Fast genau ein Jahr nach dem Bürgerentscheid zur Windkraft werden die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Üchtelhausen nun neuerlich an die Wahlurne gerufen. In einem Bürgerentscheid am Sonntag, 16. Juli, können sie darüber abstimmen, wie es mit den Planungen für das Baugebiet "Zeller Berg" weitergeht. Werden sie gestoppt, so wie es die Bürgerinitiative fordert, oder weiterverfolgt, so wie es der Gemeinderat entschieden hat? Hier die Argumente Pro und Contra.
Was soll am "Zeller Berg" entstehen?
Geplant ist auf der Fläche an der Staatsstraße auf der linken Seite nach der Abfahrt in Richtung Üchtelhausen (von Schweinfurt aus kommend) die Errichtung eines Gewerbe-, Misch- und Sondergebietes. Angesiedelt werden sollen dort unter anderem ein Nahversorger (Norma), ein Wertstoffhof des Landkreis, ein Gebäude für altersgerechtes Wohnen und ein Ärztehaus. Damit möchte die Gemeinde die vor acht Jahren gemeinsam mit der Bürgerschaft erarbeiteten Ziele des Gemeindeentwicklungskonzepts in die Tat umsetzen.
Wozu braucht es den "Zeller Berg"?
"Wir müssen uns wieder auf die eigenen Beine stellen und uns nicht nur auf die Nachbarn verlassen", sagt Bürgermeister Johannes Grebner. Die letzten Jahrzehnte sei es in der Gemeinde nur noch rückwärts gegangen. So gebe es zum Beispiel keine Nahversorgung mehr. Mit dem Projekt "Zeller Berg" möchte man dem entgegensteuern. "Es ist die Chance für die Gemeinde, eine Grundsicherung zu bekommen. Wenn wir das jetzt nicht hinbekommen, dann sieht es für die nächsten Jahrzehnte düster aus", prophezeit Grebner.
Warum kommt es zum Bürgerentscheid?
Im April dieses Jahres formierte sich zum zweiten Mal, nach Februar 2022, ein Bürgerbegehren, mit dem Ziel, die laufenden Planungen des Gemeinderats zum Bauvorhaben "Zeller Berg" zu stoppen. Die Bürgerinitiative (BI) sammelte 384 Unterschriften und damit 67 mehr als die 317 für einen Bürgerentscheid nötigen, gültigen Stimmen. Der Gemeinderat beschloss in seiner Sitzung am 9. Mai die Zulassung des Bürgerbegehrens "Nein zum Baugebiet 'Zeller Berg' am Ortseingang von Üchtelhausen".
Wie weit sind die Planungen?
Sehr weit. Die Einreichung des Bürgerbegehrens verhinderte quasi in letzter Sekunde den Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan im Gemeinderat. Anschließend hätten die Baumaßnahmen beginnen können. Auch der anvisierte Erbpachtvertrag mit dem Nahversorger-Betreiber Norma stand bereits kurz vor der Unterzeichnung. Die Pläne der Gemeinde liegen seit Ende April auf Eis und bleiben mindestens bis zum Ende des Bürgerentscheids nun in der Schublade liegen.
Warum wurde nicht früher in den Planungen ein Bürgerentscheid angestrebt?
Nicht wenige Gemeinderäte kritisierten die BI für ihr spätes Aktivwerden. Der erste Aufstellungsbeschluss liegt mittlerweile drei Jahre zurück, die erste frühzeitige Bürgerbeteiligung knapp zwei Jahre. In einem laufenden Bauleitverfahren sei es sehr schwierig, "den richtigen Zeitpunkt" abzupassen, erklärt die BI dazu. Die Aktivisten kritisieren zudem die aus ihrer Sicht nicht transparente Informationspolitik und den Politikstil der Gemeinde. "Die Bürgerinitiative hat sich im gesamten Verfahren nie in den Planungsprozess eingebracht", kontert die Gegen-Bürgerinitiative, die sich während des Bürgerentscheids zusätzlich formiert hat.
