel kann die Weichen dafür stellen, dass eine Anlage 20 bis 25 Jahre hält. "Lagerwechsel ist teuer, speziell bei off-shore-Anlagen", sagt Johannsmann.

Warum Gewicht ein Faktor bei Windrädern ist

Ein Riesenthema laut Göbel bei Windrädern: Gewicht sparen. Weniger Gewicht heißt logischerweise weniger Materialkosten. Weniger Gewicht heißt aber auch, kleinerer CO2 -Fußabdruck. "Je leichter, desto besser." Im Vergleich zu den ersten Windrädern sei die heutige Generation um gut 30 Prozent leichter. "Mit dem gleichen Gewicht erzielen wir heute drei bis vier Megawatt, wo früher zwei Megawatt möglich waren", betont Martin Göbel. Eine weitere Messlatte gibt es noch: "Was kostet die Herstellung einer Kilowattstunde Strom?" 

Apropos Messlatte: Die Lager, die in der Halle getestet werden, sind riesig. Martin Göbel und Martin Johannsmann wirken winzig, als sie sich dem Prüfstand nähern. Damit die Halle nicht zu eng wird, haben sich die Konstrukteure und Architekten etwas ausgedacht. Durch das Portal passt alles, das unter einer deutschen Autobahnbrücke durchpasst. Auch was futuristisch aussieht und einen Architekturpreis bekommen hat, muss funktionieren können.

Und manchmal muss man eben praktisch denken, auch bei den ganz großen Dingen. Zwölf Tonnen wiegen die Großlager, die im Schweinfurter Werk 3 entstehen. "Diese Hauptlager halten den Rotor", erklären Johannsmann und Göbel. Gut 150 im Jahr verlassen das Werk. Sie stehen schräg auf den Transportern. Das sorgt dafür, dass das keine Sondertransporte sind. Und dafür, dass man die Lager made in  Schweinfurt sofort erkennt, wenn man an einem Schwertransporter auf der Autobahn vorbeifährt.  

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Susanne Wiedemann
Alternative Energien
Bergbau
Eisen- und Stahlbranche
Industriegeschichte
Martin Göbel
Mitarbeiter und Personal
Risikomanagement
Schweinfurt Umwelt
Wind
Windenergie
Wirtschaftsbranche Papier und Verpackung
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top