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Schweinfurt
Wichtiges Wohnbauprojekt oder Klimasünde: Wie geht es am Schweinfurter Gottesberg weiter?
Vor einem Jahr war es der große Sommerskandal: Die Stadt Schweinfurt wollte den gesperrten SC-1900-Sportplatz verkaufen. Was ist der Sachstand?
Auf dem Gelände des früheren Sportplatzes des SC 1900 Schweinfurt am Gottesberg soll nach dem Willen der Stadt in den nächsten Jahren Wohnbebauung entstehen. Eine Bürgerinitiative wehrt sich nach wie vor dagegen.
Foto: Oliver Schikora | Auf dem Gelände des früheren Sportplatzes des SC 1900 Schweinfurt am Gottesberg soll nach dem Willen der Stadt in den nächsten Jahren Wohnbebauung entstehen. Eine Bürgerinitiative wehrt sich nach wie vor dagegen.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 13.02.2024 08:20 Uhr

Als im Sommer 2022 bekannt wurde, dass die Stadtverwaltung in Schweinfurt plant, den seit langem ungenutzten und nicht mehr bespielbaren früheren Fußballplatz des SC 1900 am Gottesberg an einen Investor für mehrstöckige Wohnbebauung zu verkaufen, war der Streit vorprogrammiert.

Die einen, vor allem CSU und Grüne, argumentierten pro Verdichtung und mehr innerstädtischen Wohnraum. Die anderen, insbesondere die Opposition im Stadtrat, der Bund Naturschutz und eine neu gegründete Bürgerinitiative, pro Klimaschutz, pro Kaltluftschneise und den Erhalt des wertvollen Baumbestandes rund um den Platz.

Wie ist der Stand ein Jahr später? Das Gelände ist noch nicht verkauft, erklärte Liegenschaftsreferentin Anna Barbara Keck auf Nachfrage dieser Redaktion. Gleichwohl läuft im Hintergrund die Abstimmung mit dem bisher nicht öffentlich bekannten Investor über die aktuellen Pläne und die Arbeit am vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Bis wirklich die Bagger rollen und die Gebäude gebaut werden, wird es allerdings noch bis zu zwei Jahre dauern.

War es richtig, das Projekt zuerst im Liegenschaftsausschuss vorzustellen?

Der Streit um das geplante Projekt hatte viele Aspekte: War es der richtige Weg der Stadtverwaltung, ein Exposé für die Investorensuche für das Gelände zu erstellen und dieses erst nicht-öffentlich im für Grundstücksverkäufe zuständigen Liegenschaftsausschuss behandeln zu lassen, anstatt das Vorhaben im Bauausschuss vor Erstellen des Exposés abzuwägen?

Aus Sicht von Anna Barbara Keck lautet die Antwort auch heute: "Ja". Die "teilweise pointierten Vorwürfe im Stadtrat" kommentiert die Liegenschaftsreferentin nicht mehr, verweist aber auf eine Stellungnahme der Regierung von Unterfranken. Diese hätte das Vorgehen der Verwaltung "nicht beanstandet", betont Keck.

Die in verschiedenen Bauausschusssitzungen geäußerten Bedenken bezüglich des Baumbestandes und des Erhalts der Kaltluftschneise, habe man als Verwaltung aufgenommen, so Keck. Die über 100 Bäume rund um den Sportplatz zu erhalten, sei ein vertraglich festgehaltenes Ziel. Im Vertrag mit dem Investor sei auch festgehalten, welche Konsequenzen Verstöße haben, erklärt Anna Barbara Keck.

Luftbild des SC-1900-Platzes am Gottesberg. Auf den 9000 Quadratmetern Fläche plant ein Investor Wohnbebauung. Rechts das neue Gebäude der Sparkassenfiliale.
Foto: Anand Anders | Luftbild des SC-1900-Platzes am Gottesberg. Auf den 9000 Quadratmetern Fläche plant ein Investor Wohnbebauung. Rechts das neue Gebäude der Sparkassenfiliale.

In den vergangenen Monaten seien auch Pläne für die Wohnbebauung vorgestellt und mit Stadtplanung sowie der Regierung von Unterfranken abgestimmt worden. Weitere Vorschläge seien vom Architekturbüro in Arbeit, eventuell kann im Spätherbst im Bauausschuss ein Sachstandsbericht gegeben werden. Eines ist aus Sicht der Stadtverwaltung klar: Verkauft wird erst, wenn alle offenen Fragen mit dem Investor geklärt sind. 