"Zeller Berg" als Einnahmequelle oder finanzielles Risiko?
Die Großgemeinde geht finanziell auf dem Zahnfleisch. Der Schuldenstand, der sich am Ende des Jahres auf knapp fünf Millionen Euro belaufen wird, verdoppelt sich bis Ende 2026 – so die Prognose – auf rund 10,6 Millionen Euro. Für die Erschließung des Gebiets am "Zeller Berg" sind gut 2,8 Millionen Euro veranschlagt. Die BI befürchtet "massive Kostensteigerungen" und, dass die Umlegung mit zu den erwartenden Einnahmen aus Pacht, Gewerbe- und Grundsteuer und Kanalgebühren "bei weitem nicht reichen, um die Tilgungs- und Zinskosten abzudecken". Die Gegen-BI dagegen ist überzeugt, dass eine Refinanzierung über die Laufzeit der Grundstücksverträge durch Erbbauzins (Norma), Kostenerstattung (Wertstoffhof), zu entrichtenden Gebühren und zusätzlich durch die Einnahmen durch Gewerbesteuer möglich ist.
Geht das Projekt "Zeller Berg" zu Lasten der Umwelt?
Bis zu 2,5 Hektar Ackerfläche sollen versiegelt werden. Die BI kritisiert das scharf. "Es drohen sowohl die Zerstörung der Grünflächen als auch des Landschaftsbilds in der Schweinfurter Vor-Rhön", sagt die Schweinfurter Stadträtin Ulrike Schneider von der Initiative Zukunft./ödp, die genauso wie die Kreisgruppe Schweinfurt des Bund Naturschutz der Bürgerinitiative unterstützend zur Seite steht. Das sieht Üchtelhausens Gemeinderat Aron Hatwieger, der die Gegen-BI vertritt, anders. Er sagt, die Gemeinde gehe sehr sparsam mit Flächen um. Selbst nach der Bebauung des "Zeller Bergs" wäre Üchtelhausen anteilsmäßig im gesamten Landkreis immer noch die Gemeinde mit der wenigsten Industrie- und Gewerbefläche. Der Eingriff in das Landschaftsbild soll durch die Umrandung mit Grünstreifen, Landschaftshecken, Baumreihen und vorhandenem Gehölz möglichst gering gehalten werden. Für die Gebäude werde zudem eine Photovoltaik-Pflicht bestehen. Für die Versiegelung müsse die Gemeinde außerdem für Ausgleichsflächen sorgen.
Wird der Öffentliche Personennahverkehr in der Gemeinde vom "Zeller Berg" profitieren?
Ja, denn dort ist ein Haltepunkt der Premium-Buslinie 210 und der Hauptlinie 213 des neuen Mobilitätskonzepts des Landkreis Schweinfurt geplant. Die BI hält allerdings nichts von "einem zentralen Knotenpunkt am Rande der Gemeinde".
Welche Einrichtungen sind bereits sicher dabei, welche nicht?
Der Vertrag mit Norma liegt unterschriftsreif vor. Ein Vertreter des Unternehmens gab im Rahmen einer Gemeinderatssitzung Ende April, trotz des bevorstehenden Bürgerentscheids, das Bekenntnis zum Standort Üchtelhausen ab. "Wir würden gerne langfristig und nachhaltig die Nahversorgung hier übernehmen", so das Versprechen. Sicher wäre auch der Wertstoffhof des Landkreises, der sich einmieten würde. In Sachen Ärztehaus und altersgerechtes Wohnen soll es noch Gespräche mit verschiedenen Investoren geben. Angedacht – besser gesagt gewünscht – sind beispielsweise eine Apotheke, ein Geldautomat, eine Bäckerei sowie "ausgewählte Gewerbebetriebe".
Welche Planungsänderungen gab es im Lauf der Zeit?
Lange war ein Kreisverkehr für eine Anbindung an die Staatsstraße und nach Zell als Fixpunkt eingeplant. Im Mai 2021 gab Bürgermeister Grebner dann bekannt, dass daraus nichts wird. Die Gespräche mit den Grundstückseigentümern hätten zu keinem positiven Ergebnis geführt. Auch der ursprünglich geplante Geschosswohnungsbau sowie die beabsichtigten Tiny-Häuser als seniorengerechtes Wohnen werden nicht zustande kommen. Ende Oktober 2022 wurde außerdem bekannt, dass der Projektierer Allobjekt aufgrund der steigenden Zinsen und Baukosten sowie der Inflation vom Vertrag zurückgetreten ist. Seither ist die Gemeinde direkter Verhandlungspartner.
Spaltet der Bürgerentscheid die Gemeinde?
"Wir empfinden es nicht mehr so", berichtet Marco Karch von der BI. "Die Leute gehen ganz normal auf uns zu." Er und seine Mitstreiter hoffen, dass die Planungen für den "Zeller Berg" weiter in der Schublade bleiben und man sich in den nächsten Jahren "vornehmlich um Innenentwicklung kümmert". Von sehr viel Zuspruch für das Projekt "Zeller Berg" aus der Bevölkerung berichtet hingegen Gemeinderat Hatwieger von der Gegen-BI. "Wir haben jetzt die Chance, auch mal ortsteilübergreifend zu denken."
Wann wird gewählt und was bedeutet welches Kreuz?
Die Wahlunterlagen wurden bereits an die über 3000 Wahlberechtigten verschickt, über 1000 Unterlagen gingen schon wieder im Rathaus ein. Die Wahl endet am 16. Juli um 18 Uhr. Per Post sollen die Wahlunterlagen noch spätestens bis Donnerstag, 13. Juli, verschickt werden. Anschließend können die Wahlunterlagen bis Wahlende auch im Rathaus abgegeben werden. Wer das Feld "Ja" ankreuzt, stimmt dafür, dass die Planung für das Baugebiet "Zeller Berg" eingestellt wird. Wer sein Kreuz bei "Nein" macht, stimmt dafür, dass die Gemeinde die Planungen umsetzt.
Die NORMA auf dem Acker und ein Wertstoffhof am einzigen Ortseingang sowie direkt neben dem geplanten "Seniorenwohnen" erscheint ein denkbar schlechtes Ergebnis der jahrelangen und intensiven Planungen. Der Gaul "Zeller Berg" wird geritten, bis er tot ist. Gegensätzliche Nutzungen werden an einem Ort am Rande der Großgemeinde konzentriert, nur weil die Flächen bereits gekauft wurden. Standort und Bedarf sind nicht ausreichend analysiert. Auf Kosten der Natur, unserer zukünftigen Generationen, des Landschaftsbildes der "Schweinfurter Rhön" und mittels steigender Verschuldung der Gemeinde, will man gemäß "koste es was es wolle" durchsetzen, was man sich vor Jahren auf die Fahnen geschrieben hat ... stur und ohne nachhaltige Weitsicht!
Diese Aussagen sind absolut unwahr und machen mich sprachlos.
Alle Gemeinderatsprotokolle sind im Gemeindeblatt veröffentlicht. Alle Bekanntmachungen außerdem auf der Homepage und an den öffentlichen Aushängen. Weitere Informationen wie der Jahresrückblick 2022 zusätzlich in Social Media. Und nicht zu vergessen, die umfassenden Informationen bei den Bürgerversammlungen 2023 und auch schon 2022. Es war zu jedem Zeitpunkt transparent, dass die Planungen vorangetrieben werden. Und es gab 2021 und 2022 offizielle, öffentlich bekannt gemacht Beteiligungsrunden. Noch dazu haben interessierte Bürgerinnen und Bürger in persönlichen Gesprächen immer Auskunft erhalten.
Darauf warten wir seit Wochen, dass "AHZell" mal sprachlos ist -
aber wie man sieht, weiter nur viele aber leere Worte ...
Kosten für Gewerbegebiet = rentierlich, d. h. dem stehen Einnahmen gegenüber durch Erbbauzins, Kostenerstattung, zu entrichtende Gebühren, die die Kosten ausgleichen.