Kritische Haltung der Bürgerinitiative bleibt bestehen

Wolfgang Rebstöck und Michael Ramming engagieren sich als besorgte Anrainer gemeinsam mit mehreren weiteren Personen in der Bürgerinitiative Gottesberg, die im September 2022 zum ersten Mal in Aktion trat. Ihre Kritik an dem Bauprojekt bleibt bestehen, auch wenn sich bisher nichts Neues getan hat.

Die Bürgerinitiative ist nicht grundsätzlich gegen die Verdichtung von Wohnraum in der Stadt. Das Projekt, in der in der Nähe gelegenen leer stehenden Brauerei neue Wohnungen zu bauen und einen Teil der Gebäude zu sanieren, halten sie für sehr zielführend. Doch ausgerechnet auf dem als wichtige Kaltluftschneise und Grüngürtel ausgewiesenen Gebiet rund um den alten SC-1900-Platz eine Wohnbebauung zu ermöglichen, sei der falsche Weg. "Den Anfang machte das Sparkassengebäude", hält Wolfgang Rebstöck den Neubau der Filiale an der Deutschhöfer Straße, der bereits kritisch im Bauausschuss diskutiert worden war, für den ersten Fehler am Gottesberg.

Die Bürgerinitiative zählte in dem Areal 121 Bäume, die es aus ihrer Sicht zu erhalten gilt. Wie das aber bei einer so großen Baustelle gehen soll, ohne die Wurzeln durch zu große Verdichtung stark zu schädigen, macht ihnen Sorgen. Außerdem: "Es gibt keine Baumschutzverordnung mehr in der Stadt, welchen Zugriff hat man dann, die Bäume zu schützen?", fragt sich Wolfgang Rebstöck.

Ein weiteres Thema: Der Hochwasserschutz, vor allem beim Thema Starkregenereignisse. Laut Karten des Wasserwirtschaftsamtes liegen Teile des 9000 Quadratmeter großen Sportplatzes in der Nähe des vorbeifließenden Marienbaches im gefährdeten Bereich für extreme Hochwässer, wo keine Bebauung und keine Tiefgaragen zulässig seien.

Ein Thema, das beim bayerischen Datenschutzbeauftragten zur Entscheidung landen könnte, ist eine Korrespondenz mit der Liegenschaftsverwaltung durch Anwohner Michael Ramming, der um Auskunft bat, an wen das Grundstück durch die Stadt nach Abschluss des Bieterverfahrens verkauft wurde. Die Korrespondenz liegt der Redaktion vor, die Verwaltung gibt sich zugeknöpft. Für Michael Ramming nicht nachvollziehbar: "Man umgibt sich mit Transparenz, so lange sie keiner einfordert. Das hat mit moderner Verwaltung nichts zu tun."

 
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  • Klaus Krug
    Vermutlich macht der Investor folgendes: Grundstück kaufen, die Häuser billig hochziehen und die Wohnungen dann möglichst teuer als Eigentumswohnungen verkaufen. Dann ist der Investor wieder weg. Preisgünstiger Wohnraum oder gar Sozialwohnungen: Fehlanzeige.

    Das bringt für die Stadt ein paar schnelle Euro in die Kasse, langfristig aber nur Probleme, insbesondere durch das Entstehen einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Da geht dann später, wenn mal größere Sanierungen anstehen, kaum mehr etwas. Beste Beispiele sind hier die von SKF u. Sachs in Wohneigentum umgewandelten Mehrfamilienhäuser am Bergl und am Steinberg. Während die Schweinfurter Wohnungsunternehmen (SWG, Bauverein, usw.) ihre älteren Bestände Zug um Zug auch energetisch sanieren, finden bei Eigentümergemeinschaften allenfalls "Pinselsanierungen" statt.

    Warum gibt man solche Projekte nicht in die Hände eines kommunalen oder lokal ansässigen Wohnungsunternehmens? Welche Vorteile bietet hier der Investor?
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  • Fred Reinshagen
    Stadtverdichtung an falscher Stelle!

    Besser wäre z.B. das Areal Jugendverkehrsschule Steinstraße, unter Erhalt möglichst vieler Bäume.

    Die JVS fände genügend Platz in dem kleinen Park zwischen Fritz-Drescher-Str./Friedr.-Ebert-Str./Schaeffler. Dieser Park in unattraktiver Lage fristet vmtl. ein Schattendasein und bringt der Stadt nur Unterhaltskosten. Die Bäume könnten erhalten bleiben und in die JVS integriert werden.
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